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Hammelburg
Zukunft passiert nicht einfach
Bereits zum zweiten Mal gastierte die Musik-Kabarettistin Stefanie Kerker im Hammelburger Wasserhaus. Zum Einsatz kamen dabei auch zahlreiche Instrumente. Von Jacqueline Edgü-Mihm
Stefanie Kerker begeisterte im Hammelburger Wasserhaus.       -  Stefanie Kerker begeisterte im Hammelburger Wasserhaus.
Foto: Jacqueline Edgü-Mihm | Stefanie Kerker begeisterte im Hammelburger Wasserhaus.
Jacqueline Vera Edgü-Mihm
 |  aktualisiert: 03.12.2024 16:56 Uhr

Wieder einmal bot das Hammelburger Wasserhaus den Rahmen für einen gelungenen Kulturbunt-Abend. Die Damen des Kulturbunt e. V. waren in Hinblick auf die Künstlerin des Abends Wiederholungstäterinnen. Bereits im März 2023 gastierte die Ludwigsburger Musik-Kabarettistin Stefanie Kerker mit ihrer „Lizenz zum Trödeln“ im unterfränkischen Hammelburg und begeisterte damals so sehr, dass sie in diesem Jahr erneut eingeladen wurde. An diesem Abend präsentierte sie mit ihrer „Utopie to go“ so manch gewichtige Themen gekonnt mit melodischen Tönen, die sie als gefühltes Gegengewicht ihren zahlreichen Instrumenten entlockte. Zum Einsatz kamen Blockflöte, Gitarre, Ukulele, ein mit den Zehen gespieltes Keyboard und farbenfrohe Boomwhackers.

Mal anders denken

Kreativ waren die Kulturbuntdamen auch wieder lukullisch, und so gab es unter anderem ein wärmendes „Utopie to go“-Getränk, heißen Aperol. Ja, es gilt, einmal Bestehendes anders zu denken, neu zu entdecken. Ein Ansatz, den Stefanie Kerker ebenso an diesem Abend gekonnt umsetzte. Der Start ins abendliche Programm war erst einmal dunkel und still.

Keine ohrenbetäubende Einlaufhymne erklang für Kerker, keine Kabarettistin war zu sehen. Bahnte sich hier ein utopischer Kulturevent an? Ein Kabarettabend ohne Kabarettistin ? Spannung lag in der Luft, bis sie wie aus dem Nichts auftauchte: Stefanie Kerker. Der utopische Abend nahm seinen Lauf.

Kerker nahm das Publikum mit auf eine Reise in eine zukünftige und mögliche Welt, so wie sie sich diese wünschen würde. Einer Welt jenseits eines drohenden Untergangs der Gesellschaft, einer erstarrten und verwirrten Welt. Das Themenspektrum war breit gefächert, sie ließ teilhaben an mütterlichen Gedanken und Freiheitswünschen, beleuchtete das Ehegattensplitting einmal anders, reflektierte über die Gattin als Besitz und beleuchtete verschiedene Frauenrollen .

Sie präsentierte eine neue Show, in der Superreiche untereinander konkurrieren, wenn es um die Höhe des Geldes geht, welches an Bedürftige gehen soll. Wohlstand neu gedacht, hier ist Kerker in ihrem Element. Sie bot Lieder über Neid und Anti-Digitalisierungskurs, malte gedanklich ein Bild einer Waldorfschule in Silicon Valley, in welcher die Kinder der Digitalen Elite eher Socken stricken als im Internet surfen. Eben ein echtes Leben leben, welches die Sinne aktiviert und dem Digitalen vorgezogen wird.

Kerker berichtete in Dialogform von (un-)möglichen Freundschaften zwischen shoppenden, konsum-orientierten und ressourcen-schonenden Frauen und Share- und Repair-Kultur, ein Geben und Nehmen. Die musikalische Kabarettistin sprudelte an diesem Abend nur so über vor Ideen, wie man leben könnte. Neues müsse nicht schlecht sein. Sich einfach mal darauf einlassen, könnte ein Schritt in die richtige, zukunftsträchtige Richtung sein.

Keine falschen Hoffnungen

Um so wichtiger ist das, was wir denken und wie wir es denken. Kerker möchte bei einem neuen Bild der Zukunft unterstützen, ihre Gedanken sind – Gegenwart und Vergangenheit berücksichtigend – emotionsgeladen auf Zukunft gerichtet. Sie sind frei und sich der eigenen Verantwortung bewusst.

Die Kabarettistin wirkt mit ihrem Zukunftsbild vermeintlich entstehenden Depressionen entgegen – geschickt und auf den Punkt. Stefanie Kerker weiß, was ihr Publikum braucht: Etwas anderes als das vielbeschriebene „Jetzt“. Hierfür zeichnet sie ein klares und einprägsames Bild auf, wie es sein könnte. Wie schön, leicht und frei sich Zukünftiges anfühlen könnte und auch wie eben nicht. Doch eines will sie nicht: falsche Hoffnungen wecken.

Kerker gelingt es mit ihrem kritischen Bild auf die Gegenwart, eine Idealvorstellung in den Köpfen der Zuhörer zu kreieren. Nicht perfekt, doch irgendwie besser, lebbarer, freudvoller. Und sei es nur Kerker mit einem geraunten „HOWWW“ an der richtigen Stelle bei ihrer musikalischen Einlage zu begleiten, schafft Fröhlichkeit, die aus dem gemeinsamen Tun und Tönen erwächst.

Sie stellt Zukunft als Raum der Möglichkeiten dar, den man aktiv und kraftvoll gestalten kann und nicht einfach passiv auf sich zukommen lässt. Der Zukunft ist man natürlich nicht hilflos ausgeliefert. Das ist ein Bild, das positiv erscheint und das man anstreben sollte. „Utopie to go“ eben.

Am Ende des Abends konnte man auch ganz praktisch sehen, dass utopisches Denken den Geist frei machen kann. Die Kulturbunt-Damen wünschen sich schon lange ein eigenes Haus für ihre Vorstellungen, inklusive Leinwand für die Filmvorführungen. In einem Dialog kam Neues ins Gespräch: Ein permanentes Repair-Café in der Hammelburger Innenstadt – eine hoffentlich nicht zu utopische Idee, sondern „reality to come“.

Stefanie Kerker begeisterte im Hammelburger Wasserhaus.       -  Stefanie Kerker begeisterte im Hammelburger Wasserhaus.
Foto: Jacqueline Edgü-Mihm | Stefanie Kerker begeisterte im Hammelburger Wasserhaus.
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