
Unter der Handvoll Theatergruppen in unserem Landkreis haben sie sich, nicht nur aufgrund ihrer langen Tradition, einen besonderen Platz erspielt. Eine beachtliche Schar an Fans reist ihnen nach, wenn sie nicht vor heimischer Kulisse in Katzenbach spielen. Es war ein Unentschieden zwischen Kurgästen und Fans bei der ersten von zwei Aufführungen des Schwanks "Die Gedächtnislücke" von Bernd Gombold im vollbesetzten Kursaal von Bad Bocklet .
Noch einiges mehr zeichnet die "Katzemicher", wie es umgangssprachlich heißt, im 38. Jahr ihres Bestehens aus: Spielfreude, die überspringt, Stücke, die ankommen, die richtige Dosierung Mundart und beachtliches schauspielerisches Können. Diesmal also eine Gedächtnislücke. Die Komödie ist vielleicht nicht der größte Wurf der Theaterliteratur, denn das ländliche Leben wird wieder einmal auf die Schippe genommen. Neu ist das nicht. Zielscheibe des Spottes ist die Obrigkeit. Anklänge findet Gombold in seinem (Haupt)Beruf als - tatsächlich - Ortsvorsteher. Aber der Schwank hat Tempo, Witz, schräge Typen und Situationskomik. Das ist schon mal was. Der "schreibende Bürgermeister" passt auch irgendwie zu den Katzenbachern. Es ist nicht sein erstes Stück, das in Burkardroths kleinem Ortsteil mit großem Erfolg aufgeführt wird.
Hommage an die 80er Jahre
Es wird noch mit "echter Deutscher Mark" bezahlt, da ist schon klar, so ganz neu kann das Stück nicht sein. Aber auch hier findet man die richtige Lösung. Es wird nicht von oben herab zurück auf das vermeintlich goldene Jahrzehnt geblickt, nein, man hat alles so verortet, wie es in der Erinnerung damals war: Die Amtsstube des "Herrn Ortsvorstehers" Franz - mit Temperamentsausbrüchen gespielt von Ewald Metz. Das Kreuz hängt über der Tür, es gibt ein grünes Schnurtelefon, Leitzordner, mechanischer Stempel, Grünpflanzen. Mehr braucht es nicht als Kulisse.
Die Sekretärin, kokett Sabrina Metz, hämmert hörbar Korrespondenz in die Tasten der Triumpf-Adler Schreibmaschine und Norbert Halbig - als unverzichtbar, umtriebiger Amtsdiener sind allgegenwärtig. Ladenbesitzerin Emma von nebenan - Katrin Kirchner weiß alles, versteht nichts - ist ebenso Dauergast im Amtszimmer wie das zugezogene Ehepaar Ludwiga und Heinz-Harald. Angela Geis und Peter Hartmann geben die nervigen Zeitgenossen, die ländliche Ruhe für sich und ihr Schoßhündchen suchen, sich vom Glockengeläut, den Proben der Blasmusik und dem krähenden Hahn des Musikvereinsvorsitzenden Anton (Friedmar Metz) gestört fühlen und sich beim Ortsvorsteher permanent beschweren.
Immer wieder verwirren weitere, spezielle Typen den gestressten Amtsinhaber: Helene, die treusorgende Ehefrau des Amtsinhabers (Beatrix Kirchner rennt die Bühne rauf und runter), Rosalinde, (Julia Voll) die die große Liebe sucht und vermeintlich bei Gottlieb findet, den Florian Baier lispelt.
Dem Rathauschef wird alles zu viel, er will deshalb kurzerhand "Viechzeuch", Geläut und Musikproben abschaffen, kriegt bei der Räumaktion aber den Glockenklöppel auf den Kopf und kann sich daraufhin - "ich hob dir sou einen Kopfwerddich" - nicht mehr an die letzten fünf Jahre erinnern.
Sympathischer Dialekt
So gut, so verwirrend, so lustig die Geschichte. Da darf's dann auch mal zweideutig deftig sein, im Dialekt wirken Anzüglichkeiten milder. Es darf also geredet werden, wie dem Rhöner der Schnabel gewachsen ist. Und so laufen alle, wirklich ausnahmslos alle, in ihrer Muttersprache zu großer Form auf, wenn der Bürgermeister um Ruhe bittet und seiner Frau zuruft: "dos gilt a für dir" und sie zurückkeift: "dos geit Rache".
Unschlagbar dabei: Amtsdiener Sepp, als schlitzohriges Original. Eine Mischung aus Pedell, oder "Hausgöiger", wie man rund um Burkardroth sagt und liebenswert schrulligem Befehlsempfänger.
Der Katzenbacher Hans Moser
Eigentlich ist das ganze Stück auf den Sepp zugeschnitten. Eine Paraderolle also für jeden Schauspieler. Norbert Halbig spielt sie in einer Mischung aus dem Amtsboten der Fernsehreihe "Hannes und der Bürgermeister", wenn er auf die Frage, wieviel ist sieben mal sieben, antwortet "ich kumm auf 35" und den hinterhältig witzigen Gemeinheiten eines Hans Moser , wenn er seinen Chef umgarnt: "wos ich scho alles für dir getuen hob". Szenenapplaus, wenn er seine unvermeidliche Kappe verzweifelt ratsuchend auf dem Kopf dreht, Jubelstürme besonders für ihn beim Schlussapplaus.
Von Kurgästen war zu hören: Sind doch ganz sympathisch, die (Vor)rhöner: Da paart sich Bodenständigkeit mit herbem Charme. Man muss die Leute nur so nehmen, wie sie sind. Die Katzenbacher als Botschafter der Rhön! Weiter so!