Kann jemand zu gut in dem sein, was er tut? Bei Mohammad Shadab scheint dies der Fall zu sein. Der 27-Jährige ist in seiner Gewichtsklasse einer der besten Boxer in Deutschland – und bekommt daher keine Gegner vor die Fäuste. Es muss schließlich leistungsmäßig passen im Ring in diesem ebenso harten wie ehrlichen Sport. Seinen letzten Kampf bestritt der Bad Kissinger Ende 2023 bei den Deutschen Meisterschaften. Zu Bronze reichte es da für Shadab, der im Jahr 2022 sogar den nationalen Titel an die Fränkische Saale lotste, damit weit über die Stadtgrenzen hinaus für Schlagzeilen sorgte.
Die erhofften Top-Kämpfe hätte der gelernte Alten- und Krankenpfleger bei der Caritas eigentlich wieder in der Box-Bundesliga bestreiten sollen. Im Trikot des MBR Hamm, der sich erneut die Dienste des Mittelgewichtlers gesichert hatte. Nur mit dem Unterschied, dass der Märkische Box-Ring den Unterfranken in dieser Saison kein einziges Mal einsetzte, stattdessen zwei Kämpfern aus dem eigenen „Stall“ den Vortritt gab.
„Mir blieben daher letztlich nur einige Sparring-Kämpfe, weil bei anderen geplanten Veranstaltungen kein adäquater Gegner zur Verfügung stand. Außerdem haben mich einige Verletzungen ausgebremst“, sagt der gebürtige Afghane, der nach einer abenteuerlichen Reise im Jahr 2016 als Flüchtling nach Deutschland und zum TSV Bad Kissingen kam.
Ein Musterbeispiel für gelungene Integration
Gefördert von Box-Trainer Edgar Feuchter, startete Shadab im Sportverein seine außergewöhnliche Karriere und wurde dank hoher Eigenmotivation zu einem Musterbeispiel für gelungene Integration, inklusive einer beeindruckenden Kenntnis der deutschen Sprache . Unlängst war der 27-Jährige sogar einer der Protagonisten für die Kampagne „Und Du?“. Diese Initiative der Stadt Bad Kissingen möchte ermutigen, „am Arbeitsplatz, in der Kita, der Schule, im Verein und natürlich im gesellschaftlichen Leben gemeinsam ins Gespräch zu kommen – für mehr Miteinander in der Stadt“, wie es in der Werbebotschaft heißt.
Deutscher Meister ist Mohammad Shadab also und mittlerweile auch eine Art sportlicher Botschafter der Weltkulturerbestadt. Was dem Vorzeige-Sportler zu seinem persönlichen Glück noch fehlt, ist der deutsche Pass. Im März hatte der 27-Jährige online einen Antrag ausgefüllt und wartet nun auf die Rückmeldung der Ausländerbehörde . „Ich denke, dass ich alle Voraussetzungen erfüllt habe.“
Über einen sogenannten „Quick-Check-Up“ kann eine interessierte Person unverbindlich prüfen, ob sie die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt. Das Einbürgerungsverfahren selbst wird erst mit Einreichung des Antrags samt Unterlagen bei der Staatsangehörigkeitsbehörde eingeleitet. Aus dem Landratsamt Bad Kissingen wurde zum Prozedere mitgeteilt: „Eine Prüfung zum Beispiel der Sprachkenntnisse wird in der Staatsangehörigkeitsbehörde nicht durchgeführt. Den Einbürgerungstest und auch das Sprachzertifikat B1 sollte man bereits vor Antragstellung bei einem hierfür zertifizierten Kursanbieter abgelegt haben. Anstelle des Einbürgerungstests kann auch der sogenannte Test ‚Leben in Deutschland‘ nachgewiesen werden. Alternativ sind aber auch die Vorlage eines erfolgreichen deutschen Schulabschlusses oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung als ausreichend anzuerkennen.“
Ein Wiedersehen mit der Familie nach 13 Jahren
Unlängst konnte Shadab seine in Kabul lebenden Eltern und den jüngeren Bruder – nach 13 Jahren (!) – im Iran nur deshalb wiedersehen, weil dort ein Onkel lebt und eine Einreise mit seinem afghanischen Pass möglich war. „Damit könnte ich in viele Länder reisen, aber zum Beispiel nicht nach England. Mit einem deutschen Pass ginge das problemlos.“
Dass Mohammad Shadab auf seiner Reise in den Iran ausgerechnet am Flughafen in Dubai einen Arzt aus London kennenlernte mit erstklassigen Verbindungen in den Profi-Boxsport ist eine weitere unerwartete Wendung im Leben des 27-Jährigen. „Der wurde auf mein Tattoo mit Boxhandschuhen auf meinem Unterarm aufmerksam, so kamen wir ins Gespräch. Wir haben die Telefonnummern ausgetauscht und er hat mich zu sich eingeladen.“

Beim TSV Bad Kissingen trainiert Mohammad Shadab weiter. Und hofft auf einen Kampf gegen einen ebenbürtigen Gegner bei der Boxnacht am 2. November in der Bayernhalle. Sollte sich aber eine Chance auf den Einstieg in den Profi-Boxsport bieten, will der 27-Jährige diese nutzen. „Eine solche Chance darf man sich nicht entgehen lassen. Und ich traue mir das zu.“
Ob der Bad Kissinger dann schon über einen deutschen Pass verfügt, ist durchaus möglich, auch wenn die Behörde „aufgrund der hohen Nachfrage keinen genauen Zeitrahmen nennen kann“. Die Wartezeiten hinsichtlich der Entscheidung einer Einbürgerung seien insgesamt abhängig von der vorliegenden Fallkonstellation und der vorgelegten Nachweise. Wartezeiten seien aufgrund des sehr hohen Antragsaufkommens im letzten halben Jahr immens gestiegen.
