
Eine Generationenfrage stand nicht zur Debatte, eher schon die Geschlechterfrage. Die Zuhörerinnen und Zuhörer waren fast durchweg im Alterspektrum der Gesangsinterpretin und ihrer Freunde. Die Männer waren wohl mindestens zum Teil ehrenhalber dabei. Also eben nicht ganz. Sie hatten ihre eigene Priorität. Peter, Mitte Siebzig, aus Garitz, war wegen Graham Bonney gekommen. "Den habe ich in München im Circus Krone-Bau erlebt. Das ist noch heute eine tolle Erinnerung!" Und Annemarie aus Münnerstadt - auch bereits jenseits der siebener Clubmitgliedschaft -, war auf den "Mendocino"-Sänger Michael Holm gespannt, denn "das war meine Musik".
Und wer kam dann wegen der Headlinerin Peggy March? Doch sicher der gesamte Rest in dem ausverkauften Rossini-Saal im Bad Kissinger Regentenbau. Abgesehen von denen, die das Heimspiel der Otti-Bauer-Band nicht versäumen wollten, eine Band, die im deutschen Schlagerhimmel stets eine wichtige Rolle eingenommen hat und diese auch heute noch spielt.
Zu eng zum Tanzen
Es mag Gründe gegeben haben, die Veranstaltung aus dem Open Air-Bereich des Luitpoldbades in die vermeintliche Clubatmosphäre des Rossini-Saales zu verlegen, doch die Stimmung wäre sicher eine andere gewesen. Spätestens bei den rockversetzten Stücken war es einfach zu eng, weil eben die Tanzfreiheit auf einem Stuhl sehr eingeschränkt ist. Doch auch hier fanden sich Bewegungsmöglichkeiten. Kaum dass Peggy March die Türe zur Bühne geringfügig geöffnet hatte, und dabei Otti Bauer seine Truppe mit einem leisen "mit Siebzehn..." einstimmte, sprangen die ersten von ihren Sitzen auf, um der Künstlerin ihre Aufwartung zu machen.
Tosender Applaus für die Peggy March, die das Musikfeeling der Deutschen seit 1965 beeindruckt. Also der Landsleute, die sich neben der damals aufkommenden Beat- und Popwelle ihre heilere Welt behaupten wollten. Das war lange ein Unentschieden und ist heute bei den unterschiedlichen Genres in der Unterhaltungsmusik oft nicht mehr auseinander zu halten.
Peggy March, die als schon erfolgreiche Amerikanerin den Gewinn beim deutschen Schlagerfestival 1965 in Baden-Baden mit einem Lied gewann, dessen Text sie bekanntermaßen damals nicht verstand, kann, nachdem ihre Karriere in Deutschland weiter erfolgreich war, inzwischen in Deutsch persiflieren, kokettieren und Lehrmeisterin für den neudeutschen Engländer Graham Bonney - "ich bin seit zwei Jahren Deutscher" - spielen, was in der Show dann auch spaßig rüberkommen sollte. Das war aber dann so wie der Kaugummi, ohne den Graham offensichtlich nicht auskommen will.
A Capella mit dem Publikum
Peggy March selbst hat sich als vielseitige Künstlerin präsentiert, der im achten Lebensjahrzehnt keine musikalische Anleihe mehr fremd ist. Sehr gut kam an, dass das sehnsüchtig erwartete "mit 17 hat man noch Träume" von Peggy als Zugabe A cappella im Chor mit dem Publikum gesungen wurde.
Alle Drei waren sich in der Beschreibung ihrer jeweiligen Biografie einig, dass das, was sie hier und heute zum Besten geben, ja bereits 100, 150 oder gar tausend Jahre alt ist, so wie ihre Freundschaft schon "Hunderte von Jahren" andauert. Ja, das ist so, man kann auch ein Künstlerleben ziemlich in die Länge ziehen. Darunter leiden manchmal die Stimmen. Bei Peggy March und ihren Freunden aus der Branche war das sicher nicht der Fall. Jedoch nach dem Stimmungsbild bei Publikum waren die Popanleihen "Footloose" oder die Rock`n Roll-Verehrung "Johnny B. Goode" oder "Rock Around The Clock" die Beschleuniger. Das wäre Open air noch anders abgegangen. Gerade mit Michael Holm , der in der Pause von seinen Fans "entdeckt" worden war und sich bereitwillig für Auskunft und Selfie zur Verfügung stellte. Er sang sich als Entertainer mit seinen großen Hits und denen von anderen in die Herzen der Gäste.
Anfangs wirkte er ein wenig wie ein joggender Joe Biden . Die Warnung von Peggy March, "seine Schuhe könnten ins Publikum fliegen", erwies sich zwar als unbegründet. Der gekonnte Hüftschwung und die Beinwirbel waren nicht unbedingt beispielgebend für die Gäste, aber sie erlebten buchstäblich, dass mit diesem Traum vom kalifornischen Provinzstädtchen "Mendocino" aus deutscher Sicht bis heute von Michael Holm alles richtig gemacht wurde. Die Sehnsucht war da bereits mit der Hymne "Tränen lügen nicht" gestillt.
Die Anziehungskraft auch hier in der Region für diese Musik ist ungebrochen. Es ist schon lange keine Frage des Alters mehr, das Universelle in der Musik zu würdigen.
Sie haben hat einen netten Bericht über Peggy, Graham und Michael geschrieben. Am Anfang schrieben Sie : Es mag Gründe gegeben haben, die Veranstaltung aus dem Open Air-Bereich des Luitpoldbades in die vermeintliche Clubatmosphäre des Rossini-Saales zu verlegen.
Die Gründe waren doch bekannt. Es wurden zu wenig Karten verkauft, welches den Innenhof im Luitpoldbad schlecht hätte aussehen lassen. Noch wichtiger wäre mir gewesen, wenn Sie dann wenigstens die tatsächliche Anzahl der Besucher im Rossini erwähnt hätten. Die möchte man doch gerne wissen.