Kein Superbowl ohne fränkische Expertise. Die Meindl-Brüder Christopher und Marius werfen auch diesmal einen analytischen Blick auf den Superbowl, der in der Nacht zum Montag im Caesars Superdome in New Orleans zwischen den Kansas City Chiefs und die Philadelphia Eagles ausgetragen wird. Schon vor zwei Jahren trafen diese Teams im Finale aufeinander, allerdings unter komplett anderen Umständen. Mit ihrem Fachwissen liefern die Geschwister aus Thulba (Landkreis Bad Kissingen) auch diesmal interessante Hintergrund-Informationen rund um dieses einzigartige Spektakel.

Road to Superbowl

Christopher Meindl: Die Chiefs konnten sich einmal mehr in der regulären Saison an die Spitze der Liga setzen. Ob mit Glück oder Voodoo-Magie sei dahingestellt. Ein gutes Pferd springt eben nur so hoch wie es muss. In den Playoffs allerdings zeigten sie bisher überzeugende Leistungen und konnten alle starken Kontrahenten ihrer Conference, der AFC, ausschalten. So können sie als erstes Team überhaupt drei Superbowls hintereinander gewinnen.

Marius Meindl: Die Eagles hingegen steigerten sich kontinuierlich von Spiel zu Spiel und konnten ihre Spiele mit ihrer Verteidigung und ihrem Laufspiel kontrollieren. Nachdem der größte Konkurrent in der NFC, die Detroit Lions , überraschend ausgeschieden sind, bewältigten die Eagles ihre Pflichtaufgaben souverän.

Coach vs Coach

Christopher Meindl: Andy Reid muss mittlerweile als einer der besten Coaches aller Zeiten angesehen werden, obwohl die individuelle Qualität seines Teams von Jahr zu Jahr immer ein bisschen weniger wird. Sieben Jahre in Folge mindestens im Halbfinale und die Superbowl-Erfolge sprechen für sich. 

Marius Meindl: Mit Nick Sirianni steht bei den Eagles ebenfalls der Coach von vor zwei Jahren an der Seitenlinie. Aber hier muss man definitiv etwas differenzierter auf das Ganze schauen, immerhin arbeitet er weiterhin mit dem besten Kader der Liga und hat extrem gute und erfahrene Co-Trainer. Das vergangene Jahr, in dem ihm jene erfahrene Trainer nicht zur Hilfe kamen, sah er teilweise doch sehr verloren aus.

Das Brüder-Fazit: Wie vor zwei Jahren geht der Punkt klar an Andy Reid und die Chiefs. Sie gewinnen nicht schön, aber auf sehr unterschiedliche und anpassungsstarke Weise. 1:0 Chiefs.

Quarterback vs Quarterback

Christopher Meindl: Schaut man sich Patrick Mahomes‘ Spiel an, fehlen einem die Worte. Auf den ersten Blick würde man behaupten, er spielt eine maximal durchschnittliche Saison. Sobald man einen Blick auf etwas tiefergehende Statistiken wirft, ist der QB der Kansas City Chiefs immer unter den Top-3 zu finden. Seine Extraklasse zeigt sich stets aufs Neue bei improvisierten Spielzügen. Für mich persönlich ist er immer noch der beste Quarterback der Liga.

Marius Meindl: Jalen Hurts wirft bei mir auch heute noch Fragezeichen auf. Er hat im Passspiel klar abgebaut, was nun mal die Hauptaufgabe eines Quarterbacks ist. Er „liest“ das Feld zu langsam, wodurch er oft den Ball zu lange hält und sich damit für den Gegner angreifbar macht. Als Runner ist er einer der gefährlichsten der gesamten Liga und gibt seiner Offensive dadurch ein neues Gesicht.

Das Brüder-Fazit: Hier braucht man nicht im Ansatz zu diskutieren. Mahomes gewinnt haushoch. 2:0 Chiefs.

Runningback vs Runningback

Marius Meindl: Warum gehen wir auf eine Position so besonders ein? Ganz einfach, hier spielt Saquon Barkley für die Eagles. Der Runningback , im Sommer aus New York gekommen, hat sich hinter der besten O-Line der Liga zum klar besten Spieler dieser Saison gemausert. Egal ob konsequent mit vielen Läufen und stetigem Raumgewinn oder durch einzelne ultraspektakuläre Bigplays, dieser Mann bringt den Eagles Punkte. Unaufhaltsam.

Christopher Meindl: Ja was soll man da noch ergänzen – außer dass mein Herz immer noch gebrochen ist, hat Barkley doch „meinen Club“, die New York Giants , verlassen, nachdem sie ihm keinen neuen Vertrag angeboten haben. Bei den Chiefs sind Isiah Pacheco und Kareem Hunt zwei solide Runningbacks . Nicht mehr, nicht weniger.

Das Brüder-Fazit: Der beste offensive Spieler der Liga und vor allem der bisherigen Playoffs spielt eine unfassbare Saison. Haushoher Punktgewinn für Philadelphia. 2:1 Chiefs.

Offense vs Offense

Marius Meindl: Nachdem die Eagles bereits den besten Runningback der Liga haben, hilft ihnen auch die beste O-Line der Liga. Sie blocken Wege für Saquon frei und beschützen Jalen Hurts vorbildlich, haben aber einige Verletzungssorgen. Wenn einmal nicht gelaufen wird, dann haben sie mit AJ Brown und Devonta Smith ein bockstarkes Ballfänger-Duo. Ergänzt wird dieses durch Tight End Dallas Goedert, der mit sicheren Händen glänzt.

Christopher Meindl: Die O-Line der Chiefs hat sich über das ganze Jahr hinweg nicht gefunden und ist eine Schwachstelle. Bei den Passempfängern sieht es auf dem Papier ganz gut aus, allerdings haben Altstar Deandre Hopkins, Hollywood Brown und die Rakete Xavier Worthy verletzungsbedingt bislang noch nicht viel Zeit auf dem Platz zusammen verbracht. Bleibt noch Star-Tight End Travis Kelce. Dass in der bisherigen Saison mehr über seine Beziehung mit Pop-Ikone Taylor Swift geschrieben wurde als über seine sportlichen Leistungen, sagt viel aus. Allerdings muss man zugeben, dass er in den beiden Playoff-Spielen schon wieder deutlich besser aussah.

Das Brüder-Fazit: Beste O-Line der Liga, viel Variabilität durch verschiedene Spielertypen und dann auch noch individuelle Qualität. Dieser Punkt geht an die Philadelphia Eagles . 2:2-Ausgleich.

Verteidigung vs Verteidigung

Marius Meindl: In nahezu allen Kategorien sind die Chiefs-Verteidiger Top-5 der Liga. Allerdings fehlt es etwas an individueller Qualität, mit Ausnahme von Starverteidiger Chris Jones . Hier wird es viel auf Karlaftis und Co ankommen, denn Jones wird sich wohl mit mehr als einem direkten Gegenspieler konfrontiert sehen. Sollten sie es nicht schaffen, Druck auf Jalen Hurts aufzubauen, kann das ein böses Ende haben, weil ihre Passverteidiger ihren Gegenspielern körperlich unterlegen sind.

Christopher Meindl: Seitdem in Woche 6 das Spielsystem von Defensiv-Guru Vic Fangio komplett umgestellt wurde, haben die Eagles die beste Verteidigung der Liga. Dies liegt auch an der bärenstarken Saison der beiden Neulinge Cooper DeJean und Quinjon Mitchell. Unbedingt zu erwähnen ist Eagles-Monster Jalen Carter. Dieser zerlegt nicht nur die gegnerische O-Line wie er will, sondern spielt auch die besten Playoffs aller Verteidiger seit 2003.

Das Brüder-Fazit: Im Duell sehr gute Defense gegen die wohl beste Defense gewinnen dementsprechend die Philadelphia Eagles . Dieser Punkt geht ebenfalls an das Team rund um Jalen Carter. 3:2 Eagles

Wege zum Sieg

Marius Meindl: Bei den Eagles lässt sich das schnell zusammenfassen. Es gilt früh mit dem Lauf erfolgreich zu sein und das Spiel bestenfalls mit einer Führung zu verwalten. Die Defensive kann die Gegner schnell vom Feld bringen, was zu einem Ballbesitzvorteil führen kann. Das sollte vor allem die Big-Plays der Chiefs verhindern. Ansonsten sollte man Jalen Hurts einfache Möglichkeiten geben, den Ball schnell loszuwerden, sollte er Druck bekommen. Dann sieht es ganz gut aus für die Eagles.

Christopher Meindl: Bei den Chiefs wird es komplizierter. Am Ende muss man das Laufspiel der Eagles stoppen und damit Saquon Barkley aus dem Spiel nehmen. Leichter gesagt als getan, hat dies doch noch keine Mannschaft beim besten Runningback hinter der besten O-Line geschafft. Hier muss sich Defensivtrainer Steve Spagnuolo etwas Besonderes einfallen lassen. Dass er dies kann, hat er mit seinen riskanten und aggressiven Ansätzen in der Vergangenheit mehrfach bewiesen. Offensiv gilt es die Mitte des Feldes mit Pässen zu bearbeiten, denn hier liegt die einzige Schwachstelle der Eagles. Eine Aufgabe für Travis Kelce.

Die X-Faktoren

Marius Meindl: Hier mache ich es mir einfach. Barkley. Er ist der Spieler der Eagles. Der beste Spieler des Jahres in der NFL . Ohne ihn würden die Eagles nicht im Finale stehen. Und bei den Chiefs sehe ich eine große Aufgabe bei Chris Jones . Dieser muss schnell zu Jalen Hurts durchkommen, um ein paar Spielzüge zu beenden.

Christopher Meindl: Eine wichtige Rolle wird auf die Safeties der Chiefs zukommen. Dies sind die Passverteidiger, die eigentlich am weitesten hinten stehen. Diese müssen antizipieren, wann Barkley zum langen Lauf ansetzt und beim Nachvornerücken beim ersten Versuch diesen zu Boden bringen. Und natürlich Xavier Worthy. Der schnellste Spieler der Liga muss den Chiefs große und eventuell auch spektakuläre Raumgewinne liefern.

Prognose

Marius Meindl: Es wird ein Spiel ohne viel Punkte. Am Ende ist es die individuelle Klasse, die die Eagles auf den verschiedenen Positionen haben, die ihnen das Spiel gewinnt. 17:27 für die Eagles.

Christopher Meindl: Auf dem Papier spricht viel für die Eagles, da sie einfach die individuell bessere Mannschaft sind. Zudem hat es noch niemand geschafft, ihr Laufspiel zu stoppen. Wenn ich das auch nur einer Person zutraue, dann ist es Spagnuolo. Daher entscheide ich mich gegen meinen Kopf, gehe mit meinem Bauch und sage 32:28 für die Chiefs in einem tollen Superbowl.