Bad Kissingen
Mehr Schutz vor Lkw-Anschlägen?
Nach dem Attentat auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin diskutieren Experten, wie man solche Attacken verhindern könnte. Letzte Sicherheit wird's nicht geben.
Nach dem Anschlag von Berlin mit zwölf Toten wird intensiv darüber diskutiert, wie Lkw sicherer gemacht werden können, damit Terroristen sie nicht als tonnenschwere Waffen missbrauchen. Die entscheidende Frage: Gibt es überhaupt Systeme, die das garantieren können?
Für die Sicherheitsexperten ist ein perfekter Schutz eine Illusion. Der Schwerlastverkehr steht für die Mobilität des Warenverkehrs. Und nicht jeder Weihnachtsmarkt, jedes Volksfest oder jeder öffentliche Platz kann verbarrikadiert oder kontrolliert werden.
Dabei hat sich aus Sicht von Hubertus Lodes bezahlt gemacht zu wissen, wo sich unsere Fahrzeuge gerade befinden. Weil sie auf vorgeplanten und verbindlichen Routen unterwegs sind. Im Bezug auf die Lkw-Sicherheit habe sich generell viel getan. "Es gibt einige Sicherheitssysteme, die sinnvoll sind", sagt der Coburger, der Lkw-Fahrertrainer darin deutschlandweit schult, durch ihre Fahrweise effektiv Kosten zu sparen. Unter anderem würden elektronische Schließvorrichtungen genutzt.
Das bestätigt auch Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Es gäbe eine Vielzahl technischer Lösungen, um Lkw zu schützen. Eine Option sei der individuelle Fingerabdruck, mit dem nur der Fahrer sein Gefährt in Gang setzen kann. Wobei Schmidt betont: "Das Berlin-Attentat zeigt, dass die Frage berechtigter oder nicht berechtigter Fahrer zweitrangig ist. Schließlich wurde der Fahrer überfallen." Das sieht auch Hubertus Lodes so. Bezogen auf das System gibt er zudem zu bedenken: "Es stellt sich die Frage, was man mit den Springern macht, die am Tag vier verschiedene Lkw fahren." Selbst modernste Wegfahrsperren bieten keinen umfassenden Schutz. Der Tod des polnischen Fahrers in Berlin zeigt die brutale Vorgehensweise des Attentäters.
Und auch die Standortüberwachung von Fahrzeug und Ladung bedeutet in diesem Fall nicht mehr Sicherheit. In vielen Bereichen haben Transportdienstleister Fahrzeugverfolgungssysteme eingebaut. Damit werden Standort- sowie Zustandsdaten von Fracht und Fahrzeug abgerufen. Das jedoch reicht nicht aus, die Übernahme von Fahrzeugen zu unterbinden. Die Systeme funktionieren nur, wenn eine Kommunikationsverbindung besteht. Daher ist es unmöglich, jeden Laster, der keine Verbindung hat, auf Verdacht zur Fahndung auszuschreiben.
Kontrollen sind ein weiteres großes Problem: "Die Polizei kann nicht jeden Lastwagen kontrollieren - dies würde den Wirtschaftsverkehr zum Erliegen bringen", schätzt ein Sprecher des Verladerverbands. Für BGL-Geschäftsführer Schmidt ist klar: "Wenn die Politik reagieren will, muss sie die Polizeipräsenz vor allen Dingen an den Brennpunkten des Verkehrs verstärken. Das sind Rastplätze und Autohöfe, in denen es leicht ist, Zugriff auf Fahrer, Fahrzeug und Ladung zu nehmen."
Immer wieder beklagen Branchenkenner, dass von einer verstärkten Polizeipräsenz und einer höheren Aufklärungsquote nichts zu bemerken sei.
Speditionen versuchen bereits seit Längerem, ihre Fahrer und Lastwagen mit einfachen, aber effektiven Maßnahmen vor Einbruch zu schützen: Wie etwa mit einer Stange, die zwischen den Türen verankert wird, damit keiner von außen hineinkommen kann. Immer mehr Brummis sind zudem mit modernsten GPS- sowie Telematik-Systemen ausgerüstet. Damit kann der Lastwagen auch technisch überwacht werden: Ob der Motor läuft oder welcher Gang gerade eingelegt ist. Sogar der Motor kann damit abgestellt werden - allerdings nur, wenn das Fahrzeug steht. Ein Fahrer gibt zu bedenken: "Wenn ein Terrorist so skrupellos ist, kann man ihn einfach nicht stoppen."
Das unterstreicht auch Hubertus Lodes. "Wenn jemand in ein Führerhaus kommen will, dann schafft er das leider auch." Für Großveranstaltungen kann sich der Coburger aber zumindest theoretisch ein System vorstellen, das mehr Sicherheit bieten könnte. "Wenn die Polizei Zugriff auf die GPS-Daten hätte, könnte man frühzeitig erkennen, wenn sich ein Lkw nähert." Umfassende Sicherheit gebe es auch damit nicht. "Man kann so nicht jeden Platz überwachen."
Auf GPS setzt man auch bei der Kohlhepp Logistik in Albertshausen, einer der Speditionen aus dem Landkreis Bad Kissingen, die grenzüberschreitend in Europa unterwegs sind. "Wir wissen immer, wo die Fahrzeuge unterwegs sind, und wir können alle Daten abfragen", sagt Geschäftsführer Peter Kohlhepp. "Und wir merken, wenn sie von der vorgeplanten und eingespeicherten Route abweichen, zum Beispiel bei Vollsperrungen." In einer anderen Regelung sieht Kohlhepp allerdings auch einen erheblichen Sicherheitsgewinn: "Bei 90 Prozent der Fahrten ist eine Besatzung mit zwei Fahrern unterwegs. Das ist eine bewusste Sicherheitsentscheidung, die einen Überfall schon schwieriger macht." Dazu kommen weitere Maßnahmen: So kontrollieren die Fahrer nach den Wartezeiten an den Grenzen, ob sich nicht in irgendwelchen Ecken oder Koffern blinde Passagiere eingeschlichen haben.
Aufregung hat Peter Kohlhepp bei den Fahrern in den letzten Tagen nicht beobachtet. Er führt das auch darauf zurück, dass die Sicherheitsdiskussion schon viel früher eingesetzt hat, als sich der Zustrom von Flüchtlingen verstärkte. Aufregung herrscht auch nicht bei der Münnerstädter Transportfirma Seger.
"Wir haben im wesentlichen regionalen Verkehr", sagt Geschäftsführer Joachim Seger, "unsere Fahrer sind in der Regel abends zuhause." Das sei nicht das klassische Speditionsgeschäft und daher auch weniger riskant. Irgendeinen akuten Handlungsbedarf gebe es nicht. "Aber wenn Mitarbeiter mit Bedenken kommen, werden wir sie ernst nehmen und uns Gedanken machen."
Bei der Stadt Bad Kissingen stellt man im Moment keine besonderen Sicherheitsüberlegungen an. Auch wenn der Servicebetrieb über Lkw verfügt, die den Kissinger Weihnachtsmarkt komplett zerstören können. Insgeheim hofft man wohl, dass Bad Kissingen nicht zu den erklärten Zielen des internationalen Terrorismus gehört. Offiziell, so Pressesprecher Thomas Hack, will man erst einmal abwarten, ob beispielsweise der Bayerische Städte- und Gemeindetag Empfehlungen herausgibt. Die könnten dann unter Umständen bei der Planung der neuen Fußgängerzone berücksichtigt werden.
Für die Sicherheitsexperten ist ein perfekter Schutz eine Illusion. Der Schwerlastverkehr steht für die Mobilität des Warenverkehrs. Und nicht jeder Weihnachtsmarkt, jedes Volksfest oder jeder öffentliche Platz kann verbarrikadiert oder kontrolliert werden.
Es hat sich schon viel getan
Dabei hat sich aus Sicht von Hubertus Lodes bezahlt gemacht zu wissen, wo sich unsere Fahrzeuge gerade befinden. Weil sie auf vorgeplanten und verbindlichen Routen unterwegs sind. Im Bezug auf die Lkw-Sicherheit habe sich generell viel getan. "Es gibt einige Sicherheitssysteme, die sinnvoll sind", sagt der Coburger, der Lkw-Fahrertrainer darin deutschlandweit schult, durch ihre Fahrweise effektiv Kosten zu sparen. Unter anderem würden elektronische Schließvorrichtungen genutzt.
Viele technische Lösungen
Das bestätigt auch Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Es gäbe eine Vielzahl technischer Lösungen, um Lkw zu schützen. Eine Option sei der individuelle Fingerabdruck, mit dem nur der Fahrer sein Gefährt in Gang setzen kann. Wobei Schmidt betont: "Das Berlin-Attentat zeigt, dass die Frage berechtigter oder nicht berechtigter Fahrer zweitrangig ist. Schließlich wurde der Fahrer überfallen." Das sieht auch Hubertus Lodes so. Bezogen auf das System gibt er zudem zu bedenken: "Es stellt sich die Frage, was man mit den Springern macht, die am Tag vier verschiedene Lkw fahren." Selbst modernste Wegfahrsperren bieten keinen umfassenden Schutz. Der Tod des polnischen Fahrers in Berlin zeigt die brutale Vorgehensweise des Attentäters.
Und auch die Standortüberwachung von Fahrzeug und Ladung bedeutet in diesem Fall nicht mehr Sicherheit. In vielen Bereichen haben Transportdienstleister Fahrzeugverfolgungssysteme eingebaut. Damit werden Standort- sowie Zustandsdaten von Fracht und Fahrzeug abgerufen. Das jedoch reicht nicht aus, die Übernahme von Fahrzeugen zu unterbinden. Die Systeme funktionieren nur, wenn eine Kommunikationsverbindung besteht. Daher ist es unmöglich, jeden Laster, der keine Verbindung hat, auf Verdacht zur Fahndung auszuschreiben.
Mehr Kontrollen an Brennpunkten
Kontrollen sind ein weiteres großes Problem: "Die Polizei kann nicht jeden Lastwagen kontrollieren - dies würde den Wirtschaftsverkehr zum Erliegen bringen", schätzt ein Sprecher des Verladerverbands. Für BGL-Geschäftsführer Schmidt ist klar: "Wenn die Politik reagieren will, muss sie die Polizeipräsenz vor allen Dingen an den Brennpunkten des Verkehrs verstärken. Das sind Rastplätze und Autohöfe, in denen es leicht ist, Zugriff auf Fahrer, Fahrzeug und Ladung zu nehmen."
Immer wieder beklagen Branchenkenner, dass von einer verstärkten Polizeipräsenz und einer höheren Aufklärungsquote nichts zu bemerken sei.
Fahrer vor Einbruch schützen
Speditionen versuchen bereits seit Längerem, ihre Fahrer und Lastwagen mit einfachen, aber effektiven Maßnahmen vor Einbruch zu schützen: Wie etwa mit einer Stange, die zwischen den Türen verankert wird, damit keiner von außen hineinkommen kann. Immer mehr Brummis sind zudem mit modernsten GPS- sowie Telematik-Systemen ausgerüstet. Damit kann der Lastwagen auch technisch überwacht werden: Ob der Motor läuft oder welcher Gang gerade eingelegt ist. Sogar der Motor kann damit abgestellt werden - allerdings nur, wenn das Fahrzeug steht. Ein Fahrer gibt zu bedenken: "Wenn ein Terrorist so skrupellos ist, kann man ihn einfach nicht stoppen."
Zugriff auf GPS-Daten
Das unterstreicht auch Hubertus Lodes. "Wenn jemand in ein Führerhaus kommen will, dann schafft er das leider auch." Für Großveranstaltungen kann sich der Coburger aber zumindest theoretisch ein System vorstellen, das mehr Sicherheit bieten könnte. "Wenn die Polizei Zugriff auf die GPS-Daten hätte, könnte man frühzeitig erkennen, wenn sich ein Lkw nähert." Umfassende Sicherheit gebe es auch damit nicht. "Man kann so nicht jeden Platz überwachen."Auf GPS setzt man auch bei der Kohlhepp Logistik in Albertshausen, einer der Speditionen aus dem Landkreis Bad Kissingen, die grenzüberschreitend in Europa unterwegs sind. "Wir wissen immer, wo die Fahrzeuge unterwegs sind, und wir können alle Daten abfragen", sagt Geschäftsführer Peter Kohlhepp. "Und wir merken, wenn sie von der vorgeplanten und eingespeicherten Route abweichen, zum Beispiel bei Vollsperrungen." In einer anderen Regelung sieht Kohlhepp allerdings auch einen erheblichen Sicherheitsgewinn: "Bei 90 Prozent der Fahrten ist eine Besatzung mit zwei Fahrern unterwegs. Das ist eine bewusste Sicherheitsentscheidung, die einen Überfall schon schwieriger macht." Dazu kommen weitere Maßnahmen: So kontrollieren die Fahrer nach den Wartezeiten an den Grenzen, ob sich nicht in irgendwelchen Ecken oder Koffern blinde Passagiere eingeschlichen haben.
Verminderte Risiken
Aufregung hat Peter Kohlhepp bei den Fahrern in den letzten Tagen nicht beobachtet. Er führt das auch darauf zurück, dass die Sicherheitsdiskussion schon viel früher eingesetzt hat, als sich der Zustrom von Flüchtlingen verstärkte. Aufregung herrscht auch nicht bei der Münnerstädter Transportfirma Seger."Wir haben im wesentlichen regionalen Verkehr", sagt Geschäftsführer Joachim Seger, "unsere Fahrer sind in der Regel abends zuhause." Das sei nicht das klassische Speditionsgeschäft und daher auch weniger riskant. Irgendeinen akuten Handlungsbedarf gebe es nicht. "Aber wenn Mitarbeiter mit Bedenken kommen, werden wir sie ernst nehmen und uns Gedanken machen."
Warten auf Empfehlungen
Bei der Stadt Bad Kissingen stellt man im Moment keine besonderen Sicherheitsüberlegungen an. Auch wenn der Servicebetrieb über Lkw verfügt, die den Kissinger Weihnachtsmarkt komplett zerstören können. Insgeheim hofft man wohl, dass Bad Kissingen nicht zu den erklärten Zielen des internationalen Terrorismus gehört. Offiziell, so Pressesprecher Thomas Hack, will man erst einmal abwarten, ob beispielsweise der Bayerische Städte- und Gemeindetag Empfehlungen herausgibt. Die könnten dann unter Umständen bei der Planung der neuen Fußgängerzone berücksichtigt werden.Themen & Autoren / Autorinnen