
Radfahrer sind in der Rhön nichts Ungewöhnliches. Aber Radler, die einen 368 Jahre alten Wallfahrtsweg abfahren, sieht man nicht alle Tage. Im Namen der Würzburger Wallleut' waren Michael Weilnhammer, Rudolf Winterbauer, Andreas Baumgartner und Alfred Baumgartner vorab mit dem Fahrrad auf dem Wallfahrtsweg unterwegs zum Kreuzberg.
Seit 1647 führt die Fußwallfahrt der Bruderschaft zum Heiligen Kreuz Würzburg jährlich vom 20. bis 24. August zum heiligen Berg der Franken. Die Wallfahrt steht heuer unter dem Leitwort „Auf dem Weg mit Leib und Seele“.
Für die Verantwortlichen um Präfektin Barbara Schebler und Wallfahrtsleiter Heribert Bulla bedeutet die Wallfahrt viel Organisationsarbeit, Verantwortung und Engagement. Die Wallfahrt ist eine Großveranstaltung auf einer 173 Kilometer langen Strecke – eine Demonstration für den Glauben. Viele Rädchen müssen ineinander greifen, damit am Ende alles rund läuft. Die Wallfahrer bemerken von den intensiven, zeitaufwändigen und manchmal auch recht anstrengenden Arbeiten im Hintergrund nicht viel. Genauso soll es auch sein: „Die Gläubigen“, so Bulla, „sollen sich auf die spirituellen Impulse, den Sinn und Inhalt der Wallfahrt konzentrieren und sich auf die Organisation verlassen können“.
Die Wallfahrt beschäftigt sie das ganze Jahr. Die Hauptlast der Organisation liegt auf den Schultern von Wallfahrtsleiter Heribert Bulla, Wallfahrtssekretär und Quartiermeister Hubert Hornung sowie Verkehrslenker Michael Weilnhammer. Sie halten Kontakt zu den Verantwortlichen entlang der Strecke, besonders zu den Wallfahrtsleitern der Nachtquartiere in Euerdorf, am Kreuzberg, in Burkardroth, Arnstein und zu den zuständigen Fachbehörden. Sie sorgen für die technische Ausrüstung, organisieren die Begleitbusse und kontrollieren die Strecke.
Unterstützt werden die drei von Klaus Rind. Er ist Wallfahrtsführer und das Gesicht der Wallfahrt – und des gesamten Vorstands. Die Aufgaben sind klar verteilt. Jeder trägt seinen Teil zum Gelingen bei.
Das Abfahren des Wallfahrtsweges gehört zu den letzten Vorbereitungen. Als Chef der Verkehrslenker ist Weilnhammer nicht nur für die sichere Wallfahrt, die Pflege und Wartung der Funkgeräte, die Anträge und Gespräche mit den Fachbehörden zuständig, er prüft auch, ob die Strecke frei von Baustellen und für eine große Gruppe begehbar ist.
Weilnhammer ist seit 2004 verantwortlich für die Verkehrssicherung. Schon mit neun Jahren war er auf der Wallfahrt dabei und sammelte seine ersten Erfahrungen. Seit damals ist er vom Wallfahrervirus befallen. In diesem Jahr geht er zum 28. Mal mit.
Bereits im April beginnt für ihn mit dem Antrag an die Stadt Würzburg als Ausgangsbehörde zur Durchführung der Wallfahrt die Vorbereitung. In enger Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium Unterfranken und der Einsatzzentrale wird das „Projekt Kreuzbergwallfahrt“ während der gesamten Wallfahrt von den Dienststellen der Polizeiinspektion Würzburg Land, Bad Kissingen, Karlstadt und Hammelburg auf verkehrsreichen Strecken begleitet und im Einsatzplan geführt.
Um Beeinträchtigungen oder Baustellen rechtzeitig feststellen und darauf reagieren zu können, fährt er seit elf Jahren kurz vor der Wallfahrt mit dem Fahrrad den Wallfahrtsweg ab. Sollten Hindernisse, wie in diesem Jahr in der Eichhornstraße in Würzburg und in Arnstein, im Weg sein, trifft er sich mit den zuständigen Straßenbaubehörden, um Ausweichabschnitte festzulegen.
Begleitet wird er seit sieben Jahren von Rudolf Winterbauer und Andreas Baumgartner. In diesem Jahr ist auch Alfred Baumgartner dabei. In aller Herrgottsfrühe starten die Freunde mit einem kurzen Gebet am Neumünster. Auf dem Wallfahrtsweg geht es über Rimpar und Gramschatz nach Arnstein.
Hier macht die Wallfahrt die erste Mittagsrast und Weilnhammer eine Baustellenbesichtigung mit dem Leiter des Bauamtes Arnstein, Gilbert Metz, und Lothar Nikol von der Tiefbau-Firma Richard Schulz. Im Gespräch mit Nikol erfährt er, dass die Tiefbaumaßnahmen am 20. August soweit abgeschlossen und die Schotterdecke aufgebracht sein sollte, dass die Wallleut' passieren können – wenn es auch auf etwas holprig werden kann.
Als Plan B legt Weilnhammer mit Metz eine Ausweichstrecke fest. „Mit 585 Menschen ist es unmöglich, mal schnell auf der Straße oder in einem Ort zu wenden und zurückzugehen. Bei dieser Massenbewegung muss die Richtung stimmen.“ Der nächste Halt ist in Euerdorf, dem ersten Nachtquartier der Wallfahrt. Blasen an den Füßen gibt es auf der Fahrradtour zum Kreuzberg nicht, dafür gleich drei platte Reifen. Ein defektes Felgenband ist der Verursacher. Nach Waldberg muss bereits der erste Fahrradschlauch gewechselt werden.
„Die Kniebreche (Anstieg zum Kreuzberg) fahren wir seit vier Jahren nicht mehr“, berichtet er. Zu steil sei der Weg für die Räder. Das ist einer der wenigen Abschnitte, die er nicht abfährt. Frank Gerken aus Bischofsheim übernimmt am 19. August das Abmähen, Freiräumen und Kontrollieren der Kniebreche.
In der Vergangenheit kam es vor, dass einige kurze Teilstrecken des Weges verkehrsbedingt und zum Schutze der Wallleute verlegt wurden. Mit veränderten Situationen umgehen und Lösungen finden musste auch Weilnhammer, als er im letzten Jahr krankheitsbedingt ausfiel und Baumgartner und Winterbauer alleine fahren mussten.
Zum Kreuzberg geht es steil bergauf. Nach 92 Kilometern und 1700 Höhenmetern ist das Ziel am Abend erreicht. Egal ob zu Fuß oder mit dem Rad – die Ankunft am Kreuzberg ist etwas Besonders und hat ihren eigenen Zauber. Zurück geht es leichter, vom Freialtar am Kloster talwärts nach Waldberg bis Burkardroth. Hier trifft er sich mit Alfred Saam, dem örtlichen Wallfahrtsleiter. Zur Mittagsrast in Euerdorf kann das kaputte Felgenband endlich nach zwei weiteren Platten gewechselt werden. Über den „Erbsenberg“ bei Euerdorf geht es mit viel Information zufrieden zurück nach Würzburg.
Die Baustelle in der Eichhornstraße bereitet ihm noch etwas Kopfschmerzen. Täglich verändert sich etwas, sodass erst am Mittwoch mit den Fachbehörden die endgültige Streckenführung festgelegt wird.
Mit dem 20. August und dem Beginn der Wallfahrt ist Weilnhammers Arbeit nur noch mit einem guten Team und der Vernunft aller Wallleute, erfolgreich zu leisten.
Ausgerüstet mit gelben Warnwesten, sechs Funkgeräten (mit extra Funkfrequenz, zugeteilt von der Bundesnetzagentur), zwei Verkehrszeichen und zwei Warnkegeln und dem Vertrauen in Gott wird er sich zusammen mit den Wallleuten auf den Weg zum Kreuzberg einlassen. „Die Fahrradtour, ist mein persönlicher Pilgerweg zum Kreuzberg“, sagt Weilnhammer zufrieden.
Der Weg und der Kreuzberg haben eine besondere und berührende Atmosphäre, von deren Faszination auch Winterbauer und Baumgartner ebenfalls angesteckt wurden. Sie sind gerne mit Weilnhammer im Auftrag der Wallfahrt unterwegs.
ONLINE-TIPP
Mehr Information gibt es unter www.kreuzberg-wallfahrt.de


