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Ingolstadt
Marlon Henning spielt jetzt Eishockey für den ERC Ingolstadt
Vom beschaulichen Schwärzelbach in die Audi Sportakademie: Der Weg des 15-Jährigen zum Eishockey-Profi ist voller Herausforderungen.
Jürgen Schmitt
 |  aktualisiert: 23.01.2025 02:39 Uhr

Steinig und lang ist der Weg ins Profi-Geschäft. Während der ERC Ingolstadt in der DEL aktuell zu den besten Teams gehört und der Einzug in die Playoffs im Kampf um die Deutsche Meisterschaft reine Formsache zu sein scheint, ist ein junger Bursche aus Unterfranken vom Prunk und Pomp dieser Glitzerwelt ganz weit weg. Und doch so nah dran. 

Mit dem Wechsel im Sommer vom EHC Bayreuth nach Ingolstadt hat Marlon Henning seine Komfort-Zone endgültig aufgegeben. Opfer für sein Hobby, das einmal zum Beruf werden könnte, hat der 15-Jährige schon immer gebracht. Zwei- bis dreimal wurde der Youngster zwei Jahre lang regelmäßig zum Training nach Bayreuth und zu den Spielen chauffiert, machte oft die Hausaufgaben während der 160 Kilometer langen Fahrt vom beschaulichen Schwärzelbach in die Wagnerstadt. 

Seit einigen Monaten ist das Leben des Teenagers, der mit dem Eishockeyspielen in Bad Kissingen und Haßfurt begann, allerdings komplett auf den Kopf gestellt. „Marlon muss jetzt alleine zurechtkommen“, sagt Mutter Nicole. Einerseits traurig, aber auch stolz über den selbstgewählten Weg des Sohnes, dessen Alltag sich seit dem 1. August rund um die „Audi Sportakademie“ abspielt, unmittelbar am Fußball-Stadion der „Schanzer“ gelegen. Kicker und Eishockey-Cracks zwischen 14 und 19 Jahren finden dort ein Ersatz-Zuhause, um ihren Traum vom Profi-Sport zu leben. „Das Ambiente, die Jungs, das Training. Das Gesamt-Paket in Ingolstadt hat einfach gepasst. Und der Weg dorthin ist für die Familie akzeptabel“, sagt Nicole Henning. 

Einzelzimmer und Gemeinschaftsküche

Ein Einzelzimmer belegt der Verteidiger in der Akademie, teilt sich ein Bad mit einem Mannschafts-Kollegen. Die Gemeinschaftsküche und ein Aufenthaltsraum erleichtern den sozialen Kontakt zu den Mitbewohnern. Mit dem Umzug nach Oberbayern war auch ein Schulwechsel vom Frobenius-Gymnasium in Hammelburg ans Apian-Gymnasium, der Kooperationsschule des ERC Ingolstadt verbunden. 

Gependelt wird auch zum Training in die etwa fünf Kilometer entfernte Eis-Arena oder in die Übungshalle. Mal mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mal mit dem Fahrrad oder dem E-Scooter. Zumindest bleiben mir die langen Autofahrten zum Training erspart, wie dies in Bayreuth der Fall war“, lacht Marlon Henning, der wenn möglich an spielfreien Wochenenden nach Hause kommt. „Das ist meist aber nur für eine Nacht. Für längere Zeit war ich jetzt das erste Mal in den Weihnachtsferien zuhause.“

Der Trainer zeigt sich mit der Entwicklung seines Schützlings jedenfalls sehr zufrieden. „Zum Anfang der Saison hatte Marlon noch etwas Probleme, sich an das höhere Leistungsniveau anzupassen, aber durch beständige harte Arbeit hat er sich immer besser in das Team eingefunden und so seinen Platz in der Mannschaft relativ schnell gefunden und sich durch seine Disziplin und seinen Ehrgeiz schnell einen guten Rhythmus aufgebaut und sehr gut eingelebt“, sagt Maximilian Deichstetter, der beim ERC die U17 betreut.

Marlon Henning spielt Eishockey für den ERC Ingolstadt       -  Mit der Rückennummer '6' spielt Marlon Henning für die U17 des DEL-Vereins ERC Ingolstadt.
Foto: privat | Mit der Rückennummer "6" spielt Marlon Henning für die U17 des DEL-Vereins ERC Ingolstadt.

„Unser Sohn lernt viel in Ingolstadt. Auch, sich an Regeln zu halten und seinen Tagesablauf zu organisieren. Er wäscht selbst, kauft ein oder kocht sich mal was in der Akademie, wenn er nicht in die Mensa geht“, bestätigt Nicole Henning. Ein Internats-Angestellter hilft bei Fragen, schaut aber auch darauf, dass die unter 16-Jährigen bis 21 Uhr im Internat sind. „Marlon will diesen Weg gehen. Ich bin beeindruckt von seiner Einstellung und seinem Fokus“, sagt die Mutter.

Mit einem Trainingslager in Tschechien und einem Turnier in Ingolstadt hatte die Vorbereitung begonnen, ehe Anfang September bereits die Saison startete. „Auf dem Eis war natürlich alles viel schneller, schließlich spielen wir mit Ingolstadt in der Division I, der höchsten deutschen Nachwuchsliga“, sagt Marlon Henning. „Außerdem ist der Leistungsdruck viel höher, aber das ist ja genau das, was ich unbedingt wollte.“

Für Deichstetter ist der Neuzugang aus dem Landkreis Bad Kissingen die erhoffte Verstärkung. „Marlons Stärken liegen in den technischen Fertigkeiten. Er ist ein sehr guter Schlittschuhläufer und löst Situationen mit sehr guten ersten Entscheidungen und Aktionen. Zudem ist er sehr lautstark auf dem Eis und kommuniziert sehr gut mit seinen Mitspielern. Arbeiten muss Marlon an seinen zweiten Aktionen und taktischem Verständnis. Was jedoch häufig bei neuen Spielern der Fall ist.“

Nach den zehn Vorrundenspielen musste die Mannschaft einen herben Rückschlag verkraften, um einen Punkt wurde nämlich die Meisterrunde verpasst. Das Fehlen verletzter Leistungsträger hatte nicht kompensiert werden können. Zur festen Größe im Team avancierte in dieser Zeit Marlon Henning, der seit seinem Wechsel aus Bayreuth nicht nur zehn Zentimeter an Körpergröße, sondern durch das Training auch an Masse zugelegt hatte. Gute Voraussetzungen für einen Defensiv-Spezialisten. 

In der aktuellen Qualifikationsrunde sind die Ingolstädter mit zwölf Siegen in zwölf Spielen unangefochtener Erster, ein möglicher Abstieg damit kein Thema. Dafür ist der ERC-Nachwuchs schlichtweg zu gut. „Ich habe mich in vielen Bereichen verbessert und werde mich verbessern müssen, um weiterzukommen. Aber nicht nur ich, sondern das gesamte Team ist ehrgeizig“, weiß der 15-Jährige, der zum jüngeren Jahrgang der U17 gehört. 

An vier Tagen in der Woche wird trainiert mit jeweils einer Stunde Athletik- und 75 Minuten Eistraining. Einmal in der Woche gibt es unmittelbar nach der Schule noch eine zusätzliche Eiszeit. „Grundsätzlich erwarte ich von allen Spielern ein positives Mindset und eine positive Ausstrahlung. Zudem erwarte ich eine hohe Lernbereitschaft, keine Angst vor Fehlern zu haben, harte Arbeit und Spaß. Wir verlangen den Spielern hier viel ab, da soll der Spaß nicht zu kurz kommen“, sagt Deichstetter.

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In der knapp bemessenen Freizeit geht der junge Unterfranke gerne mal zum Entspannen in die Donau-Therme. Ab und an mal klappt es auch mit einem Besuch bei einem DEL-Spiel der „Panther“ in der knapp 5000 Zuschauer fassenden Arena.

Einen Einjahresvertrag hat Marlon Henning in der Tasche, was langfristige Planungen erschwert. Mehr Druck als nötig will sich der 15-Jährige aber nicht machen. „Würde der Vertrag nicht verlängert werden, stünde ein neuer Vereinswechsel an, wahrscheinlich zu einem Club in der Gegend von Ingolstadt, wo es ja viele Eishockey-Vereine gibt“, sagt Nicole Henning. Als der ERC die Meisterrunde verpasste, kamen jedenfalls diverse Angebote von anderen Vereinen.

In den nächsten Wochen gilt es erst einmal, die Quali-Runde ohne Niederlage zu beenden. „In der nächsten Saison möchte ich auf jeden Fall weiterhin in der höchsten deutschen Nachwuchsliga spielen“, sagt der Schwärzelbacher. „Marlon ist ein super Junge, der sehr freundlich, ehrgeizig, diszipliniert und lernwillig ist. Er passt sehr gut in unsere Mannschaft und unseren Verein“, findet Maximilian Deichstetter.

 
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