Im Sommer startete das Staatsinstitut für Frühpädagogik seinen vom Freistaat Bayern finanzierten und auf drei Jahre begrenzten Modellversuch "Medienkompetenz in der Frühpädagogik stärken". Landesweit wurden Erzieherinnen von hundert ausgewählten Kindertagesstätten inhaltlich vorbereitet. Jede dieser Kitas wurde mit fünf Tablets, Beamer, Leinwand, Mikrofon und Drucker ausgestattet. Während der Versuchsdauer werden die Kitas von Mediencoaches begleitet. Seit etwa zwei Wochen läuft die praktische Umsetzung. In Bad Kissingen beteiligen sich der Garitzer Kindergarten "Am See" und die Kita "Kleine Strolche" am Projekt.
Medienkompetenz ist heute unabdingbar, um am politischen, kulturellen und sozialen Leben in unserer Informationsgesellschaft teilhaben zu können, heißt es im bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan, der als Richtlinie für Kindertagesstätten gilt. Doch gehören Computer, Tablet und Smartphone wirklich schon in Kinderhand? Diese Frage stellen sich nicht nur viele Eltern , sondern auch Pädagogen an Grundschulen und in Kindertagesstätten . "Man muss im Kindergarten anfangen, denn in der Schule ist es zu spät", ist Susanne Kleinhenz, Leiterin des Garizer Kindergartens "Am See", fest überzeugt. Sie gehört dem Praxisbeirat des Münchner Staatsinstituts an und hat an der Vorbereitung des Modellversuchs beratend mitgewirkt. "Es ist wichtig, den Kindern frühzeitig den kritischen und sinnvollen Umgang mit den Medien beizubringen." Auf Vorbehalte bei den Kita-Eltern stieß Kleinhenz kaum, da der Garitzer Kindergarten schon seit Längerem "führend im Bereich Computer" ist. Dennoch wurden alle Eltern frühzeitig in den Modellversuch eingebunden, denn ein wichtiges Ziel des Projekts ist es auch, "daheim die Medienpädagogik der Kita anzuwenden".
Mehr als nur ein Spielzeug
Auch bei den "Kleinen Strolchen" in Winkels haben anfangs zögerliche Eltern ihre Besorgnis längst überwunden, bestätigt Leiterin Andrea Böhm. Sogar sie selbst war zunächst noch unsicher, doch in Gesprächen mit Kolleginnen und Eltern wurde sie darin bestärkt, sich mit dem Kindergarten am Modellversuch zu beteiligen. "Wir kommen nicht an den digitalen Medien vorbei", war die allgemeine Ansicht. Hatten bisher die Kleinen daheim das Tablet der Eltern eher nur zum Spielen genutzt, lernen sie jetzt in der Kita den aktiven und kreativen Einsatz des Mediums als eine Art Werkzeug, dessen Nutzung sogar nach Böhms Überzeugung die Motorik und individuelle Kompetenz der Kleinen sowie in der Zusammenarbeit an einem Projekt die Kommunikations- und Toleranzfähigkeit fördert.
Momentan wird in Winkels mit der Trickfilmbox gearbeitet. Mit selbstgemalten und ausgeschnittenen Figuren stellen sie die zuvor mit Erzieherin Kerstin Hubert besprochene Weihnachtsgeschichte szenisch nach und entwickeln so einen kurzen Film. "Wir sind momentan noch in der Probierphase", meint Böhm dazu, denn auch die Erzieherinnen müssen sich in die Nutzung der vielfältigen Möglichkeiten einarbeiten. "Das ist auch für uns eine Fortbildung."
In beiden Kitas gibt es keine strikte Altersbeschränkung im Umgang mit digitalen Medien. Böhm: "Wer mitmachen will, darf mitmachen." Während die Kleinsten oft noch staunend zuschauen, dürfen die Älteren schon mal selbstständig mit dem Tablet aktiv arbeiten, ein Rezeptbuch erstellen oder mit selbst gemachten Fotos ein Poster gestalten.
Wichtig für Susanne Kleinhenz ist, dass ein Tablet nicht zur Hauptsache im Alltag wird, sondern zu einer hilfreichen Nebensache: "Bei uns liegt es auch manchmal ungenutzt herum." Die Kinder sollen merken, dass digitale Medien nicht das Wichtigste im Leben sind, sondern "dass man sie nutzt, wenn man sie braucht".