Super-tolle Bands und weniger Gäste als erhofft! Was wie ein ernüchterndes Fazit über die Resonanz – und damit über die Bereitschaft Kissingens und Umgebung – beim 2. Kissinger Musik-Marathon klingt, sollte lieber Ansporn sein. Denn das Konzept ist gut, auch wenn man hinter „POWER & emotion“ eigentlich etwas Anderes versteht.
„Die Bands spielen gleichzeitig in verschiedenen Räumen und das Publikum wandert hin und her“, beschreibt Klaus Steigmeier das Konzept. Dazu braucht's natürlich mehr als die knapp 350 Gäste, die am Samstagabend zwischen Max-Littmann-Saal und Rossini-Saal unterwegs waren. Von daher können die Veranstalter glücklich sein, denn drei Bands – Meena Cryle, Philipp Fankhauser und BabaJack – spielten nacheinander, so dass die Säle dennoch gut gefüllt waren.
Gelungener Stil-Mix
Nachdem beim ersten Mal (2011) vom Stil-Mix aus Modern und Klassik mit dem Perkussionisten Martin Grubinger als Zugpferd fast 1300 Gäste angezogen wurden, stellte sich die Staatsbad GmbH die Frage: Geht das auch mit Blues? Für Klaus Steigmeier eigentlich keine Frage, denn bei Blues-Bands könne man aus dem Vollen schöpfen. Wesentlich war für ihn einerseits die verschiedenen Varianten des Blues zu präsentieren und dass andererseits ein „Publikumsmagnet“ auftritt. Diesen Magneten fand er in Philipp Fankhauser, einem erfolgreichen Bluesmusiker aus der Schweiz, Juror bei „The Voice of Switzerland“ und auch in Bad Kissingen kein Unbekannter. Ergänzt wurde die Blues-Nacht um die Singer-Songwriterin Lisa Doby, die am Sonntagmorgen im Kurgarten-Café auftrat.
Blues-Export aus Österreich
Im Rossini-Saal begann Österreichs Blues-Export „Meena Cryle and the Cris Fillmore Band“ auf einer Bühne, die wie eine Zirkuskuppel gestaltet war. Mit ihrer kraftvollen Stimme, die an Janis Joplin und Etta James erinnerte, und einem tollen Mix aus Rhythm&Blues, Rock'n' Roll und Jazz, mit ein bisschen Soul sowie mit Hillibilly- und Reggae-Elementen begeisterte die Band rund um die Wiener Sängerin die Gäste. Klarer Klang und treibender Sound sowie exzellente Musiker rundeten das musikalische Erlebnis ab, wobei gerade Cris Fillmore mit seinen Gitarren-Soli das Publikum zu Beifallstürmen hinriss. 75 Minuten präsentierten die Vier ihr Können, ergänzte das Programm um zwei Zugaben, bevor die Band das Publikum in den Littmann-Saal entließ.
Blues mit rauchiger Stimme
„Home ist where my heart is“ – mit diesen Zeilen startete Philipp Fankhauser und beeindruckte durch eine rauchige Stimme, die den Blues in sich trug. Im feinen Zwirn stand die achtköpfige Band und beeindruckte durch glasklaren, perfekt abgestimmten Sound, der vor allem durch super arrangierte Bläser-Sets Anleihen aus Funk und Soul integrierte.
Zentral und seriös präsentierte sich Philipp Fankhauser auf der Bühne – und setzt jeden seiner Musiker in bestes Licht. Neben seinen musikalischen Qualitäten überzeugte er auch als Unterhaltungskünstler, als Menschenfänger, wenn er sein Yeah-Spiel mit dem Publikum treibt oder so nebenbei einwirft: „Wir sind aus der Schweiz angereist, um Freude nach Bad Kissingen zu bringen.“ Das Publikum konnte sich kaum für den letzten Akt losreisen. Der letzte Akt des Abends hieß „BabaJack“ und war eine vierköpfige Formation aus England mit der Frontfrau Becky Tate, die mit roter Mähne, mit unheimlich viel „Power & Emotion“ und einer tollen Stimme überzeugte.
Roots, Blues und Folk war im Rossini-Saal angesagt – und nachdem sich das Publikum auf den anderen Stil umgestellt hatte, wurde der Auftritt von „BabaJack“ zu einer treibenden Session, die erst gegen Mitternacht endete. Durchwegs positive Stimmen waren auf dem Weg zum Ausgang zu hören – angetan von der Musik, die nicht nur die Gäste von den Stühlen gerissen, sondern auch im Hintergrund mehr als nur das rhythmische Mitwippen ausgelöst hatte.
Beim Auftritt von Lisa Doby am Sonntagmorgen standen die Hände im Mittelpunkt der musikalischen Reise: einerseits bei den drei Akteuren, die mit Gitarre, Keyboard und spartanischem Schlagzeug ihr musikalisches Können unter Beweis stellten, andererseits bei den ca. 40 Gästen, die ihr Frühstück mit rhythmischen Klatschen und begeisterten Applaus abtrainierten.
Im ersten Teil überzeugte das Trio mit Balladen, die eine Mischung aus Blues, Soul, Gospels und Folk präsentierten und die von Dobys brillanter Stimme geprägt waren. Melodiöser, grooviger Rock bestimmte die zweite Hälfte, wobei Coversongs entsprechend dem eigenen Stil ebenso treffsicher interpretiert wurden wie eigene Stücke. Ein Highlight war dabei sicherlich der Beatles-Klassiker „All the lonely people“, in dem Leadgitarre und Drums zur Hochform aufliefen.