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Bad Kissingen
Mountainbike auf dem Stundenplan
Neu:In Bad Kissingen werden Lehrkräfte geschult. Welche Vorteile das für Kinder hat.
Radfahren in der Schule. Die Mädchen und Jungen habe Freude an der Bewegung und diesem ungewöhnlichen Unterricht.       -  Radfahren in der Schule. Die Mädchen und Jungen habe Freude an der Bewegung und diesem ungewöhnlichen Unterricht.
Foto: Bildrechte: Michael Kreil | Radfahren in der Schule. Die Mädchen und Jungen habe Freude an der Bewegung und diesem ungewöhnlichen Unterricht.
Marion Eckert
 |  aktualisiert: 04.12.2022 18:00 Uhr

Bad Kissingen wird die zentrale Ausbildungsstätte für bayerische Sportlehrkräfte im Unterrichtsfach Mountainbiken. Initiator ist Michael Kreil, Schulleiter an der Staatlichen Realschule in Bad Brückenau, Schulsportbeauftragter für Radsport in Bayern und Koordinator von #schoolbikers.bayern. "Das ist ein Aushängeschild in der staatlichen Lehrfortbildung in Bayern und wird den Bekanntheitsgrad der Stadt Bad Kissingen sicherlich weiter steigern", ist Kreil überzeugt.

Der erste Lehrgang findet von 24.bis 28. Oktober im Heiligenhof statt. 30 Sportlehrkräfte verschiedener Schularten aus ganz Bayern erwerben die Berechtigung, mit ihren Schülern und Schülerinnen im Unterricht Mountainbiken zu dürfen. Fahrradunterricht in der Schule dürfen in der Regel in allen Bundesländern ausschließlich Lehrkräfte mit Zusatzqualifikation erteilen.

Deutschlandweiter Standard

Das Ausbildungskonzept hat Kreil mit seinem Team entwickelt, es gilt deutschlandweit als der Standard für die Weiterbildung von Sportlerinnen und Sportlehrern . Künftig sollen jährlich zwei solcher Kurse am Heiligenhof stattfinden. "Wir können im Jahr 60 Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Die Nachfrage ist groß, jeder Lehrgang ist doppelt überzeichnet", so Kreil. "Zahlreiche Schulen wollen sich dem Netzwerk anschließen und ebenfalls Fahrradunterricht anbieten. Zudem müssen wegen Versetzungen oder Ruhestand immer wieder Schoolbikers-Lehrkräfte nachbesetzt werden. Leider mangelt es stark an dafür ausgebildeten Lehrkräften."

Forderungen

Kreil fordert die Aufnahme einer Radfahrausbildung für Lehramtsstudierende als Pflichtteil in die Sportlehrer- und Sportlehrerinnenausbildung flächendeckend an den Universitäten einzuführen. "Mit Blick auf den Klimawandel ist es schwer zu verstehen, dass in der Sportausbildung eine Fahrradausbildung derzeit nicht zu finden ist." Ausnahmen hierzu bilden die Deutsche Sporthochschule in Köln und die Universitäten Würzburg, Erlangen und Augsburg. "Wir brauchen einen Strukturwandel, damit Bayern und Deutschland Fahrradland Nr. 1 werden." Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat Kreil eine Petition im bayerischen Landtag eingereicht, die vom Bildungsausschuss aufgenommen und derzeit weiterführend bearbeitet wird.

Nationaler Radverkehrsplan

Gemäß dem Leitziel des "Nationalen Radverkehrsplans 3.0" des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur soll im Jahr 2030 "das Fahrrad selbstverständliches Verkehrsmittel im Alltag und der Freizeit in allen gesellschaftlichen Milieus, in der Stadt und auf dem Land, bei Jung und Alt" sein. Um dies zu realisieren, müsse die Mobilitätsbildung an Schulen und in allen Jahrgangsstufen ansetzen. Natürlich sei der Ausbau der Infrastruktur notwendig, aber auch die Ausbildung von Lehrkräften. Kreil moniert: "In Bayern geht es oft nur um Infrastruktur. Radwegebau ist wichtig, doch wo bleibt die Ausbildung?" Wünschenswert wäre, dass Radfahren in Schulen vor allem in der 5. und 6. Jahrgangsstufe genauso wie die Jugendverkehrsschule mit der Fahrradprüfung in der Grundschule einen offiziellen Charakter bekomme. "Das sei eine politische Entscheidung. Wir wären soweit, wir haben alles vorliegen, Unterrichtsmaterial und auch Ausbildungsinhalte."

Was wird gelehrt?

Die Qualifizierung soll den Lehrkräften methodische Tipps für einen vorausschauenden, verantwortungsvollen Umgang mit den besonderen Risiken und Gefahren beim Mountainbiken vermitteln.

Umweltschonendes Verhalten

Es geht um Aufsichts-, Sorgfalts- und Fürsorgepflicht, vermittelt werden Kenntnisse über das Fahrrad als technisches Sportgerät sowie Methoden wie Fahrtechniken erlernt und verbessert werden können. Checklisten zur Rad- und Ausrüstungskontrolle, genaue Anleitungen zum Fahren in der Gruppe, dem Überqueren von vielbefahrenen Straßen und ein Notfallmanagement gehören zu den Unterrichtsmaterialien. Auch die Planung von Touren und Schullandheimaufenthalten gehören in das Ausbildungskonzept. Im Mittelpunkt all dessen steht umweltschonendes Verhalten mit dem Mountainbike im Wald sowie rücksichtsvolles Verhalten gegenüber Wanderern

Michael Kreil und seine Mitstreiter an bayerischen Schulen möchten so viele Schülerinnen und Schüler wie nur irgendwie möglich auf Fahrräder bringen. Am besten gleich ab der dritten Klasse.

Bewegungsmangel

Kreil verweist auf Studien, die besagen, dass Schülerinnen und Schüler immer weniger und immer schlechter Fahrrad fahren als noch vor zehn Jahren. "Das Fahrrad ist ideal im Kampf gegen Bewegungsmangel verstärkt durch die zunehmende Digitalisierung, in der Schule wie auch in der Freizeit." Radfahren im Unterricht sei aber deutlich mehr als eine Auszeit vom Klassenraum. Kreil bezeichnet es als: "Mobilitätserziehung" und "Gesundheitserziehung". "Mountainbiken in der Schule ist mehr als nur im Gelände Fahrrad fahren." Radfahren sei aktive Umweltbildung, trage zum Klimaschutz, zu Inklusion und Integration bei. Es sei fächerübergreifender Unterricht, indem Technikverständnis und soziale Kompetenzen vermittelt werden. Zudem ziehe eine Schule mit einem Rad-Mobilitätskonzept meist eine Verbesserung der Radinfrastruktur im Schulumfeld nach sich.

Nicht vergessen werden dürfe das soziale Engagement der Schoolbikers für nachhaltige Entwicklungshilfe. Um die Mobilität von Schulkindern in Afrika zu steigern, wurden von den Schoolbikers inzwischen weit über 100.000 Euro für Buffalo-Fahrräder der Organisation World Bicycle Relief gespendet.

Derzeit finde Verkehrserziehung in der vierten Klasse im Rahmen des Fahrradführerscheins statt und beginne erst wieder, wenn Jugendliche einen Führerschein für ein Mofa oder noch später den Kfz-Führerschein erwerben möchten. "Das ist viel zu wenig", befindet Kreil. "Gerade in der fünften und sechsten Jahrgangsstufe passieren zu viele Unfälle mit unsicheren Kindern im Straßenverkehr. Unser Ziel ist es, Bad Kissingen als Ausbildungsstandort dauerhaft zu etablieren und den Landkreis zu einer Modellregion für Radfahren an Schulen auszubauen."

Zur Person

Michael Kreil: Ein Kämpfer mit Leidenschaft - für Radfahren an Schulen Michael Kreil brennt für das Thema Mountainbiken und das seit fast 25 Jahren. 1998 kam der damalige Junglehrer bei einem Schullandheimaufenthalt in Rappershausen erstmals mit dem Thema "Mountainbiken in der Schule" in Kontakt. "Ich war zwar Radl-affin und im Gelände fahren machte mir Spaß, aber ich hatte keine Ahnung, was ich mit der Klasse eine Woche dort machen sollte." Zufällig bekam er Kontakt zu Herbert Übelacker, er gilt als "Mann der ersten Stunde", der das Mountainbike in die bayerischen Schulen brachte.

Kreil erfuhr große Unterstützung, erarbeitete selbst Wochenpläne für einen Schullandheimaufenthalt mit dem Schwerpunkt Radfahren und wichtigen Informationen zum Thema Sicherheit. Ein Kontakt zur Arbeitsgemeinschaft "Sport und Gesundheit" des Schullandheims wurde hergestellt.

Keimzelle des Engagements

Diesen Schullandheimaufenthalt in Rappershausen sieht Kreil als Keimzelle seines weiteren Engagements und der gesamten Entwicklung des Radsports an Schulen, nicht nur in Bayern, sondern inzwischen bundesweit.

In den folgenden Jahren entwickelte Kreil mit einer Gruppe ebenfalls engagierter Lehrkräfte eine Vielzahl an Schulungs- und Unterrichtsmaterial, das heute als bundesweiter Standard gilt. Gemeinsam mit der Kommunalen Unfallversicherung Bayern wurde ein Leitfaden für die Lehrer- und Lehrerinnen-Ausbildung erarbeitet. "Aus der Praxis für die Praxis haben wir die Themen entwickelt: Sicherheit, Streckenführung, Unfallschutz, Verkehrserziehung, Umweltschutz."

Ehemals handschriftlich zusammengetragene Unterrichtsentwürfe hat Kreil digitalisiert und zeitgemäßes Unterrichtsmaterial erstellt. Immer wieder war er in Rappershausen, baute mit Schülern Strecken ins Gelände, übernahm Ausbildungen und leitete Lehrgänge für Lehrkräfte.

"Ich war sicherlich, in Summe gesehen, ein Jahr meines Lebens im Schullandheim in Rappershausen." Immer größer wurde das Interesse anderer Schulen. Der Beratungs- und Ausbildungsbedarf stieg.

2005 wurden erste interne Rennen ausgetragen, schnell weitete sich das Feld der internen Schulsportwettbewerbe und Schulen traten gegeneinander an. Heute werden Landes- und Deutsche Schülermeisterschaften sowie Wettbewerbe im Rahmen von Jugend trainiert für Olympia ausgetragen.

2007 wurde der Bikepool-Bayern von Seiten des Kultusministeriums gegründet. Es entstanden weitere Kooperationen und Stützpunktschulen wurden ausgewiesen.

600 Lehrkräfte ausgebildet

Gleichzeitig wurde die Mountainbike-Ausbildung des bayerischen Kultusministeriums ausgeweitet, Kreil habe als Lehrteamleiter seitdem gut 600 Lehrkräfte ausgebildet. Das Projekt Bikepool-Bayern gibt es nicht mehr. Heute nennt sich die Bewegung "Schoolbikers". Die Schoolbikers sind der schulische Zweig von AKTIONfahrRAD. Kreils Engagement in diesem Bereich blieb auf der Ehrenamtsebene. Von 600 bis 800 ehrenamtlichen Stunden im Jahr spricht er. Motoren für die Schoolbikers seien engagierte und begeisterte Lehrkräfte. "Wir sind eine Selbsthilfegruppe und haben es von einer Nischensportart unter die Top Ten im Schulsport gebracht. Aus dem Nichts heraus wurde alles entwickelt." Jetzt gibt es in 14 Bundesländern an 233 Standorten Schoolbikers. Bayern ist mit 146 Schulen Spitzenreiter und der Landkreis Bad Kissingen mit acht Schulen an erster Stelle, und zwar in Bad Kissingen , Bad Brückenau, Hammelburg und Münnerstadt.

 
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