Die meisten Anwohner haben das Schauspiel verpasst. Verschliefen, wie sich in den frühen Morgenstunden des Mittwochs und des Donnerstags je ein 30 Meter-Transport von der A7 durch ihre Orte schlängelte. Die jeweilige Ladung: drei Kranbahnbrücken für Werk IV der Fertighaus-Firma Hanse-Haus, das am Buchrasen emporgewachsen ist. Und nun ausgestattet wird.
Die 26 Meter langen Querträger waren im oberbergischen Gummersbach montiert worden. Mitsamt den Laufschienen und -katzen mit Seilwinden lieferten Lkw sie in der Rhön an.
Schon wenige Stunden nach der Ankunft ruhten die insgesamt 22 Tonnen schweren Ungetüme auf ihren Laufbahnen - Stahlträgern , die seitlich am Mittelgerüst und den Außenstützen angebracht wurden. Auf diesen werden sie ferngesteuert über die Köpfe der Mitarbeiter hinweggleiten, wenn ab Juni 2023 in Werk IV die Produktion anläuft.
Dort sollen künftig 50 Mitarbeiter pro Schicht Dächer und Decken zusammenfügen (das geschieht bisher in Werk II nebenan, wo dann nur noch Außen- und Innenwände gefertigt werden). Die fahrbaren Kranbrücken hieven dann das in sogenannten Abbundanlagen je nach Vorgabe zugeschnittene, markierte und vorgebohrte Holz in andere Bereiche, wo sie zusammengesetzt werden.
Alle Anlagen doppelt vorhanden
Weil in Werk IV zwei Produktionslinien untergebracht werden, existiert dort bald alles doppelt: zwei Abbundanlagen mit zwei Gruben drunter, zwei Mal drei Kranbrücken für den Transport; zwei Zusammenbaubereiche. In die Gruben fällt der Holzverschnitt, der mittels Förderbändern zu einem Zerkleinerer und dann ins Heizungs- und Spänesilo transportiert und verbrannt wird.
Auf diese Art und Weise soll die Produktionshalle künftig beheizt werden. Selbst wenn der Verschnitt im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegt: Bei einer so großen Produktion kommt einiges zusammen.
Für den ebenfalls im Bau befindlichen Sozialtrakt übernimmt die Heiz-Aufgabe eine Wärmepumpe. Ein auch geplanter kleiner Gaskessel soll laut Hanse-Architekt und Projektleiter Jochen Röll nur dem Notfall dienen - falls die anderen Systeme streiken.
Röll zufolge hat - neben dem Einbau der Kranbrücken - die Heizungsinstallation begonnen. Auch liegen schon einige Trassen für die Stromversorgung. Auch an den Oberlichtern wird derzeit gewerkelt; noch ist das Dach nicht ganz zu.
Weiter geht es mit dem Einbau von Lüftungen, Sanitäranlagen und dem Sprinklersystem. Der Sozialtrakt ist im Rohbau fertig, das Dach dicht, die Fenster drin; auch dort steht die technische Gebäudeausrüstung an.
Mit dem Baufortschritt ist Jochen Röll zufrieden. "Nach jetzigem Stand sind wir gut", sagt er mit Blick auf die schwierige Materialbeschaffung und das Ziel Produktionsbeginn im Juni 2023.
Man habe eine bestimmte Strategie gefahren. Zwar sei der Einkauf des Stahlbaus teuer gewesen, teurer als derzeit. "Aber wir haben unseren Lieferanten die Freiheit gelassen zu liefern, wann es ihnen möglich war", sagt Röll. Noch nicht benötigte Materialien habe man in der verbliebenen hinteren Halle des früheren Sägewerks Vorndran deponiert. Besonders bei Dämmung und Fassadenblechen habe sich das als Vorteil erwiesen.
Krise beeinflusst Nachfrage
Insgesamt 37 Millionen Euro investiert Hanse-Haus in Werk IV - eine Entscheidung, die vor Ausbruch des Ukraine-Krieges und damit der Energie- und Materialkrise gefallen ist.
Vorstandsvorsitzender Marco Hammer räumt ein, dass sein Unternehmen "seit Juni 2022 einen deutlichen Rückgang sowohl in der Anzahl der Interessenten als auch in der Anzahl der Neuaufträge" verzeichnet. Man habe aber in den vergangenen Jahren sehr stark verkauft und daher gut gefüllte Auftragsbücher. "Für die nächsten 18 Monate sind unsere Produktionskapazitäten zu 100 Prozent gefüllt."
Die Produktion in Werk IV dürfte also wie geplant anlaufen und Anfang 2024 Volllast erreichen. Dennoch schaut Hammer "bei aktuell niedrigen Neuaufträgen etwas angespannt in die Zukunft". Er ist jedoch "überzeugt, dass der Trend zum Fertighaus , den wir seit Jahren in Deutschland sehen, anhält und ein kurzfristiger Rückgang der Verkaufszahlen kein großes Problem darstellt".