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Bad Kissingen
Mehr als drei Jahre Gefängnis: 35-Jähriger für Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie verurteilt
Gericht in Bad Kissingen verurteilt 35-Jährige. Er hatte Unmengen an Bildern und Videos mit Kinderpornografie. Er sagt: „Es war wie eine Sucht“.
Kinder- und jugendpornografische Bild- und Videodateien hatte ein 35-jähriger aus dem Landkreis in einem Chat getauscht.       -  Kinder- und jugendpornografische Bild- und Videodateien hatte ein 35-jähriger aus dem Landkreis in einem Chat getauscht.
Foto: SymbolKarl-Josef Hildenbrand, dpa | Kinder- und jugendpornografische Bild- und Videodateien hatte ein 35-jähriger aus dem Landkreis in einem Chat getauscht.
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 03.06.2024 03:33 Uhr

Nach über zweistündiger Verhandlung wurde ein 35-jähriger Angeklagter vom Bad Kissinger Schöffengericht wegen Besitzes und Verbreitung kinderpornografischer Bilder und Videos in unzähligen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er hatte zuvor ein volles Geständnis abgelegt. Allerdings war die Beweislast auch erdrückend.

Allein 20 Minuten brauchte die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt zur Verlesung aller Einzelfälle, in denen der Angeklagte sowohl über eine spezielle App als auch über spezielle Chat-Plattformen Dateien mit kinderpornografischen Fotos und Videos getauscht oder kommentiert hatte.

In der gebotenen Sachlichkeit waren in der Anklageschrift die einzelnen Szenen aufgelistet, die vom sexuellen Missbrauch minderjähriger Mädchen bis hin zum Missbrauch von weiblichen Kleinstkindern und sogar Babys reichten. „Das war schon extremer Hardcore“, nannte es später der mit dem Fall befasste Kriminalbeamte in seiner Zeugenaussage.

Bereits einmal verurteilt

Schon 2018 war der Angeklagte , der noch immer bei seiner Mutter wohnte und in einer Behindertenwerkstätte arbeitete, wegen Verbreitung kinderpornografischen Materials zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Noch während der Bewährungsfrist wurde er ab 2019 wieder rückfällig, wie er vor Gericht zugab, obwohl alle ihm nachgewiesenen Taten in rasch zunehmender Folge in den Jahren 2020 und 2021 stattgefunden hatten.

Bild- und Videodateien

„Die Vorwürfe stimmen alle. Es war wie eine Sucht. Ich konnte nicht mehr aufhören“, versuchte der 35-Jährige sein Handeln zu entschuldigen. Er habe nach der ersten Hausdurchsuchung im Februar 2021, bei der die Polizei 300 Bild- und 250 Videodateien in seinem Besitz fand, damit aufzuhören versucht, sei aber „immer wieder reingerutscht“. Anfangs habe er noch gedacht, sich allein von seiner Sucht befreien zu können. Dann habe er sich wiederholt um therapeutische Hilfe bemüht, aber keine bekommen. „Ich konnte nicht mehr.“

Fünf Hausdurchsuchungen

Erst nach der fünften Hausdurchsuchung im vergangenen Oktober war der Angeklagte ins psychiatrische Krankenhaus Werneck eingeliefert worden, wo er heute in Therapie ist. „Es ist schön, endlich mal Hilfe zu bekommen“, schien der 35-Jährige erleichtert. „In Werneck bin ich jetzt beschäftigt und komme nicht mehr auf diese Gedanken.“

In der Psychiatrie

Durch den Hinweis einer US-Organisation, die auf Durchsuchung des Internets nach kinderpornografischem Material spezialisiert ist, war die Kriminalpolizei auf fünf Fälle aus den Jahren 2019 bis 2021 aufmerksam geworden. Immer wieder neue Hinweise führten zu wiederholten Hausdurchsuchungen , zuletzt im Oktober. Jedes Mal sei einschlägiges Material in Verstecken gefunden worden. „Dieser Fall ist der traurige Höhepunkt meiner Tätigkeit in Kinderpornografie “, bekannte der Beamte. Bei jeder Durchsuchung habe er dem Angeklagten empfohlen, sich therapeutische Hilfe zu holen. Im Oktober habe der Angeklagte gerufen: „Ich kann nicht mehr, ich mag nicht mehr.“ Erst dann wurde er von Amts wegen nach Werneck eingewiesen. „Ich halte ihn eher für einen Mitläufer, nicht für einen Täter“, urteilte der Beamte abschließend.

Beitrag zum Leid der Kinder

Diese Meinung bestätigte der psychiatrische Gutachter. Er bescheinigte dem Angeklagten eine deutliche Reifeverzögerung und eine hohe Persönlichkeitsstörung. Trotz strafrechtlicher Folgen habe er „den Suchtstoff immer weiter konsumiert“. Sein Verhalten liefere den „Verdacht auf eine sexuelle Störung, die dringend behandelt werden muss“. Heilbar sei diese Störung allerdings nicht. Erforderlich sei vielmehr eine langfristig angelegte Therapie: „Er muss den normalen Umgang mit Sexualität lernen.“

Schlimme Inhalte

Die Staatsanwältin sprach dem Angeklagten in Übereinstimmung mit dem Gutachter zwar eine verminderte Schuldfähigkeit zu, hielt ihm auch sein Geständnis und seinen augenblicklichen Aufenthalt in der Therapie zugute. Doch seien die Taten noch während der früheren Bewährungsfrist geschehen. Vor allem aber machte sie dem Angeklagten die Art der Bilder zum Vorwurf: „Es sind Inhalte, da geht es gar nicht mehr schlimmer. Es sind Kinder, Kleinstkinder , Babys! Sie tragen mit ihren Handlungen zum Leid dieser Kinder bei.“ Sie beantragte eine Gesamtstrafe von drei Jahren und zehn Monaten.

Appell für Bewährungsstrafe

Der Verteidiger versuchte gar nicht erst, den Fall schönzureden. Allerdings betonte er die verminderte Schuldfähigkeit seines Mandanten. Gegen den Impuls weiterzumachen habe dieser sich nicht wehren können. Er habe sich zwar um professionelle Hilfe bemüht, diese aber erst jetzt in Werneck bekommen. Eine Freiheitsstrafe von nur einem Jahr und sechs Monaten sei deshalb angemessen: „Die Strafe kann ein letztes Mal zur Bewährung ausgesprochen werden – unter bestimmten Therapie-Auflagen. Dies ist seine letzte Chance.“

Immer weiter gemacht

Doch das Schöffengericht folgte weitestgehend der Argumentation der Staatsanwältin. Der 35-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zwar wurde die verminderte Schuldfähigkeit anerkannt, doch habe der Angeklagte trotz mehrfacher Hausdurchsuchungen immer weitergemacht.

Auch die Inhalte seien schwerwiegend: „Kinder müssen von uns allen geschützt werden“, mahnte die Vorsitzende. Zudem habe der Angeklagte einige kriminelle Energie aufgewandt: „Man muss ja erst Zugang zu den entsprechenden Medien finden. Da gehört einiges dazu.“ In Richtung des Verteidigers meinte sie: „Auch in der Justizvollzugsanstalt gibt es gute Therapie-Möglichkeiten.“

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