Den Opfern der Nationalsozialisten ihrer Identität zurückgeben – das ist eine der Kernaufgaben der Stolpersteine. Zu diesen kleinen Denkmalen, die der Künstler Gunter Demnig jeweils auf dem Gehsteig vor der letzten freiwilligen Wohnung der Betreffenden setzt, erstellt die Kissinger Initiativgruppe Biografien der Opfer.
Nannette Bamberger kam am 30. Januar 1870 in Kissingen zur Welt. Sie war die Tochter des Kissinger Rabbiners Moses Löb Bamberger und seiner Ehefrau Esther. Sie heiratete ihren Cousin, den Rabbiner Seckel Bamberger, der nach Aussage seiner Gemeindemitglieder „einer der orthodoxesten und gelehrtesten Rabbiner seiner Epoche“ war. Dieser wurde 1902 Amtsnachfolger seines Schwiegervaters in Kissingen und hatte als neuer Distriktrabbiner 28 jüdische Gemeinden zu betreuen. Das Ehepaar Bamberger hatte sieben Kinder, wovon zwei Söhne die Familientradition als Rabbiner in Stuttgart und Mainz fortsetzten. Mit ihrer Tochter Kehla betrieb Nannette Bamberger die Villa Adelaide in der Promenadestrasse 5c (heute 17). Das großzügige Haus hatte die Familie im Jahr 1908 selbst erbaut.
Weitere Details aus ihrem Leben sind unbekannt. Wie ihre Tochter Kehla musste Nannette Bamberger 1940 in die Hemmerichstraße 12 umziehen. Damals wurden die meisten jüdischen Bürger in sogenannten Judenhäusern gesammelt.
Am 24. April 1942 wurde Nannette Bamberger mit den meisten anderen in Kissingen verbliebenen Juden nach Polen deportiert. Ihre Spur verliert sich im Ghetto Krasnystaw oder Izbica bei Lublin. Es gibt in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in einem einzelnen Datensatz auch den Hinweis auf das nahe gelegene Arbeitslager Augustówka. Dort musste allerdings schwere körperliche Arbeit verrichtet werden. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die 72 Jahre alte Dame dorthin kam. Möglicherweise liegt hier eine Verwechslung mit ihrer 50-jährigen Tochter Kehla vor.
Danke, ich kann mich vor solcher Arbeit nicht mehr retten ...