
Eine morgentliche Video-Konferenz gibt es immer. "Da sieht man sich von Angesicht zu Angesicht", sagt Anderas Keim, Lehrer und Mitarbeiter der Schulleitung am Münnerstädter Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasium, der zusammen mit dem stellvertretenden Schulleiter Jens Hupfer das Projekt Tablet-Klassen betreut. Die Video-Konferenzen führen die Klassleiter Renée Liening-Ewert (5c) und Klasse Sebastian Hardt (6c) durch. Dabei wird besprochen, was an dem Tag ansteht. Die Kinder haben einen Kalender, der den Stundenplan ersetzt.
Fachlehrer können - so wie Andreas Keim - dann im Tagesverlauf eine eigene Konferenz ansetzen, wenn Zeit dafür ist. "Die Disziplin ist super", schwärmt er. Denn zur verabredeten Zeit sieht er fast immer alle Schüler auf seinem Schirm. Ist mal jemand nicht da, gibt es einen driftigen Grund. "Die Schüler entschuldigen sich meistens vorher." Die Videokonferenz ermögliche eine offene Gesprächsführung, fast wie im Klassenzimmer. "Sie können sich sogar melden", sagt Andreas Keim. Und das wichtigste: Er und seine Kollegen sehen so auch, wie die Stimmungslage bei den Schülern ist und können dann nachfragen.
Das Pilotprojekt Tablet-Klasse wurde im letzten Schuljahr am Schönborn-Gymnasium eingeführt. Der Unterricht läuft hauptsächlich über den kleinen Computer , eine Unterrichtsform, die sich wachsender Beliebtheit erfreut und ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Dass es einmal nötig sein wird, die Kinder nach Hause zu schicken, hätte sich niemand träumen lassen. In dieser Krisensituation zeigen sich die Vorteile der Tablet-Klassen aber besonders deutlich.
Andreas Keim erinnert an den Freitag, 13. März, als die Schulschließung bekanntegeben wurde. "Wir sind ins kalte Wasser gesprungen, mussten überlegen wie es nun weiter geht." Bei den Tablet-Klassen gab es eindeutige Vorteile Denn da war völlig klar, was an Hardware (Geräte) vorhanden ist, auch bei der Software (Programme) waren alle auf dem gleichen Stand. "Wir mussten nur überlegen, wie wir da rangehen und haben uns für die Video-Lösung entschieden."
Das ermöglicht ganz normalen Erklärunterricht. Dabei kann der Bildschirm die Tafelanschrift ersetzen. Dann können die Kinder einzeln, in Kleingruppen oder auch zusammen arbeiten. Es ist möglich, dass sich mehrere Schüler gleichzeitig mit einem Dokument beschäftigen. Die Lehrer geben aber auch Projektaufgaben, bei dem beispielsweise die Schüler Erklärvideos erstellen sollen. "Da fällt einem die Kinnlade runter", sagt Andreas Keim zu den Ergebnissen, die die Lehrer da manchmal zu sehen bekommen. Alles in allem zieht Andreas Keim ein sehr positives Resümee. Eines hat er bei seinen Schülern aber festgestellt: "Sie vermissen die Schule."
Schulleiter Peter Rottmann hat ebenso nur positive Rückmeldungen aus dem Bereich der Tablet- Klassen. Unter anderem durch die regelmäßigen Video-Konferenzen sei der Unterricht viel kommunikativer. Aber eben kein normaler Unterricht . "Da ist ein Bildschirm dazwischen, die Kinder können nicht direkt vor Ort sein, da geht etwas verloren", so Peter Rottmann. Er hat aber vollstes Verständnis für die Schulschließungen angesichts der Corona Krise. "Oberstes Gebot ist der Gesundheitsschutz."
Kurz vor den Osterferien nach knapp dreiwöchiger Schließung der Schulen kommt Peter Rottmann zu dem Schluss: "Es läuft erstaunlich gut." Besorgt seien natürlich die Abiturienten und auch die Q 11. Diese Ängste müsse man ihnen nehmen. Gut findet er, dass die Abiturprüfungen auf Mitte bis Ende Mai verlegt wurden und auch dann gebe es noch genügend Spielraum. Das Schuljahr endet ja erst Ende Juli.Und: "Wir alle vor Ort werden versuchen, schülerfreundliche Lösungen anzubieten."
Die Schulleitung hat sich in den letzten Wochen ebenfalls regelmäßig bei Video-Konferenzen getroffen. Das Homescooling funktioniere erstaunlich gut. Eine wichtige Rolle nehmen dabei die Oberstufenkoordinatoren ein. "Die Fleißigen sind noch fleißiger", findet Peter Rottmann. Nur ganz vereinzelt ließen sich Schüler hängen. "Der größte Teil ist sehr diszipliniert." Er lobt die Eltern, die dahinter stehen. Dank ihnen funktioniere die Schulfamilie.
Aber den Schülern fehle das soziale Interagieren, die direkte Begegnung. Das finden derzeit nicht statt. Auch deshalb hofft Peter Rottmann, dass bald wieder Normalität eintritt. Aber Risiken dürften dabei nicht eingegangen werden. "So lange es dauert, dauert es."