Vor 70 Jahren begann die Erfolgsgeschichte des Berufsbildungszentrum (BBZ) in Münnerstadt . Im Rahmen der Jubiläumsfeier erinnerten Schulleiter Georg Gißler und Stellvertreter Christian Zintl an den schwierigen Anfang und den nicht immer leichten Fortgang auf dem Weg zum heute so modernen Schulbetrieb.
Bevor 1953 im Deutschordensschloss ein erster schuleigener Lehrsaal entstanden ist, wurden die männlichen Landwirtschaftsschüler noch an 24 Standorten in lokalen Volksschulen im Wanderlehrsystem von drei hauptamtlichen Berufsschullehrern unterrichtet, die Mädchen von Lehrkräften der jeweiligen Volksschulen.
Leiter dieser dezentralisierten landwirtschaftlichen Berufsschule war ab 1. Januar 1954 der aus dem Sudetenland (Nordböhmen) geflüchtete Landwirt und Berufsschullehrer Otto Nickl, „der Mann, der von 1954 bis 1984 die Fäden in der Hand hielt“. Vor allem seiner Vision und Initiative sei der weitere Fortschritt zu verdanken.
1964 ging es ins große Schulgebäude
Ein Jahr später wurde ein zweiter Lehrsaal, ein Büroraum und ein Lehrmittelzimmer im Schloss bezogen (Bericht über Otto Nickl folgt). So ging es Schlag auf Schlag weiter: 1961 beschloss der Kreistag den Bau eines neuen Schulgebäudes auf dem Karlsberg, das 400 Schülerinnen und Schülern in 15 Klassen im Jahr 1964 in Betrieb nahmen.
Vier Jahre später wurde 1968 auf Nickls Vorschlag die Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Kinderpflege gegründet. Drei Jahre danach wurde die Fachschule (ab 1972 Fachakademie) für Sozialpädagogik ins Leben gerufen. Nachdem wegen des gesteigerten Ausbildungsangebots und dadurch wachsender Schülerzahlen das Schulgebäude nicht mehr ausreichte, entstand gleich daneben ein neues BBZ-Gebäude, das die Schule 1975 in Betrieb nahm.
Doch trotz der generellen Aufwärtsentwicklung wiesen die beiden Schulleiter Gißler und Zintl in ihrem Festvortrag auch auf manche Schwierigkeiten hin, mit denen man in den sieben Jahrzehnten zu kämpfen hatte: Nicht immer war aufgrund gesellschaftlicher Veränderung und vereinzelt sinkender Nachfrage die Klassenzahl garantiert oder auch das Angebot bestimmter Ausbildungswege gesichert.
Zwangsläufig mussten dann einzelne Angebote entfallen. Dafür kamen aber neue hinzu, die für eine ständige Modernisierung und andauerndes Wachstum des BBZ-Betriebs sorgten.
Umzug ins neue BBZ
Die wohl stärkste Umstellung spürten Lehrkräfte ebenso wie die Schülerinnen und Schüler nach dem Umzug vom Karlsberg in das vor zwei Jahren eröffnete, wesentlich größere Schulgebäude am Altstadtweg. Einer von ihnen ist der stellvertretende Schulleiter Christian Zintl, der die Entwicklung des BBZ seit fast 30 Jahren begleitet – zunächst ab 1994 als Lehrer, seit dem Jahr 2000 auch als Leiter der Fachakademie für Sozialpädagogik.
„Dieser lichtdurchflutete Neubau hat die Lernatmosphäre deutlich verbessert“, vergleicht er mit dem Altbau von 1975. Besonders lobt der erfahrene Lehrer die Vielfalt des Fachraumangebots und die hochmoderne Ausstattung: „Wir unterrichten ausschließlich digital“, ist Zintl begeistert. „Das BBZ Münnerstadt ist wohl die digital bestausgestattete Schule in ganz Unterfranken.“
Die Stadt Münnerstadt ist zwar nicht Sachaufwandsträger des Berufsbildungszentrums, wie Bürgermeister Michael Kastl ( CSU ) in seinem Grußwort zum Jubiläumsfestakt zugab, fühle sich aber doch als Standort der Schulfamilie zugehörig: „Die Verbindung wurde und wird immer gepflegt.
Aus Schullandschaft nicht wegzudenken
Das BBZ ist aus der Münnerstädter Schullandschaft nicht wegzudenken.“ Die Stadt sei stolz, dass das Ausbildungszentrum auch mit dem jetzigen Neubau in Münnerstadt geblieben ist. „Das war nicht selbstverständlich.“ Nicht zuletzt profitiert die Stadt auch vom BBZ, gab der Bürgermeister im späteren Gespräch mit dieser Zeitung offen zu: „Die Schülerinnen und Schüler sind alle erwachsen und sorgen in Einzelhandel und Gastronomie für Umsatz.“
Dies weiß er aus erster Hand, denn auch seine Tochter Emilia (16) sei Sozialpflege-Schülerin im neuen BBZ. Außerdem profitiert die Stadt durch Aushilfseinsätze von Praktikanten in den zwei Seniorenheimen und vier Kindergärten der Stadt. Nicht zuletzt stärkt das BBZ die Stadt, die sich als Schulstandort versteht, und deren Leitbild „Bildung-Soziales-Kultur“. „Lehrer bringen sich privat in unser Vereins- und Kulturleben ein und das BBZ beteiligt sich an städtischen Aktionen.“
Alte Gebäude heute noch genutzt
In der alten Landwirtschaftsschule von 1964 hat die Stadt heute ihre Musikschule untergebracht, im zweiten BBZ-Gebäude von 1975 hat sich inzwischen die Montessori-Schule aus Sandberg eingemietet. Kastl: „So bleibt das Gebäude wenigstens erhalten und verfällt nicht wie unser Hallenbad.“
Lesen Sie auch: