Bad Kissingen
Musik wie aus einer kreativen Quelle
Im Rossini-Saal war Gelegenheit, ein Klavierduo zu erleben: bei der zweiten Matinée classique des 19. Winterzaubers.
Pianisten sind in aller Regel Einzelkämpfer, die sich daran gewöhnt haben, entweder alleine mit Rezitalen oder als Konzertsolisten aufzutreten. Wenn sie engere soziale und musikalische Kontakte suchen, begeben sie sich in die Kammermusik mit Streichern, Bläsern oder Sängern und gehen da auch längerfristige künstlerische Verbindungen ein. Was sie nur selten suchen, ist die Zusammenarbeit mit einer Kollegin oder einem Kollegen. Fest installierte Klavierduos gibt es, nicht zuletzt mit Blick auf die insgesamt hohe Zahl von Pianisten, erstaunlich wenige, und entsprechend unterrepräsentiert sind sie auch bei der Zahl der Auftritte - wobei man allerdings auch berücksichtigen muss, dass ihr Repertoire im Vergleich zu dem ihrer einzeln auftretenden Artgenossen geradezu verschwindend gering ist.
Jetzt war - endlich wieder einmal - Gelegenheit, im Rossini-Saal ein Klavierduo zu erleben: bei der zweiten Matinée classique des 19. Winterzaubers. Thomas Friedrich, der diese kleine Reihe organisiert und betreut, hatte das Klavierduo Marie-Thérèse Zahnlecker und Jonas Gleim eingeladen. Die beiden jungen Leute sind an einem interessanten Punkt ihrer Karriere angelangt. Sie haben ihre solistische Klavierausbildung an der Musikhochschule Würzburg im Wesentlichen abgeschlossen und setzen zurzeit ihr Studium als Klavierduo bei Denise Benda an gleicher Stätte fort.
Dass die beiden - sei es vierhändig oder an zwei Flügeln - absolut präzise und punktgenau ihr Spiel synchronisieren, muss man nicht wirklich bewundern. Das gehört heute zur Grundausstattung jedes ernsthaften Klavierduos, ist sozusagen Auftrittsvoraussetzung. Was aber, auch mit Blick auf ihre relative Jugend, ganz erstaunlich ist, ist ihre musikalische Übereinstimmung, das sind die perfekte Agogik, eine bruchlose Darstellung, eine vielsagende Klangrede. Bei Marie-Thérèse Zahnlecker und Jonas Gleim scheint die Musik aus einer kreativen Quelle zu kommen. Konflikte gibt es bei ihnen nur in der komponierten Musik, nicht in ihrer Interpretation.
Und die beiden hatten sich ein wirklich schönes, aber auch anspruchsvolles Matineeprogramm zusammengestellt mit einer steigenden dramatischen Kurve. Sie begannen mit Wolfgang Amadeus Mozarts vierhändiger Sonate C-dur KV, kräftig zupackend, mit klaren Klangfarben und einem schönen Vortrieb, also mit einer echten Gute-Laune-Musik, wobei sie Mozarts ständige Wiederholungen im dritten Satz dadurch spannend hielten, dass sie ihnen einen guten Schuss Humor verpassten.
Claude Debussys dreiteilige Suite "En blanc et noir" ist ein etwas seltsames Werk, ein Versuch, Musik zu politischen Äußerungen werden zu lassen, aber sie letztlich auch wieder zurückzunehmen - kein Wunder, wenn man das Entstehungsjahr 1915 bedenkt und die konkrete Situation: Gerade war ein enger Freund Debussys gefallen. Es ist viel Verbitterung und viel nationalistisches Pathos in dieser Musik, viel Zerrissenheit und Dissonanz, die von Marie-Thérèse Zahnlecker und Jonas Gleim mit starkem Zugriff und absoluter Unverstelltheit gespielt wurden. Da brachte auch das abschließende Scherzando keine große Erleichterung. Das Einzige, was man sich gewünscht hätte: dass Luthers "Ein feste Burg"-Zitat als Metapher die die Boches, die deutschen Feinde, stärker artikuliert worden wäre.
Schluss- und Höhepunkt war die Sonate f-moll op. 34 b, ebenfalls für zwei Klaviere, von Johannes Brahms. Das "b" bei der Opuszahl signalisiert schon, dass die Entstehung dieses Werkes nicht ohne kreative Leiden abging. Brahms schrieb zunächst ein Streichquintett mit zwei Violoncelli, das er, höchst selbstkritisch, nicht nur nicht vollendete, sondern später auch vernichtete. Aber es wurde zur Grundlage der Sonate für zwei Klaviere und für das Klavierquintett op. 34. In dieser Form ist es berühmt geworden. Die Klavierversion führt eher ein Schattendasein.
Man kann verstehen, dass die Pianisten gerne einen Bogen um dieses Werk machen. Denn Brahms treibt mit seiner Neigung zur sinfonischen Dimension das Klavierduo an die Grenzen seiner Kapazitäten. Und gerade weil Marie-Thérèse Zahnlecker und Jonas Gleim die Architektur der vier Sätze mit einem guten Gespür für die melodischen Aspekte und für die nicht überzogenen, aber doch deutlichen dramatischen Entwicklungen so deutlich herausarbeiteten, warum Brahms auch ein größeres Gefäß für seine Ideen suchte. Andererseits spielt die Klavierduofassung auch immer gegen das Klavierquintett an, das sich in der Klangdifferenzierung natürlich erheblich leichter tut. Aber die beiden Interpreten stellten sich dieser Schwierigkeit mit starken dynamischen Kontrastierungen und einem sehr differenzierten Anschlag. Und lieferten so auch eine wunderbare kollegiale Werbung für die nächste Matinée classique am kommenden Montag, in der das Klavierquintett gespielt wird.
Als Zugabe gab es noch einen kleinen Brahms: den zweiten aus der Sammlung der 16 vierhändigen Walzer op. 39
Jetzt war - endlich wieder einmal - Gelegenheit, im Rossini-Saal ein Klavierduo zu erleben: bei der zweiten Matinée classique des 19. Winterzaubers. Thomas Friedrich, der diese kleine Reihe organisiert und betreut, hatte das Klavierduo Marie-Thérèse Zahnlecker und Jonas Gleim eingeladen. Die beiden jungen Leute sind an einem interessanten Punkt ihrer Karriere angelangt. Sie haben ihre solistische Klavierausbildung an der Musikhochschule Würzburg im Wesentlichen abgeschlossen und setzen zurzeit ihr Studium als Klavierduo bei Denise Benda an gleicher Stätte fort.
Dass die beiden - sei es vierhändig oder an zwei Flügeln - absolut präzise und punktgenau ihr Spiel synchronisieren, muss man nicht wirklich bewundern. Das gehört heute zur Grundausstattung jedes ernsthaften Klavierduos, ist sozusagen Auftrittsvoraussetzung. Was aber, auch mit Blick auf ihre relative Jugend, ganz erstaunlich ist, ist ihre musikalische Übereinstimmung, das sind die perfekte Agogik, eine bruchlose Darstellung, eine vielsagende Klangrede. Bei Marie-Thérèse Zahnlecker und Jonas Gleim scheint die Musik aus einer kreativen Quelle zu kommen. Konflikte gibt es bei ihnen nur in der komponierten Musik, nicht in ihrer Interpretation.
Und die beiden hatten sich ein wirklich schönes, aber auch anspruchsvolles Matineeprogramm zusammengestellt mit einer steigenden dramatischen Kurve. Sie begannen mit Wolfgang Amadeus Mozarts vierhändiger Sonate C-dur KV, kräftig zupackend, mit klaren Klangfarben und einem schönen Vortrieb, also mit einer echten Gute-Laune-Musik, wobei sie Mozarts ständige Wiederholungen im dritten Satz dadurch spannend hielten, dass sie ihnen einen guten Schuss Humor verpassten.
Claude Debussys dreiteilige Suite "En blanc et noir" ist ein etwas seltsames Werk, ein Versuch, Musik zu politischen Äußerungen werden zu lassen, aber sie letztlich auch wieder zurückzunehmen - kein Wunder, wenn man das Entstehungsjahr 1915 bedenkt und die konkrete Situation: Gerade war ein enger Freund Debussys gefallen. Es ist viel Verbitterung und viel nationalistisches Pathos in dieser Musik, viel Zerrissenheit und Dissonanz, die von Marie-Thérèse Zahnlecker und Jonas Gleim mit starkem Zugriff und absoluter Unverstelltheit gespielt wurden. Da brachte auch das abschließende Scherzando keine große Erleichterung. Das Einzige, was man sich gewünscht hätte: dass Luthers "Ein feste Burg"-Zitat als Metapher die die Boches, die deutschen Feinde, stärker artikuliert worden wäre.
Schluss- und Höhepunkt war die Sonate f-moll op. 34 b, ebenfalls für zwei Klaviere, von Johannes Brahms. Das "b" bei der Opuszahl signalisiert schon, dass die Entstehung dieses Werkes nicht ohne kreative Leiden abging. Brahms schrieb zunächst ein Streichquintett mit zwei Violoncelli, das er, höchst selbstkritisch, nicht nur nicht vollendete, sondern später auch vernichtete. Aber es wurde zur Grundlage der Sonate für zwei Klaviere und für das Klavierquintett op. 34. In dieser Form ist es berühmt geworden. Die Klavierversion führt eher ein Schattendasein.
Man kann verstehen, dass die Pianisten gerne einen Bogen um dieses Werk machen. Denn Brahms treibt mit seiner Neigung zur sinfonischen Dimension das Klavierduo an die Grenzen seiner Kapazitäten. Und gerade weil Marie-Thérèse Zahnlecker und Jonas Gleim die Architektur der vier Sätze mit einem guten Gespür für die melodischen Aspekte und für die nicht überzogenen, aber doch deutlichen dramatischen Entwicklungen so deutlich herausarbeiteten, warum Brahms auch ein größeres Gefäß für seine Ideen suchte. Andererseits spielt die Klavierduofassung auch immer gegen das Klavierquintett an, das sich in der Klangdifferenzierung natürlich erheblich leichter tut. Aber die beiden Interpreten stellten sich dieser Schwierigkeit mit starken dynamischen Kontrastierungen und einem sehr differenzierten Anschlag. Und lieferten so auch eine wunderbare kollegiale Werbung für die nächste Matinée classique am kommenden Montag, in der das Klavierquintett gespielt wird.
Als Zugabe gab es noch einen kleinen Brahms: den zweiten aus der Sammlung der 16 vierhändigen Walzer op. 39
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