Die 1000 Jahre alte gestickte Tapisserie von Bayeux (Frankreich) gilt als eines der herausragendsten Bilddokumentationen des Mittelalters. Der 1964 verstorbene Münnerstädter Künstler hatte während des 2. Weltkrieges gezeichnete Kopien von Szenen des mittlerweile zum Weltdokumenten-Erbe erhobenen Teppichs angefertigt. Im April haben nun seine Söhne Herbert und Gerhard die noch im Familienbesitz befindlichen Arbeiten sowie Aufzeichnungen und Skizzen aus Bayeux an die Stadt in der Normandie und das dortige Museum übergeben. Auf der Homepage des Museums ist nachzulesen, dass die Arbeiten Jeschkes eine wichtige Quelle für die laufenden wissenschaftlichen Untersuchungen sind, wie die wertvolle Tapisserie ab 1940 konserviert wurde.
Wegen seiner Qualifizierung als ausgebildeter Künstler wurde Herbert Jeschke 1941 von der Wehrmacht abgestellt, um in der um den Teppich von Bayeux zu kopieren. Herbert Jeschke war nach Angaben seines Sohnes Herbert 1939 als einfacher Fußsoldat zum Kriegsdienst eingezogen worden. Mitglieder der NSDAP oder der SS ist er nie gewesen.
Eine Bestandsaufnahme
In einem Zeitungsbericht aus dem Jahre 1955, der sich ebenfalls noch in Familienbesitz befindet, ist zu lesen, dass von dem Teppich eine exakte wissenschaftliche Bestandsaufnahme vorgenommen werden sollte, um eine große Monographie (umfassende Abhandlung) herauszugeben.
Der kleine Stab deutscher Fachgelehrter hat demnach den Teppich 1941 in einem Betonbunker im Keller des bischöflichen Palais, aufgespult auf eine Holzrolle, vorgefunden. Eine Skizze Jeschkes, die auch auf der Homepage des Tapisserie-Museums jetzt veröffentlicht ist, zeigt, wie Männer die historische Kostbarkeit aufgerollt aus dem Tresor holen.
Bis 1943 arbeiteten der Stab in Bayeux, in der Abtei Mondaye sowie in einem ausgelagerten Depot des Louvre - überall dort war der Teppich zeitweise eingelagert, um vor Kriegseinflüssen geschützt zu sein.
Von der Schönheit beeindruckt
Die Schönheit und Detailgenauigkeit dieses historischen Schatzes hätten das Herz seines Vaters berührt, so Herbert Jeschkes Rede bei der Übergabe der väterlichen Arbeiten in Bayeux. Sein Vater habe sich vom ersten Tag an bemüht, über seinen Auftrag hinaus ein Dokument über den Zustand und die Erhaltung des Teppichs zu schaffen.
Herbert Jeschke sen. war nach Angaben seines Sohnes so begeistert von der Arbeit gewesen, dass er begann, größere Teile des Teppichs zu malen und zwar in all seiner Feinheit bis hin zur Materialstruktur der Stickerei.
Außerdem erarbeitete der Künstler auch ein Büchlein mit Farbkarten, die den Farbton der gefärbten Wolle genau wiedergeben. Er schrieb auf, welche Wasserfarben nötig waren, um jeden Ton so zu mischen, wie er im Teppich vorzufinden ist.
Skizzen aus der Stadt
In seiner freien Zeit füllte der Künstler ein Skizzenbuch mit Ansichten von Bayeux und der Abbaye Mondaye, wo der Teppich während des Krieges zeitweise gelagert war. Das Tagebuch ist voller Wasserfarbbilder und zeigt viele Fabeltiere, mit denen der Rand des Teppichs bestickt ist.
Diese wilden Kreaturen und die aufgestickten Schilde der Krieger haben Jeschke nach Angaben seines Sohnes nachhaltig beeindruckt. In den 1950er und 1060er Jahren befasste sich der Künstler intensiv mit Heraldik .
Herbert Jeschke war 1941 und 1943 in Bayeux. 1942 wurde seine Arbeit unterbrochen, weil er den Auftrag erhalten hatte, in zwei uralten Kapellen bei Bozen, in Hoch-Eppan und St. Jacobs in Tramin, Tempera-Kopien byzantinischer Fresken zu erstellen.
Schenkung an die Stadt
Jetzt hat die Familie Jeschke diesen außergewöhnlichen Nachlass aus den Jahren 1941 und 1943 als Schenkung nach Bayeux gegeben, damit die Forschung daraus Nutzen ziehen kann. "Wir sind geehrt und unser Vater wurde sich sehr freuen, dass seine Arbeiten nun in den Besitz der Stadt Bayeux und des Museé de la Tapisserie kommen", so Herbert Jeschke in seinem Grußwort bei der Übergabe in Frankreich.
Er war dafür eigens aus den USA angereist, sein Bruder Gerhard aus Lübeck. Ihre Schwester Gertrud Jeschke konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen, freute sich aber ebenso, dass dieses künstlerische Erbe des Vaters auf diese Weise erhalten bleibt.
Die Tapisserie Er ist Teil des Weltdokumentenerbes. Das Werk erzählt auf 70 Metern Länge die Geschichte der Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wiliam den Eroberer im Jahr 1066, auch bekannt als Schlacht von Hastings. Entstanden im 11. Jahrhundert gilt der Teppich als eines der bemerkenswertesten Bilddenkmäler des Hochmittelalters. Der Teppich ist im Museum zu besichtigen und erzählt in gestickten Bildern nicht nur den Ablauf einer Schlacht, sondern auch vom Leben und der Architektur, ebenso von der Gedankenwelt dieser Zeit.
Herbert Jeschke Der Künstler wurde 1900 in Berlin geboren, studierte zuerst Chemie, ehe er sich der Kunst zuwandte.Er illustrierte ab 1927 Theaterberichte für große Zeitungen. Außerdem studierte er die Techniken alter Meister. 1944 zog Jeschke nach Maria Bildhausen, ab 1952 lebte die Familie in Münnerstadt .
Er war nach dem Krieg Zeichenlehrer im Education-Center der US-Army und danach Archivar und Heraldiker am Institut für Hochschulkunde in Würzburg. Er schuf zudem zahlreiche künstlerische Werke auch für den öffentlichen Raum. Jeschke starb 1964. Mehr über das künstlerische Wirken ist im Internet unter: http://hjeschke-art.weebly.com zu finden.