Wenn Musik eine Schlacht wäre, ergäbe sich trotz Pauken und Trompeten sehr schnell eher ein Wettbewerb um die besten Laute und Stimmen. Es würde kein Blut fließen und Kinder würden sich nur freuen und nicht ängstigen. „Schiedsrichter“ auf ihren Plätzen beurteilen die Stimmung nach Gefallen und Nichtgefallen, mit Applaus oder Buhrufen. Die Welt wäre eine bessere, und ein Militärorchester müsste nicht im „Nebenjob“ Sanitätsdienst leisten.
Stellen wir uns vor, die „Völkerschlacht bei Leipzig“ vom 16. bis 19. Oktober 1813 hätte im Gewandhaus stattgefunden, einer international bekannten Konzertstätte. Das Luftwaffenmusikkorps aus Erfurt hat dort schon mehrfach musiziert.
So wie jetzt in Münnerstadt , in der Mehrzweckhalle, hat das Orchester mit der gefühlvollen und ausdrucksstarken gleichnamigen 16-Minuten-Komposition aus der Feder des Komponisten Richard Eilenberg (1848-1927), man soll’s angesichts des geschichtlichen Hintergrundes nicht glauben, sich in die Herzen der gut 300 Zuhörerinnen und Zuhörer gespielt. Ein imposantes, ehemals verschollenes Stück, ein zufälliger Scheunenfund, der bei den Militärmusikern von Erfurt in die richtigen Hände fiel und spielgerecht umgesetzt wurde.
Der Dirigent Dr. Tobias Wunderle beschrieb die Entstehungsgeschichte, wie auch die der anderen an diesem Abend gebotenen Märsche sowie Operetten- und Musical-Melodien mit launigen und eingängigen Worten. Die „Völkerschlacht“-Musik aber, ein Drama von morgendlicher Ruhe, signifikantem Wecken und Vorbereiten bis zum rasanten Angreifen von Franzosen und heroischem Abwehren von den Preußen und schließlich ein Gebets-Choral, verbunden mit der siegreichen Heimkehr, lässt so bei manchem im Publikum realistische Bilder aufploppen, die hervorragend interpretierte Musik auch nicht unterdrücken kann.
Erwartungen wurden nicht enttäuscht
Die Erwartungen an einen gelungenen Musikabend wurden auf jeden Fall nicht enttäuscht. Musikschulleiter Thomas Reuß wusste auch, warum die Erfurter Militärmusik nach Münnerstadt kommen wollte. Mit Daniel Schneider saß ein ehemaliger Musikschüler als Tubist im Orchester, und der Dirigent hatte eine beliebte Klarinettenlehrerin der Musikschule „weggeheiratet“. Das klang jetzt ein wenig nach Wiedergutmachung. Wenn ja, dann war es eine ausgezeichnete. Denn auch bis Erfurt hatte sich die Qualität des städtischen Jugendblasorchesters herumgesprochen.
Dr. Tobias Wunderle nahm dann auch die 45 Hobby-Musikerinnen und -Musiker, die schon zu heimlichen Botschaftern der Stadt avanciert sind, zu seinen 50 hauptberuflichen Mitgliedern auf die Bühne und leitete erstmals ein solches „Superorchester“, wie Thomas Reuß sagte. Gemeinsam konnten die Gäste, unter ihnen bekannte Persönlichkeiten des regionalen Musikgeschehens sowie der Lokalpolitik, „Nessaja“ aus dem Tabaluga-Musical hören und „The Wellermann“, ein altes Shanty, neu interpretiert.
Deutschlands Lieblingslieder wurden gemeinsam gespielt, und das zahlreiche Publikum sang gegen die instrumentale Macht der Bühne derart engagiert an, dass das an diesem Abend auch ein Sieg der Herzen war. Überhaupt war der letzte Teil, vor allem die Zugaben, dem Singen gewidmet. So kam das Lieblingsstück des Jugendblasorchesters, „das Frankenlied“, zum Vorschein, und wenn das Publikum schon mal stand, verabschiedete sich das Luftwaffenmusikcorps mit der Nationalhymne. Mehr geht nicht, höchstens die Freude auf ein nächstes Mal.