Eine der eindrucksvollsten Kantaten Johann Sebastian Bachs , "Jauchzet Gott in allen Landen", BWV 51, für Solosopran, Trompete und Orchester , wurde von ihm für den 15. Sonntag nach Trinitatis geschrieben, der erst im September wäre. Aber nachdem Bachs eigenes Glücksgefühl, die Verliebtheit in seine spätere Frau Anna Magdalena, ihm wohl im Entstehungsjahr 1730 auch die Feder führte, fügte er als weiteren Nutzungszweck hinzu "et in ogni tempo". Für jede andere Zeit, die Anlass zum Jubeln gibt, also auch. Schon dies machte sie passend für unsere gebremst euphorische Zeit der Freude über den Rückgang der Corona-Pandemie , die uns so lange gebeutelt hat.
Stimme, Orchester, Trompete
Diese lieferte auch ganz pragmatische Gründe für die Auswahl dieses Werks für den Kantatengottesdienst im diesjährigen Kissinger Sommer . Die Kantate erfordert keinen Chor, nur ein Orchester , eine Gesangssolistin und einen Solotrompeter, und lässt sich in diesen Tagen deshalb auch unter Bayerns strengen Coronabestimmungen aufführen.
Wie üblich war das Werk in einen Kantatengottesdienst eingebettet, für dessen Liturgie und Predigt Pfarrerin Christel Mebert verantwortlich zeichnete, die aber kurzfristig verhindert war. Für sie übernahm Pfarrer Steffen Lübke die Liturgie und trug Christel Meberts Predigt vor. Für sie ist die Kernaussage des Kantatentexts, dass jeder neue Tag dem Lob Gottes gelten soll und dass die Gläubigen "Gottes Kinder" heißen, nicht Kinder der Angst oder des Todes. Es geschehe, was wolle, ein Band der Erinnerungen sei gewoben zwischen Gott und den Menschen seit der Taufe . Der Feier dieser Verbindung gilt Bachs Kantate, die in einem üppig musikalisch verzierten Lobpreis, dem berühmten "Alleluja" endet.
Abstand verlangte gutes Gehör
Natürlich machte die Coronakrise den Inhalt der Kantate nicht nur überaus passend für die aktuelle Zeit. Vielmehr stellte sie auch große Anforderungen an das Organisationsgeschick des Kirchenmusikdirektors (KMD) Jörg Wöltche. Er musste sein Kammerorchester aufgrund der Abstandsregeln in der gesamten Apsis verteilen, was große akustische Herausforderungen an das aufeinander Hören und nur dadurch das mögliche miteinander Musizieren stellte. In der Probenzeit war da viel Ausprobieren nötig, aber bei der Aufführung wirkte der Klang völlig austariert. Wöltche selbst saß im Zentrum seiner Musiker am Cembalo und leitete mit seinem Spiel und deutlichen Gesten das Geschehen.
Das Kammerorchester zeigte sich einmal mehr als sehr kompetentes Ensemble, das sowohl bei den Orchestertutti überzeugte und beim durchgängig grundlegenden Basso continuo und in der nur mit von ihm begleiteten zentralen Arie "Höchster, mache deine Güte" mit Christine Stumpf (Cello) und Thomas Ahnert (Kontrabass) eine solide Gründung hatte. Christel Gimmler und Carola Kroczek (Violine I und II) begleiteten als Orchestersolisten den Choral "Sein Lob und Preis" mit seinen ausgelassen fröhlichen Verzierungen sehr einfühlsam.
Die beiden Ecksätze mit den zentralen Aussagen "Jauchzet Gott in allen Landen" und dem "Alleluja" hat Bach durch die faszinierende Kombination der beiden "Hochtöner" Sopran und Trompete zu einem mitreißenden, teilweise fast ekstatisch anmutenden Lobpreis der göttlichen Allgegenwart gestaltet. Als Solisten dafür hatte Jörg Wöltche zwei Kräfte engagieren können, die schon häufig mit dem Kammerorchester zusammen aufgetreten sind, die Sopranistin Ilse Berner und den Trompeter Sebastian Saffer. Sie musizierten mit einer solchen rhythmischen Durchschlagskraft, dass die Zuhörer angesteckt wurden von der jauchzenden Begeisterung.
Vertracktes musikalisches Muster
Auch die ruhigeren, aber ebenso prägnanten Rhythmen der langsameren Teile wie den zweiten Teil der Eingangsaria, das Recitativo, die Aria und den Choral mit der Continuogruppe gestaltete Ilse Berner mit rhythmischer Präzision und viel Ruhe bei der Umsetzung der teilweise doch recht vertrackten musikalischen Textur, des musikalischen Musters der Motive. Mit dem eindrücklich immer wieder wiederholten "Alleluja", der diese Bachsche Komposition ja zu einem Welthit gemacht hat, schlossen alle Interpreten ihre erfolgreiche Rückkehr aus dem Lockdown in den Konzertmodus ab und wurden von ihrem Publikum mit einem langen Applaus gefeiert, bevor der Gottesdienst wieder seinen Lauf nahm. Bachs über weite Strecken fast tänzerische Musik begleiteten die Gemeinde und ihre Gäste in einen leuchtenden, warmen Sommersonntagmorgen.