Dr. Nicolas Zenzen hat bereits mehr als 100 Arbeitstage in Münnerstadt verbracht. Er arbeitet sich in die umfangreichen Sammlungen des Henneberg-Museums ein und entdeckt fast jeden Tag etwas für ihn Neues zur Geschichte dieser Stadt. Mit der "Bals + Bals, Vater und Tochter" Ausstellung hat der aktuelle Museumsleiter bewiesen, dass er die richtigen Pfade begeht, um interessierte Teile der Bürgerschaft mitzunehmen.
So war es auch kein Wunder, dass er Stadtarchivar Klaus-Dieter Guhling mit den Worten "... den Sie besser kennen, als ich!" in den Vortragsabend einführte. Der Referent war jedoch freudig überrascht, und die Zuhörer stimmten der Aussage voll zu, dass "Herr Guhling, weltweit der beste Bals-Kenner ist". Der, nach wie vor umtriebige Forscher und Sammler Münnerstädter Geschehnisse stieg mit der ihm eigenen Offenheit in das Referat ein, "... dass das meiste der Geschichten, ihnen liebe Bals-Freunde bekannt sein wird". Und doch, der Zuhörer, die Zuhörerin mögen den Inhalt kennen, Klaus-Dieter Guhling vermag ihn aber so zu präsentieren, dass das Gefühl von Neugierde wieder ganz nach Oben kommt. Er packt die Bals-Familie in die Biografie einer Bürgerfamilie des 19. Jahrhunderts, stellt das Besondere des Zeichen- und Maltalents in der Familie heraus und landet dann ganz schnell bei der Geschichte mit den "Reichstruppen", einem Geselligkeitsverein in Münnerstadt , der einen Zeitabschnitt des vorletzten Jahrhunderts im Lauertal prägte, obwohl sich in seinen Statuten "die Verschwiegenheit" als eine Priorität fand.
Das hat sich bis heute nicht geändert, wird etwas unter Verschluss gehalten, ist die Gerüchteküche um so größer, besonders in kleinen Orten.
Örtliches Geschehen mit satirischem Blick
Der Stadtarchivar war bereits vor langer Zeit im Bamberger Antiquariatshandel auf die "Reichszeitung" aufmerksam geworden, mit der die Münnerstädter Honoratioren-Vereinigung wöchentlich über einige Jahre hinweg das örtliche Geschehen mit satirischem Blick betrachtet hat. Vornehmlich, von etwa 1853 bis 1859, war das ein gewisser "Ritter Flamberg von Turnau", besonders aktiv, das vereinsinterne Pseudonym für Ignaz Bals. Alle der circa 40 Mitglieder hatten sich für den internen Umgang meist fantasievolle Adelstitel gegeben und wurden ebenso in der nicht für die Öffentlichkeit vorgesehenen "Reichszeitung" mit diesen Bezeichnungen persifliert. Bals konnte hier seine künstlerischen Fähigkeiten in Form von Karikaturen und Landschaftszeichnungen zeigen. Er war nach Aussage des Referenten glücklich, in dieser Bürger-Vereinigung tätig zu sein. Die innerörtliche Vernetzung trug dazu bei, dass der eine oder andere Malauftrag an ihn, der im Hauptberuf unterbezahlter Turn- und Zeichenlehrer am Gymnasium war, vergeben wurde.
Verbaler Witz und zeichnerische Vielfalt
Die "Reichstruppen" hatten mit militärischen Einheiten nichts im Sinn, höchstens der Vereinsslogan verband sie mit potenziellen Vaterlandsverteidigern - " hungrig, durstig und fidel". Ignaz Bals porträtierte mit verbalem Witz und zeichnerischer Vielfalt das Geschehen von damals. Gelernt hatte er es anfangs in seiner Geburtsstadt Würzburg und später in der Ausbildung in München. Sein Geld verdiente er als Anatomiemaler und schuf sich einen Namen als Pferdezeichner. Münnerstadt reizte ihn, weil sich hier die Chance auf ein berufliches Fortkommen bot.
Maltalent des Vaters geerbt
Klaus-Dieter Guhling zeigte den gut 30 Zuhörern an Hand von Bildbeispielen die subtile Zeichenschrift des Künstlers. Immer wieder ließ er sehr akzentuiert die biografischen Stationen von Ignaz Bals einfließen. Jeder konnte erkennen, warum ab 1859 sich keine Belege mehr für eine Tätigkeit bei den "Reichstruppen" und ihrer Vereinspublikation der "Reichszeitung" gefunden haben. Er heiratete am 6. Juli 1859 "seine" Babette Welzenbach. Insgesamt neun Kinder bekam die Familie. Mit seiner Tochter Agnes, die das Maltalent des Vaters erbte und es zu nutzen verstand, verband ihn sehr viel. 1895 verstarb er, verursacht durch eine Lungenentzündung, in seinem Haus in der heutigen Grube.
Klaus-Dieter Guhling bringt es am Ende auf den Punkt, wenn er das Wirken des Münnerstädter Malers Ignaz Bals als ein bis heute wahrhaft lebendiges Gesamtwerk beschreibt. Spuren sind seine Arbeiten und in seiner Heimat die "Ignaz-Bals-Straße" ,sowie die "Bals-Ruhe" ,eine Aussichtplattform am Schindberg, die ruhig wieder mal sichtbar gemacht werden könnte.