
Leerstandsbelebung mit den Mitteln der Kunst – das ist erklärtes Ziel der Münnerstädter Künstlerin Mia Hochrein, die inzwischen zahlreiche Mitstreiter gefunden hat. 2013 war die Marienanstalt im Herzen der Altstadt für drei Monate kultureller Brennpunkt in Münnerstadt , fünf Jahre später wurde der Bahnhof mit knapp 100 Veranstaltungen und mehr als 3000 Besucherinnen und Besuchern zur Haltestelle der Kunst.
Start ist am 29. April
Nun wird „else!3“ in den derzeit mit Abstand größten Leerstand der Stadt Münnerstadt einziehen: In die Treibhäuser auf dem ehemaligen Bötz-Gelände, direkt neben der Altstadt . Drei Monate lang können sich Kunstinteressierte auf Ausstellungen, Workshops, Vorträge, Lesungen, Filme, Events und jede Menge Musik freuen: Startschuss ist am 29. April, beendet wird das Projekt am 30. Juli.
Dass „else!“ keinen festen Veranstaltungsort hat, dass das Kunstprojekt jedes Mal von vorne anfängt und sich doch auf inzwischen gewachsene Strukturen verlassen kann, unterscheidet das Kunstprojekt von anderen Initiativen. „Leerstehende Gebäude werden für interkulturelle Begegnungen mehrere Monate lang mit Mitteln der Kunst zwischengenutzt – als Offensive gegen Leerstand, Fremdenhass und Verödung des Stadtraums“, beschreibt die Künstlerin ihr Projekt. Also braucht es immer einen neuen Veranstaltungsort.
Gewaltige Herausforderungen
Und das stellt das „else!“-Team, eine Arbeitsgruppe innerhalb des Altstadtvereins Münnerstadt , vor gewaltige Herausforderungen. Denn bis vor wenigen Tagen war unklar, ob „else!3“ überhaupt in den alten Gewächshäusern stattfinden kann. Die Stadt Münnerstadt hat sich das Ankaufsrecht für das knapp 30.000 Quadratmeter große Areal gesichert.
Dort sollen Flächen renaturiert werden und eine innovative, ökologische Wohnbebauung entstehen. Mit ihrem „Treibhaus-Projekt“ hat es die Stadt als einzige Kommune in Unterfranken sogar ins Förderprogramm „Landstadt Bayern“ geschafft. Die Bürgerbeteiligung ist bereits angelaufen. Allerdings ist der Kauf des Areals noch nicht vollzogen. Nachdem Kilian Düring, zuständig für Stadtmarketing, jetzt eine Nutzungsvereinbarung zwischen dem derzeitigen Eigentümer und der Stadt erwirkt hat, ist der Weg frei für „else!3“.
Sponsoren gesucht
Jetzt ist die Zeit natürlich relativ knapp geworden, vieles ist aber bereits im Vorfeld gelaufen. „Wir haben im Herbst mit den Vorbereitungen begonnen“, sagt Mia Hochrein. Das betrifft nicht nur die Veranstaltungen selbst. Da geht es auch um die Finanzierung. „Ganz sicher ist, dass wir Sponsoren brauchen“, betont sie. Da hat die Künstlerin natürlich wie bereits vor fünf und vor zehn Jahren bei den entsprechenden Stellen nachgefragt und Anträge gestellt, allerdings bisher mit mäßigem Erfolg.
Einzig die Stadt Münnerstadt hat schon eine klare Förderzusage gegeben, wofür Mia Hochrein und ihre Mitstreiter Bürgermeister Michael Kastl und dem gesamten Stadtrat sehr dankbar sind.
„Der Stadtrat hat das Projekt sehr positiv aufgenommen“, sagt Michael Kastl dazu. „Wie sehen das als Aushängeschild für die Stadt und freuen uns, dass es jetzt umgesetzt werden kann.“
Unabhängig von der Finanzierung steht das künstlerische Konzept von „else!3“ fest auf drei Säulen: Ausstellungen, ein Rahmenprogramm und Freiräume für Neues.
Das Grundgerüst steht
Weil bis jetzt unklar war, ob „else!3“ überhaupt stattfinden kann, ist noch nicht jede einzelne Veranstaltung festgezurrt, das Grundgerüst aber steht. So wird es beispielsweise drei große Kunstausstellungen geben, in jedem der drei Monate eine.
In Zusammenarbeit mit dem Henneberg-Museum und dessen Leiter, Nicolas Zenzen, organisiert „else!3“ im Mai eine große Kunstausstellung unterfränkischer Bildhauer . Für den Juni ist die Holzbildhauerschule Bischofsheim angefragt. Im Juli schließlich bekommen lokale Künstlerinnen und Künstler Raum, sich und ihre Werke zu präsentieren. Daneben soll es auch einen Kunstparcours und mehrere kleinere Ausstellungen geben.
Die zweite Säule bildet das Rahmenprogramm zu den Themen Nachhaltigkeit, Energieversorgung, Pflanzen und Insekten, Gartenbau und Selbstversorgung, ökologisches Bauen und vielen mehr.
Die Symbolik von Gewächshäusern eröffnet treffgenau die gegenwartsbezogenen Themenfelder – allen voran der Klimawandel und die damit betroffenen Bereiche, findet Mia Hochrein.
Kontakte knüpfen
Zudem seien die offenen, lichtdurchfluteten Räume eine ideale Atmosphäre, um in diesen krisengeschüttelten Zeiten Gespräche miteinander zu führen. Die Treibhäuser bieten als neutraler, temporärer Ort die Möglichkeit, dass Menschen und Gruppen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten Kontakten untereinander knüpfen können.
Was sich bei den Vorgängern bewährt hat, soll auch bei „else!3“ wieder mit aufgenommen werden: So wird es in einem der vielen Glashäuser eine offene Bühne geben, auf der immer am Donnerstag spontane Musiksessions stattfinden können. „Dazu gibt es zwei bis drei Konzerte , die gerade in der Planung sind“, sagt die Künstlerin.
Treibholzprojekt aus Island
Mehrere Events sind bereits angefragt. So ist ein Treibholzprojekt aus Island geplant. Für eine Woche sollen die Künstlerinnen und Künstler des Projektes „Pflanzenklappe“ vorbeikommen. Angelehnt an die Babyklappe können dort Pflanzen zur Adoption freigegeben werden.
Geplant sind Vorträge zu den Themen Klimawandelpflanzen, Begrünung von Dächern und Fassaden oder „Biber Pro und Contra“.
Auch Lesungen zu den Themen Krisenzeiten, Wendepunkte, Neubeginn, oder Zukunft soll es geben. Die Glashäuser sollen Platz für Zukunftsvisionen und Aktionen junger Menschen bieten, sollen offener Treffpunkt für Gespräche aller Art sein. Filme, spontane Veranstaltungen und experimentelle Musik sind weitere Bausteine von „else!3“.
Die Erfahrungen aus den letzten beiden „else!“-Projekten hat gezeigt, dass durch das große ehrenamtliche Engagement der Münnerstädter und der Besucher neue, ungeplante Veranstaltungen entstehen. Der bunte Mix und die Vielfalt haben „else!“ und „else!2“ so viel Beachtung beschert. Mit „else!3“ wird nun ein neues Kapitel der Kunstgeschichte in Münnerstadt aufgeschlagen.

