
Eigentlich hatte Mikel Schwab alles, was man nach landläufiger Meinung für ein zufriedenes Leben braucht: Familie, Freunde, eine Wohnung, dazu die Arbeit als Disponent in einem Bad Brückenauer Handwerksbetrieb. Auch betrieb er Bodybuilding , nahm am 25. September noch an einem Posier-Wettstreit in Österreich teil.
Doch da wusste der 25-Jährige längst, dass es das nicht ist. Dass er dieses Leben, wie es seiner Meinung nach die Gesellschaft vorgibt, so nicht weiterleben will. Also kündigte er Wohnung und Job, verkaufte alle Möbel und sein Auto, lässt Familie und Freunde hinter sich (was nicht heißt, dass der Kontakt abbrechen soll). Einen weiteren Bodybuilding-Wettkampf Anfang Oktober in den USA blies er relativ kurzfristig ab.
"Ich möchte aus dem Alltagsleben ausbrechen, mich selbst besser kennenlernen und Erfahrungen sammeln, die ich für später mitnehmen und weitergeben kann", nennt Schwab das Motiv für seinen recht drastischen Schritt. Das wolle er erreichen, indem er verschiedene Kulturen kennenlerne; andere Ernährungs- und Denkweisen ausprobiere.
Der Prozesse des Umdenkens begann bei Mikel Schwab nach einer Trennung vor drei Jahren. Auf einigen Reisen in die Welt merkte der Oberleichtersbacher, dass es diese anderen Wege gibt. "Es gibt im Leben keine schlechten Ereignisse. Man ist selbst dafür verantwortlich, wie man darüber denkt, wie man mit Rückschlägen umgeht. Und ich glaube, dass man jede Entscheidung selbst zur richtigen Entscheidung macht", ist der Oberleichtersbacher überzeugt. Wichtig sei nur, dass man ehrlich zu sich selbst sei.
Nun also das One-Way-Ticket nach Mexiko. Mikel Schwabs Flugzeug wird am Dienstag in Cancun, dem östlichsten Punkt des mittelamerikanischen Staates, landen. Dann will er auf der Halbinsel Yucatán weiter in die Stadt Tulum reisen, wo ihn Überreste der berühmten Maya-Kultur locken. Auch plant der Rhöner, die Cenoten, eingestürzte Kalksteinhöhlen, die mit Süßwasser gefüllt sind, zu erkunden.
Mitte Januar möchte der Oberleichtersbacher in Costa Rica sein, um an einer Zeremonie mit der psychedelisch wirkenden Ayahuasca-Pflanze teilzunehmen. Was darüber hinaus geschieht, darüber hat sich Mikel Schwab keine Gedanken gemacht. Sicher möchte er die Kontinente bereisen; die Länder Südamerikas, Australien, Afrika, besonders Bali. Aber mit einem festen Zeitplan? Auf keinen Fall. "Das wird sich mit der Zeit ergeben. Wenn ich mir jetzt schon Pläne setze, bin ich nicht mehr frei zu entscheiden, was ich eigentlich möchte", sagt er.
"Vielleicht sage ich auch nach zwei bis drei Monaten: Dieses Leben ist nichts für mich; ich kehre heim", ergänzt der 25-Jährige. Wahrscheinlich erscheint das nicht. Schwab lebte schon ein halbes Jahr in Neuseeland, bereiste Sri Lanka, Peru, Ägypten und die europäischen Länder Spanien, Portugal und Irland. Aus dieser Zeit weiß er, dass derjenige immer Arbeit findet, der es wirklich will.
Dennoch möchte Schwab "ortsunabhängig wohnen und arbeiten", will selbst entscheiden, wo er sich wohlfühlt und wo nicht. Und wenn es mal nicht so ist, zieht er einfach weiter. Dass er sich von Beginn an keine finanziellen Sorgen machen muss, liegt daran, dass ihn sein Arbeitgeber wegen ausstehenden Urlaubs und vieler Überstunden noch eine Weile weiterbezahlt. Auch habe er zuletzt bescheiden gelebt, sich etwas angespart.
Unterwegs will sich der Oberleichtersbacher "eine kleine Selbstständigkeit aufbauen". Er will seine Erlebnisse und die gemachten Erfahrungen über Online-Kurse weitergeben. "Die Coachings machen mir aktuell Spaß; sie möchte ich über einen längeren Zeitraum machen." Seine bisherigen Fitness-Seminare und das exzessive Bodybuilding stellt Mikel Schwab indes ein, auch wenn er nicht ganz aufhört, seinen Körper zu trainieren. "Ich habe gemerkt, dass das nicht meine Sportart ist."
Wer möchte, kann Mikel Schwab auf seinem Abenteuer begleiten, zum Beispiel auf dessen You-Tube-Kanal "mikels journey" oder auf Instagram unter "_mikelschwab_". Er wird sich regelmäßig von den Orten, an denen er sich aufhält, melden. Und seine Erfahrungen teilen.