
Michael Mence hat viel gesehen von der Welt. In England geboren, wuchs er in Neuseeland auf. Später zog es ihn ins Geburtsland seiner Mutter. Er fand zunächst in Schwärzelbach und zuletzt in Hammelburg seine Heimat. Am 2. Februar ist Mence kurz vor seinem 84. Geburtstag gestorben. Vor allem die Forschung über das Judentum im Landkreis Bad Kissingen und die Grünen verdanken ihm viel.
Mence wurde am 20. Februar 1941 im westenglischen Birmingham geboren. Seine Mutter Sigrid stammte aus Deutschland; 1936 hatte sie den Engländer Michael Horace Mence in Stuttgart kennengelernt. Nach der Heirat zog das Paar nach England.
Unter Beobachtung wegen Herkunft der Mutter
Die Familie hatte es wegen der deutschen Herkunft seiner Mutter mitten im Zweiten Weltkrieg nicht leicht. Das blieb so auch nach Ende des Weltenbrandes. Man habe in England weiter unter Beobachtung gestanden, berichtete Mence einmal dieser Redaktion. Denn deutsche Bomben hatten auch die Industriestadt Birmingham getroffen, die Arbeitslosigkeit war groß; Lebensmittel wurden rationiert.
1948 emigrierte das Ehepaar Mence mit Michael und seiner Schwester Sybil nach Neuseeland. „Dort konnten wir in Freiheit leben.“ Das war vor allem für seinen Vater, einen Freidenker und Humanisten, sehr wichtig. In Neuseeland hätten damals neben Engländern Maori, Chinesen und Inder in Freiheit miteinander gelebt und das Wahlrecht gehabt. Dieses Verständnis von Demokratie , Toleranz und Achtung gegenüber anderen und Gleichberechtigung den Heranwachsenden sehr.
Mutige Großmutter prägte ihn
Erst im Alter von 18 Jahren lernte Mence seine Großmutter Anna Haag aus Stuttgart persönlich kennen, als er 1959 eine einjährige Reise nach Europa antrat. Auch sie prägte ihn, denn sie war vor der Nazizeit Politikerin, engagierte sich für die 1933 verbotene „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“.

„Ich habe sie für ihren Mut und ihren Einsatz für andere bewundert“, sagt Mence dieser Redaktion vor zwei Jahren. „Was meine Großmutter zu erzählen hatte, was meine Eltern von der Zeit des Krieges berichteten und was ich selbst erlebte, hat mich geformt.“ Daraus seien unter anderem sein Interesse für Politik und die Belange der Natur, aber auch das Engagement von ihm und seiner späteren Frau Cornelia erwachsen, die Erinnerung an die jüdischen Bewohner des Landkreises Bad Kissingen wach und in Ehren zu halten.
Gemeinsame grüne Ideen
Kennengelernt hatte Michael Mence Cornelia Binder Anfang der 1980er-Jahre. Sie beschreibt ihn als "sehr sensibel, großzügig, mit Humor und an Menschen sehr interessiert." Mence brachte einen Sohn und eine Tochter mit; letztere starb aber schon mit 23 Jahren.
Sowohl Michael Mence als auch Cornelia Binder teilten grüne Ideen und zählten 1981 zu den Gründungsmitgliedern der Partei „Die Grünen/Alternatives Bürgerforum“ im Landkreis. Gemeinsam versuchten sie, ihre Vorstellungen unter anderem von Basisdemokratie und gegen die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen unters Volk zu bringen, meistens über Infostände. Man habe aber auch Flyer in abgelegenen Orten wie Heiligkreuz oder Heckmühle verteilt, erinnert sich Cornelia Mence. Privat zusammengekommen seien sie erst 1984.
Von 1990 bis 1996 saß das Paar im Bad Kissinger Kreistag. Dann schieden beide gemäß dem damaligen grünen Dogma, nach einer Wahlperiode aus einem Gremium rauszugehen und Platz für andere zu machen, aus. 1990 kandidierte Michael Mence zudem für das Amt des Landrats, scheiterte aber.
Jüdische Bevölkerung in den Blick genommen
Abseits der politischen Arbeit erforschte das Ehepaar Mence das Leben der jüdischen Mitbürger im heutigen Landkreis Bad Kissingen bis zu ihrer Vertreibung und Vernichtung durch die Nationalsozialisten. "Es gab keine Infos über die jüdische Bevölkerung und wo sie abgeblieben ist", sagt Cornelia Mence. Man fand Gesprächspartner vor Ort, aber auch in Übersee.
Hinter den Recherchen stand neben dem dokumentarischen ein anderer wichtiger Gedanke: "Wie wurde die Demokratie damals in Deutschland ausgehebelt und wie muss sie heute aussehen, damit so etwas nicht mehr passieren kann."
Ausstellungen und Bücher
1988 gestalteten die Mences ihre erste Ausstellung: "Last traces". Vier Jahre später entsprang daraus ihr erstes gemeinsames Buch mit dem gleichen Titel. 2008 folgte das Buch "Nachbarn der Vergangenheit - Spuren von Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen mit dem Brennpunkt 1800 bis 1945". Beides sind heute wertvolle Quellen, wenn es um das Judentum in der Region geht.
Zwei weitere Ausstellungen gestalteten Michael und Cornelia Mence - eine über eine Hammelburgerin und eine über eine Westheimerin jüdischen Glaubens. Als Leiter des Arbeitskreises "Letzte Spuren bewahren" initiierte der jetzt Verstorbene Gedenkorte für Juden in Hammelburg, Untererthal und Westheim mit.
Naturliebhaber und Besinnungswald-Gründer
Neben den starken gemeinsamen hatte Michael Mence auch individuelle Interessen: Er war kulturell und geschichtlich interessiert, liebte die Natur, wanderte viel, fuhr gerne Rad. Er hat großen Anteil daran, dass im Landkreis vor allem auf vorhandenen Verbindungen ein Fahrradwegenetz entstanden ist. Auch begründete er 1999 den Besinnungswald an der Platzer Kuppe in der Rhön.
Lange Jahre war Mence als Unternehmensberater in der Welt herumgereist, unter anderem in die USA und Japan. 23 Jahre lebte er mit seiner Frau in Schwärzelbach und zuletzt 18 Jahre in Hammelburg. Es waren Rückzugs- und Ruheorte von den Flughäfen und Menschenansammlungen dieser Welt.
Sorgen wegen Rechtsruck in Gesellschaften
„Vor allem die Älteren wissen, dass die Freiheit nicht selbstverständlich ist“, sagte Michael Mence dieser Redaktion vor zwei Jahren. Zuletzt habe ihn besorgt, dass es so viele Diktaturen auf der Welt gebe und viele Gesellschaften sich nach rechts bewegen würden, so seine Ehefrau.
Die feierliche Urnenbeisetzung von Michael Mence wird am 15. Februar, 14 Uhr auf dem Waldfriedhof in Fuchsstadt stattfinden.