zurück
Geroda
Nachhaltig und regional: Wie aus Rhöner Schafwolle Düngepellets werden
Wolle ist nicht mehr gefragt. Neue Ideen müssen her. Zum Beispiel: Düngepellets aus Rhöner Schafwolle. Nachhaltig, regional erzeugt und mit Langzeitwirkung.
Ein kleines Rhönschaf blickt neugierig in die Kamera. Aus der Wolle der Tiere stellt ein Gemeinschaftsprojekt jetzt Düngepellets für Gärten und Topfpflanzen her. Foto: Rebecca Vogt       -  Ein kleines Rhönschaf blickt neugierig in die Kamera. Aus der Wolle der Tiere stellt ein Gemeinschaftsprojekt jetzt Düngepellets für Gärten und Topfpflanzen her. Foto: Rebecca Vogt
| Ein kleines Rhönschaf blickt neugierig in die Kamera. Aus der Wolle der Tiere stellt ein Gemeinschaftsprojekt jetzt Düngepellets für Gärten und Topfpflanzen her. Foto: Rebecca Vogt
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 17.08.2022 10:15 Uhr

Eines der kleinen Schäfchen ist besonders vorwitzig. Neugierig steckt es seinen schwarzen Kopf durch die Absperrung. "Mäh, wer bist du denn?", scheint es zu fragen. Seine Kollegen sind etwas zurückhaltender. Aus sicherer Entfernung beobachten sie den unerwarteten Besuch im Stall. "Man muss den Tieren etwas Zeit geben", sagt Heidi Schneider. Und tatsächlich, nach und nach kommen auch die anderen Schafe nach vorne ans Gatter.

Rund 100 Tiere umfasst die Schafherde von Heidi Schneider und ihrem Mann in Geroda . "Ursprünglich hatten wir eigentlich Kühe", erinnert sich Schneider. Die Mutterkuhhaltung habe man dann aufgegeben, unter anderem weil man dachte, mit Schafen sei es einfacher. Schneider lacht heute darüber herzlich. Dann erzählt sie weiter: "Wir haben mit zwei Schafen angefangen."

Rhönschafe als regionale Rasse

Das war Anfang der 1990er, vor rund 30 Jahren. Schnell wurden aus den zwei Tieren mehr. Heute ist eine stattliche Herde an Rhönschafen im Stall zu begutachten. Neben den Mutterschafen stehen auch einige junge Schafe und kleine Lämmer im Stall, die erst vor Kurzem auf die Welt gekommen sind. Für die Rasse indes entschieden sich die Schneiders bewusst. "Wir wollten Rhönschafe, weil wir hier in der Region sind."

Einmal im Jahr werden bei Schneiders die Schafe geschoren. Doch die Wolle der Tiere ist ein Rohstoff , der auf dem Markt nicht mehr gefragt ist, wie Heidi Schneider berichtet. "Mit der Wolle ist es wirklich total schlecht im Moment", sagt sie und fügt an: "Die Wollfaser ist quasi vom Markt verschwunden." Chemiefasern bestimmten stattdessen das Textilgeschäft.

Wolle entgiftet den Körper

"Die Wolle ist ein Tausendsassa", sagt Schneider. "Wenn zum Beispiel das Ohr schmerzt und man steckt sich Wolle ins Ohr, dann hilft das. Die Wolle entgiftet den Körper." Schneider verweist auf das Wollinstitut in Aachen, das die entgiftende Wirkung der Wolle bestätigt und erforscht habe. Mit der "Wollke Sieben" haben Schneider und ihre Geschäftspartnerin Hannelore Rundell die Wolle in Form von Wickeln als Anwendung im Wellnessbereich etabliert.

Nun folgt ein weiteres Produkt, das seit Anfang der Woche im Verkauf ist: Die sogenannten "RhönWollets", Düngepellets aus Rhöner Schafwolle. Es handelt sich dabei um das Ergebnis eines Gemeinschaftsprojekts, hinter dem vier Akteure stecken: der Verein Dachmarke Rhön, der Verein Natur und Lebensraum Rhön, die Rhön GmbH und die Hessische Verwaltung Unesco-Biosphärenreservat Rhön. Ziel des Projekts ist es, "das Schaf als Ganzes zu vermarkten und die Wertschätzung für das Produkt Wolle zu erhöhen", wie es in einer Pressemitteilung zum Verkaufsstart heißt.

Schäfereien aus der Rhön

Die Verarbeitung zu Dünger schaffe für die Wolle, die sonst immer häufiger zum Abfallprodukt werde, eine neue Möglichkeit, diese zu verwenden. An einer ersten Sammlung im Dezember 2020 beteiligten sich laut Mitteilung neun Schäferei-Betriebe aus der Bayerischen und der Hessischen Rhön. Rund zwei Tonnen Wolle hätten ihre Kollegen und sie gesammelt, berichtet Heidi Schneider.

Lesen Sie auch: Direktvermarkter in und um Bad Brückenau: Kurze Transportwege, artgerechte Haltung

Die Wolle der Schafe wurde dann an die Firma "Nature Power Pellets" mit Sitz in Schwaben geliefert und dort gereinigt und gepresst. Beim Verarbeiten der Wolle zu Pellets gebe es kaum Verlust, berichtet Schneider. Nur etwa rund zehn Prozent.

Für den Garten und für Topfpflanzen

Das Ergebnis ist ein organischer Dünger, wie Schneider erklärt. Die fertigen Düngepellets haben in etwa die Größe handelsüblicher Tierfutter-Pellets. Sie ließen sich somit nicht nur im Garten als Dünger einsetzen, sondern zum Beispiel auch bei Topfpflanzen auf dem Balkon oder in der Wohnung. Bei Letzterem dürfe man sich aber am Geruch nicht stören, sagt Schneider. Denn die Pellets röchen eben noch leicht nach Schaf . Einen gehäuften Esslöffel, etwa 20 Gramm, empfiehlt Schneider zum Düngen einer Balkonpflanze.

Die Schafwoll-Pellets eignen sich laut Pressemitteilung als Dünger für Blütensträucher , Gemüse und Kohlarten sowie auch für Beeren. Ein weiterer Vorteil: "Die Wolle liefert nicht nur wertvolle Nährstoffe, sondern dient zusätzlich als Wasserspeicher." Man müsse zunächst natürlich ausreichend gießen, erklärt Schneider, aber dann speichere die Wolle das Wasser. "Das ist super, denn wenn es heiß ist, muss man dann nicht mehr so viel gießen." Die Wolle speichere an Wasser etwa das Dreieinhalbfache des Eigengewichts.

Schafwoll-Pellets als Langzeitdünger

Laut Pressemitteilung ist die gedüngte Pflanze zudem nicht nur in Trockenphasen gut versorgt. Auch die Bindekapazität im Boden werde durch die Düngepellets "mehr als verdoppelt" und Nährstoffe bei Regen somit "nicht so schnell ausgespült", heißt es. Bei den Schafwoll-Pellets handele es sich darüber hinaus um einen Langzeitdünger, bei dem eine Anwendung genüge. Wie Heidi Schneider berichtet, braucht der Dünger etwa drei bis vier Wochen, bis er sich verbreitet und die volle Wirkung entfaltet.

Schneider ist, wie sie berichtet, schon gespannt auf die Resonanz. Die ersten Bestellungen für die Düngepellets seien bereits bei ihr eingegangen. Verkauft werden diese in Packungen mit einem oder 2,5 Kilogramm zu einem Preis von 11 beziehungsweise 23,50 Euro. Alle Schäfereien mit Kontaktdaten sowie die weiteren Verkaufsstellen sind im Internet über den "Marktplatz Rhön" der Dachmarke Rhön ( www.dmr.marktplatzrhoen.de/projekte/7-duenger-aus-rhoener-schafwolle ) einsehbar.

Heidi Schneider ist optimistisch, dass das Projekt nicht nur in dieser, sondern auch in der kommenden Saison in eine weitere Runde geht und wieder Wolle für neue Düngepellets gesammelt wird. Nicht zuletzt würden die Menschen aufgrund der Corona-Pandemie wieder mehr im Garten machen, sagt Schneider. "Das Garteln ist wieder modern geworden."

2 Tonnen Wolle lieferten Schäfereien aus der Bayerischen und der Hessischen Rhön für die Düngepellets, die seit Wochenbeginn als "RhönWollets" verkauft werden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Geroda
Blüten- und Decksträucher
Chemiefasern
Gärten
Naturstoffe und Naturmaterialien als Wirtschaftsgüter
Pflanzen und Pflanzenwelt
Rassen
Schafe
Tiere und Tierwelt
Verkaufsstart
Verkaufsstellen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top