
Wer mit Fasching und Fastnacht nichts anfangen kann, oder wer einfach mal wieder guter, handgemachter Jazzmusik lauschen wollte, der fand am Samstag, 1. März 2025, im Bismarck’s Basement ein brillantes Alternativprogramm.
Roberto Bossard kam mit seiner Combo, der New Group, aus der Schweiz angereist, um ein Gastspiel in dem urigen Jazzkeller in der Oberen Saline zu geben.
Das gekonnte Handwerk der Musiker und die Kunst des Jazzquintetts lediglich als Alternativprogramm zu bezeichnen, wäre natürlich infam und wird dem herausragenden, besonderen Charakter der Musiker nicht im geringsten gerecht. Denn die Roberto Bossard New Group bot Modern Jazz in seiner besten und reinsten Form.
Lange Karriere
Roberto Bossard blickt auf eine lange Karriere im Jazz zurück. Er entspringt einer durch und durch musikalischen Familie. Seit den frühen 1980er Jahren steht die Gitarre ganz im Zentrum seines Schaffens. Über 40 Jahre lang war er Dozent für Jazzgitarre und -Ensemble an der Musikhochschule Luzern, kam im Laufe dieses langen, musikalischen Lebens mit unzähligen Jazzmusikern zusammen und spielte in zahlreichen Combos.
Bossards derzeitige New Group, die nun zum ersten Mal in Bad Kissingen gastierte, gab einen Hinweis darauf. Eine frühe Roberto Bossard Group jazzte bereits vor vielen Jahren über schweizerische Bühnen.
Die New Group ist aber nicht einfach nur eine neue Zusammensetzung einer Musikgruppe, sie hat sich dem Modern Jazz verschrieben, also jener seinerzeit neuen Spielart des Jazz, die sich in den 1950er Jahren an die Swing- und BigBand-Musik anschloss, sehr viel experimenteller und mit einer komplexen Harmonik daherkam und schließlich später den Weg in den Free Jazz bereitete. Die wesentlich größere Klangdynamik und die Abstraktheit, ohne dabei den noch klar hervorgehobenen melodischen Charakter zu verlieren, machen das Spiel der Roberto Bossard New Group und ihre Hinwendung zum Modern Jazz aus.
Fein und gefühlvoll
Und all das hört und spürt man bereits mit den ersten Klängen. Die fünfköpfige Combo spielt fein und gefühlvoll, bleibt dabei aber gänzlich unaufgeregt und cool. Diese Coolness der einzelnen Musiker zieht sich durch den ganzen Abend. Keine große Show, keine schrillen Einlagen, keine Effekthascherei, sondern einfach nur Musik, die in ihrer Tiefe und Abgeklärtheit für sich selbst spricht.
Jedes Instrument spielt in seiner eigenen Welt, macht sein eigenes Ding, mal dominanter wie bei den zahlreichen grandiosen Solos, mal zurückhaltender. Und doch kommt schließlich alles in großartiger Harmonie zusammen.
Coolness
Den Musikern ist ihre Leidenschaft zur Musik anzumerken. Sie spielen nicht fürs Publikum, sie spielen für den Moment. Und jeder Moment sitzt, jede einzelne Note hat ihren berechtigten Platz und fügt sich harmonisch in ein Gesamtbild ein. Über allem schwebt wieder diese Coolness, diese buchstäbliche Unaufgeregtheit.
Auffällig, wie bedächtig jeder der Musiker beinahe schuljungenhaft vor jeder neuen Nummer seine Notenblätter ordentlich auf dem Notenständer sortiert, nur um die Noten während des Spiels nicht eines Blickes mehr zu würdigen. Während der Stücke wird jedes Mal aufs Neue klar: Noten sind in der New Group völlig überflüssig, Papierverschwendung.
Die Musiker haben eine Verbindung zueinander gefunden, die sich dem Zuhörer zuerst nicht erschließt, aber in seiner Gesamtheit schließlich zur völligen Entfaltung kommt.
Stil perfektioniert
Roberto Bossard hat diesen Stil über die Jahre perfektioniert, so sind es weitgehend seine Eigenkreationen oder Adaptionen aus seiner Feder, die seine New Group zum Besten gibt. Dazu kommt seine ganz persönliche Note in Form seines Gitarrenspiels mit der Gibson ES 5 E-Gitarre aus dem Jahr 1949, welches sich wie ein warmer Klangteppich über alles legt.
Die Combo
Ebenso sorgfältig kuratiert hat er die Besetzung seiner Combo. Am Piano spielt Lukas Gernet, der mit seinem technisch ausgereiften, unaufdringlichen und doch prägnanten Klavierspiel überzeugte. Roberto Bossards Sohn Raffaele spielte am Bass und sorgte mit den tiefen Rhythmen seines Instruments für die passende Untermalung im Hintergrund.
Der einzige Nichtschweizer, Toni Bechtold aus Heidenheim an der Brenz, begeisterte mit kühlem, klaren Sound am Saxofon und bot somit den harmonischen Gegenpart zu Bossards warmer E-Gitarre.
Am Schlagzeug begleitete nicht, wie vorgesehen, Dominic Egli, der für diese Konzertreise leider verhindert war. Die Drums übernahm Bossards guter Kollege und Freund, der Schlagzeuger und Komponist Elmar Frey. Bossard unterschlug es dabei zu erwähnen, dass es sich bei Frey um einen der begnadetsten Schweizer Jazzer handelt, der regelmäßig mit den Weltstars des Genres auf der Bühne steht. Aber ein solches Understatement aller Beteiligten machte ja nun mal diesen Abend aus.
Nächstes Konzert
Und so ging der Abend auch zu Ende, in Coolness, in völliger Harmonie, in Rhythmen und Melodiefolgen, die mal schneller und technisch ausgefeilter, mal langsamer und gefühlvoller daherkamen, aber immer durch Understatement, einer gewissen Kühle und Gelassenheit und der Freude am Klang und am Moment geprägt waren.
Und man kann wohl mit Recht behaupten, in diesem herausragenden Jazzabend den absolut passenden, angenehm bodenständigen Kontrast zur grell-schreienden Karnevalszeit, oder vielleicht sogar zu all dem anderen Wahnsinn, der das Weltgeschehen derzeit dominiert, gefunden zu haben.
Das nächste Konzert im Bismarck’s Basement wird am 26. April mit Leonida stattfinden.




