Leise beginnt das Konzert von Okou. Mit behutsamem Anschlagen der Stahlsaiten einer horizontal auf einer Halterung liegenden Gitarre. Ein wenig Südseezauber macht sich breit.
Doch die sanften Töne sind nur die Ruhe vor dem sich entfachenden Sturm der Verzückung im nahezu ausverkauften Parkett des Kurtheaters. Zum Schluss wird es Standing Ovations geben und eine unplugged (unverstärkte) Zugabe „To The Bone“, bei der das mitschnippende und mitsingende Publikum hört, dass die aparte Frontfrau mit der Mähne eines Löwen und der Grazie einer Antilope, Tatiana Heintz, mit einer starke, wandlungsfähigen Stimme gesegnet ist.
Mal klingt sie melancholisch-verhangen wie bei Nora Jones, mal gewaltig strahlend wie bei Aretha Franklin, mal lässt sie den Tiger raus wie einst Eartha Kitt.
Die Musik ist ein eigenwilliger, wohliger Mix aus Soul, Folk, Country, Rock-Pop und Reggae. Die meisten Songs im ersten Teil sind wie ein sachter, erfrischender Sommerregen wie „Fire Juggler“ mit aufrüttelnden Gewitterfronten, wenn Heintz improvisiert.
Vom ersten Ton an bannt die Westafrikanerin mit französischen Wurzeln das Kissinger-Winterzauber-Publikum. Sucht den Kontakt, fordert zum Mitmachen auf. Rhythmisches Mitwiegen ist angesagt. Zwar erheben sich die Zuhörer erst zum Schluss von den angenehmen Theatersesseln, doch die unvergleichliche Nähe im Kurtheater zur Bühne ermöglicht ein vergnügliches Miteinander von Anfang an.
Auch weil der ägyptisch-schweizerische Gilbert Trefzger, ein Meister an den Saiten von Gitarren, arabischer Laute und Banjo, immer wieder mal ein paar Worte auf Deutsch einstreut. Und wenn sein Deutsch nicht ausreicht, erkürt die charmante Tatiana Schlagzeuger Markus „Onkel“ Lingert zu ihrem persönlichen Übersetzer.
So locker wie er sich durch Tatianas Englisch berlinert, so lässig und fantastisch spielt er Schlagzeug. Bringt es zum Singen mit den Besen, ersetzt manchmal gar die Linie des fehlenden Bassisten, wenn er mit Filzschlegeln feinsinnig über die Toms wirbelt.
Gelegentlich will die Technik zu viel Bass aus Trefzgers Saitenspielen herausholen. Dann wirkt der Sound übersteuert. Doch die Stärke des gemeinsamen Musikempfindens der drei Bandmitglieder, wo jeder dem anderen ganz viel Raum gibt, macht alles wett.
Die Songs nach der Pause sind vielschichtiger, klangexperimenteller – losgelöster, so wie Tatiana Heintz' nicht mehr gebändigte Afrohaare. Der Titelsong des Albums „Serpentine“ hingegen kommt beschwingt und fröhlich daher. Mit „Evening Sun“, einem kleinen Lullaby-Song mit akustischer Gitarre, wenig Percussion und viel Stimme verabschiedet sich Okou – und das Publikum verneigt sich stehend.