Es geht um knapp zwei Hektar, also ungefähr um eine Fläche in der Größe von zwei Fußballfeldern. Das ist einerseits viel, denn bisher kannten die Förster in der Rhön es nicht, dass flächendeckend Bäume sterben. Andererseits ist das wenig beim Blick auf andere Regionen in Deutschland und Europa, wo das Waldsterben als Folge der Trockenheit deutlich gravierender zu beobachten ist.
"Es ist erschreckend, wie schnell der Sterbeprozess geht", sagt Philipp Bausch. Der stellvertretende Leiter des Forstbetriebs Bad Brückenau der bayerischen Staatsforsten steigt gemeinsam mit seinen Kollegen vom Hessen Forst den Waldweg zur Mottener Haube hinauf. Unten stehen die Buchen noch in saftigem Grün, doch am Aussichtsturm angekommen, eröffnet sich ein trauriger Anblick: Auf etwa 0,6 Hektar auf bayerischer Seite und ungefähr 1,2 Hektar in Hessen ragen tote Buchen in den Himmel. Sie sind vertrocknet.
Etwa 200 Bäume werden gefällt werden müssen, schätzen die Forstleute. Die Mottener Haube, die zu einem der beliebtesten Ausflugsziele der Region zählt, wird danach anders aussehen. Sogar Trauungen gibt es hier oben auf dem Turm, erzählt Ute Becker (WG Motten ), Zweite Bürgermeisterin. Der Gemeindewald ist übrigens nicht vom Sterben betroffen. Hier wächst vor allem Bergahorn, der bisher der Trockenheit standhält.
Folge des heißen Sommers 2018
"Der letzte trockene Sommer war sicherlich der Initiator für dieses Szenario", sagt David Nöllenheidt, Leiter des Forstamts Fulda. Buchen, so sagt er, reagierten erst ein Jahr später auf die Dürre. Dieser Sommer fiel nicht so heiß aus wie im Jahr 2018, geregnet hat es aber auch heuer viel zu wenig. Der Boden ist flachgründig auf der Mottener Haube. Die Bäume hatten keine Chance, Wasser aus der Tiefe zu ziehen.
Ab sofort sind alle Wanderwege hinauf zur Mottener Haube gesperrt. Die Haubentour und die Extra-Tour Mottener sind betroffen. Zu groß ist die Gefahr, dass dürre Äste oder ganze Baumkronen auf Wanderer herabstürzen. Im September noch werden Waldarbeiter Baum für Baum fällen. Der Einsatz ist nicht ganz ungefährlich, das Gelände fällt steil ab. Vermutlich werden die Arbeiter die Stämme ansägen und mit Metallseilen in die Richtung ziehen, in die die Bäume fallen sollen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass der Aussichtsturm nicht aus Versehen in Mitleidenschaft gezogen wird.
"Wir hoffen, dass die Wanderwege nicht so lange gesperrt sind", sagt Hugo Reusch. Das Ausflugsziel auf der Mottener Haube ist nämlich auch das Ergebnis einer nachbarschaftlichen Zusammenarbeit der Gemeinden Motten und Kalbach. Dort sitzt Reusch in der Gemeindevertretung, er gehört auch zum Heimatverein.
Wald der Zukunft: Mehr Arten, unterschiedliches Alter
Reusch erinnert sich, dass die Mottener Haube sogar dem Orkan "Kyrill" getrotzt hat, der im Januar 2007 über das Land fegte. Doch gegen den Klimawandel kommen die Bäume nicht an, zumindest nicht, wenn zu wenig Erde unter ihren Wurzeln liegt. Verdienen kann der Forstbetrieb Bad Brückenau mit den Bäumen kaum etwas, denn europaweit ist gerade massenhaft Holz auf dem Markt. "Es ist leider kein regionales Problem, sondern ein europaweites", erklärt Bausch die Auswirkungen des Klimawandels.
Deshalb setzen die Förster mittlerweile wieder auf eine naturnahe Bewirtschaftung des Waldes. Die Strategie sei, verschiedene Arten zu pflanzen, die auch von ihrem Alter her gemischt sind, ergänzt er. An der Mottener Haube ist der Wald etwa 170 Jahre alt. Es wird dauern, bis dort wieder Bäume stehen.