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Bad Kissingen
Nach 113 Jahren ist Schluss
Endgültiges Aus für die Bad Kissinger Metzger-Innung: Obermeister Robert Schmitt blickte auf die lange Innungsgeschichte der Metzger im Landkreis zurück.
Vorstandsmitglied Markus Alles (34) bedankt sich bei Innungsmeister Robert Schmitt (75) für fast 20-jährige Tätigkeit als Obermeister des Landkreises Bad Kissingen. Sigismund von Dobschütz       -  Vorstandsmitglied Markus Alles (34) bedankt sich bei Innungsmeister Robert Schmitt (75) für fast 20-jährige Tätigkeit als Obermeister des Landkreises Bad Kissingen. Sigismund von Dobschütz
| Vorstandsmitglied Markus Alles (34) bedankt sich bei Innungsmeister Robert Schmitt (75) für fast 20-jährige Tätigkeit als Obermeister des Landkreises Bad Kissingen. Sigismund von Dobschütz
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 17.08.2022 22:40 Uhr

Nur noch ein Dutzend Metzgermeister aus dem Landkreis versammelten sich am Donnerstag in Ramsthal zu ihrer letzten Innungsversammlung. Im 113. Jahr ihres Bestehens schließt die im Sommer 1907 gegründete Metzger-Innung Bad Kissingen zum Jahresende ihre Bücher. Das operative Geschäft wird ohnehin bereits seit Juli von der neuen überregionalen Metzger-Innung Main-Rhön übernommen, in der sich aktuell 77 Metzgermeister aus den fünf Landkreisen Schweinfurt, Haßberge, Kitzingen, Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen zusammenschlossen.

Wehmut und Trauer

Wehmut und Trauer war im Saal spürbar, als der seit dem Jahr 2000 als Obermeister aller Landkreis-Metzger amtierende Innungsmeister Robert Schmitt (75, Bad Kissingen ) seinen Rückblick auf über 100 Jahre Innungsgeschichte begann, mit Anekdoten aus eigenem Erleben anreicherte und vielleicht Vergessenes augenzwinkernd in Erinnerung rief: " Karl-Heinz Brunner war Weltmeister der Schlachter."

So berichtete Schmitt auch über die Einführung der überbetrieblichen Ausbildungstage im Metzgerhandwerk zunächst im Schlachthof, Jahre später in der Küche der Berufsschule, oder über immer anspruchsvoller werdende Anforderungen bei der Gesellenprüfung. Dankbar erinnerte sich Schmitt an den früheren Oberbürgermeister Christian Zoll: "Er hat sich immer für den Schlachthof eingesetzt."

"Das war unsere Blütezeit"

In den 1970er Jahren hatte die Metzger-Innung nach der Gebietsreform durch Zusammenlegung der drei Altlandkreise noch 75 Mitglieder . "Das war unsere Blütezeit." Um die Jahrhundertwende war die Zahl bereits auf 50 gesunken, zuletzt waren es gerade noch 20 Mitglieder . In anderen Landkreis-Innungen verlief der Mitgliederschwund ähnlich. So war die Auflösung derart kleiner Einheiten zugunsten größerer, überregionaler Innungen ein logischer Schritt.

Robert Schmitt bat seine Kollegen sich auch in der neuen Innung Main-Rhön engagiert einzubringen und forderte vor allem die jüngere Generation zu aktiver Mitwirkung auf. Er selbst werde nun in den Hintergrund abtreten. "Aber vielleicht sieht man sich ja noch mal."

Der Leiter des Bad Kissinger Veterinäramtes, Dr. Thomas Koy, der seit Jahren ständiger Gast und Vortragender bei den Innungsversammlungen war, dankte dem scheidenden Innungsmeister für die gute Zusammenarbeit und würdigte als "Freund von Geschichte und Tradition" die Langlebigkeit vieler Metzgerbetriebe im Landkreis über mehrere Generationen. Als Veterinär sei er mit dem hohen Niveau der Handwerksbetriebe bei Produktionsqualität und Hygiene immer zufrieden gewesen. "Wir verstehen uns als Partner und nicht als autoritäre Kontrollbehörde."

Als Obermeister der neuen Innung Main-Rhön stellte sich Metzgermeister Alfred Kaiser (52) aus Aidhausen den Kissingern vor. Er sei fast so lange wie Robert Schmitt in Bad Kissingen der Obermeister seiner Innung Haßberge gewesen. Als jüngster der fünf bisherigen Innungsmeister "fiel bei der Neugründung die Wahl nun auf mich". Kaiser äußerte sich zufrieden über den reibungslosen Verlauf des Zusammenschlusses und forderte ebenfalls die Kollegen zur weiteren Mitarbeit auf: "Wir brauchen die Innungen."

Mit ihrem Zusammenschluss hätten die fünf Landkreis-Innungen "ein Stück Geschichte geschrieben", beglückwünschte Lars Bubnick, Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes, die Kissinger zu ihrer Entscheidung. "Wir müssen größere Einheiten bilden, ob wir wollen oder nicht." Trotz sinkender Zahlen wird es kein Aussterben handwerklich arbeitender Metzgereien geben, versicherte der Geschäftsführer: "Die Metzger werden ihre Nischen finden, denn die Kunden erkennen wieder Qualität an." Bubnick dankte Schmitt für sein beispielhaftes Engagement: "Egal auf welche Versammlung man kam, der Robert war schon da."

Schmitts bisheriger Stellvertreter Markus Alles (34, Frauenroth), der auch in der neuen Innung Main-Rhön dem Vorstand angehört, bedankte sich beim bisherigen Obermeister mit einem großen Präsentkorb und versicherte, sich weiter um den engen Zusammenhalt der Kissinger Kollegen zu bemühen. Konkret versprach er, in jedem Fall den Festwagen beim Rakoczy-Umzug organisieren zu wollen.

Daten und Zahlen

Metzgerinnung

1907, Februar:

Antrag beim Bezirksamt zur Gründung einer Bad Kissinger Fleischer-Innung; Genehmigung im Juni; erste Erwähnung der Innung im Oktober; erster Innungsmeister war Karl Faber

1921, September: Genehmigung einer Zwangsinnung; die Mitgliedsbeiträge konnten seitdem über die Stadt eingetrieben werden

1925: Eröffnung des städtischen Schlachthofes (Schließung 2002)

1933: Gründung einer Pflichtinnung (Gleichschaltung) mit politischer Kontrolle durch die Nationalsozialisten

1945: Auflösung der Pflichtinnung

1948: Wiedergründung als Metzger-Innung Bad Kissingen

1966: Ausrichtung des Bayerischen Fleischerverbandstages in Bad Kissingen

1970 und 1983: Ausrichtung des Deutschen Fleischerverbandstages

1970er Jahre: Blütezeit der Bad Kissinger Metzger-Innung mit 75 Mitgliedern; seitdem sank die Mitgliederzahl

31. Dezember 2019: Auflösung der Metzger-Innung Bad Kissingen (20 Mitglieder ); letzter Innungsmeister war Robert Schmitt; Weiterführung der Aufgaben in der zum 1. Juli 2019 gegründeten überregionalen Metzger-Innung Main Rhön mit 77 Mitgliedern aus fünf Landkreisen

 
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