
"Warum in die Ferne schweifen, sieh das Gute liegt so nah", wusste schon Johann Wolfgang von Goethe . So oder ähnlich mag mancher Besucher empfinden, der durch die am Samstag im Deutschordensschloss eröffnete Ausstellung mit dem Titel "anstatt" streift. Wegen der Corona-Pandemie waren drei Ausstellungen mit auswärtigen Künstlern, die die Museumsfreunde für dieses Jahr geplant hatten, geplatzt. Doch ganz ohne eine Ausstellung sollte das Jahr 2020 nicht vorübergehen.
Die Münnerstädter Mia Hochrein, Horst Kreutz und Georg Seifried, die Mitglieder des Vereinsbeirates, kramten auf Bitten des Vorstandes in ihren Schatzkammern, denn die Vorsitzende Anna Spor war überzeugt davon: "Da ist Qualität garantiert und so hat die ganze Sache Schwung bekommen." Mia Hochrein konnte außerdem den Berliner Keramiker Volker Bauer dazu bringen, einige schöne Stücke auszustellen.
Anna Spor freute sich, zur Vernissage im Schlosshof etwa fünf Dutzend Gäste, unter denen auch Bürgermeister Michael Kastl ( CSU ) und Stadträtin Britta Bildhauer ( SPD ) waren, begrüßen zu können. Zwei geplante Ausstellungen hatten schon abgesagt werden müssen, eine weitere Ausstellung einer Malerin und eines Fotografen aus Berlin konnte ebenfalls nicht stattfinden, da die beiden Künstler ebenfalls absagten.
Doch dann sei der Beirat aktiv geworden und habe festgestellt, "wir können selbst eine Ausstellung bestreiten". So sei mit "anstatt" eine eigenständige Ausstellung zusammengekommen, die die unterschiedlichen Charaktere der beteiligten Künstler zeige. "Dieses ‚Anstatt‘ trifft uns momentan täglich, ob im Beruf oder Urlaub", sagte der Bürgermeister. Es brauche Mut, trotz Corona so eine Ausstellung zu machen. In den letzten Wochen sei kulturell schon etwas gelaufen. Er dankte den Museumsfreunden, dass sie wenigstens ihre dritte geplante Ausstellung durchführen.
Nicht ganz so optimistisch ist er offenbar mit weiteren Veranstaltungen zum Stadtjubiläum. "Was sollen wir mit dem Festjahr machen? Es sieht so aus, dass wir auch 2021 mit Einschränkungen leben müssen", bemerkte er dazu. Im Namen des künstlerischen Beirates hieß Georg Seifried die überaus zahlreichen Gäste zum "diesjährigen Heimspiel" der Museumsfreunde willkommen. Der Wert einer Sache oder gar eines Menschen werde häufig erst nach dessen Verschwinden registriert.
Gegen das Vergessen stünden dagegen die lebensgroßen Foto-Porträts von Mia Hochrein in dieser Ausstellung , die eigentlich Selbstportraits in der Kleidung ihrer Vorfahren seien. Diese Porträts fanden bei den Besuchern große Beachtung. Auch auf Horst Kreutz, der an der Vernissage nicht teilnehmen konnte, ging Seifried ein. Dieser stellt eine Reihe von Holzcollagen aus, die durch ihre konstruktive und dekorative Farbgebung wirken.
Zu seinen eigenen Bildern erwähnte Seifried, dass sie zum großen Teil in diesem Jahr entstanden sind. Hier gehe der malerische Gestus und die Lust am spielerischen Umgang mit Farbe verstärkt in Richtung "freie Malerei". Dies sei eine typische Alterserscheinung, wie sie bei vielen älteren Malern auftrete, "man nimmt halt einiges nicht mehr gar zu genau". Der Berliner Keramiker Volker Bauer zeige ein Sortiment ornamentaler und ansprechender, lebensfreudig gestalteter Figuren und Gefäße.
Musikalisch begleitet wurde die Vernissage von Reza Rezaij aus Afghanistan, der auf einer Ruba, einem Saiteninstrument, spielte. Die Ausstellung "anstatt" ist bis zum 11. Oktober jeweils freitags, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr in den Ausstellungsräumen des Deutschordensschlosses zu sehen. Die Besucher müssen einen Mundschutz tragen. Die Zahl der Besucher, die sich gleichzeitig in den Galerieräumen aufhalten, ist auf zehn beschränkt.