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BAD KISSINGEN
Manuelle Glanzleistungen
kup
 |  aktualisiert: 15.07.2013 17:36 Uhr

Natürlich hat die Pianistin Sophie-Mayuko Vetter zwei Hände. Und die gebürtige Japanerin benutzte sie auch beide in ihrem Solokonzert beim Kissinger Sommer. Aber was die Musikerin bei zwei Stücken, die ausschließlich für die linke Hand komponiert sind, einhändig aus dem Steinway herausholte, war das eigentlich Erstaunliche dieses Konzertes.

Da war zum einen das Stück für die linke Hand „La mano sinistra (Piece for Leon)“ des im vergangenen Jahr verstorbenen Hans Werner Henze. Sophie-Mayuko Vetter hatte sich zu Konzertbeginn in einer kleinen Anrede an das Publikum gewandt, das die Reihen des Rossini-Saals nicht einmal zur Hälfte füllte, und gesagt, dass sie das Konzert nicht nur, passend zum Wagner-Jahr, Richard Wagner, sondern auch Hans Werner Henze widmete. Sie tat gut daran. Denn Stimmung und Faktur des Henze-Stückes waren so etwas wie die Essenz des Konzertprogramms, das ganz auf virtuose Bravournummern verzichtet, sondern auf tief empfundene Innerlichkeit setzte, die die Solistin mit technischer Brillanz und großer Musikalität auslotete.

Da war zum anderen Skrjabins Nocturne für die linke Hand, die Sophie-Mayuko Vetter als Zugabe gab. Wie die Pianistin hier, nur mit der linken Hand, die sonore Melodie nebst Bassgängen, Akkordbrechungen und hohen Umspielungen herausstellte und fein unterschied zwischen Haupt- und Nebenstimmen, war eine manuelle und interpretatorische Glanzleistung.

Henze war, wie die Pianistin dem Publikum erläuterte, der Lehrer von Peter Ruzicka. So passte es gut, dass sie ein Stück aus der Feder von Ruzicka spielte. Mit „Über Unstern“ trug sie ein hochexpressives Stück vor, das der Stammgast des Kissinger Sommers vor zwei Jahren komponiert hat und in dem er sich mit Liszts spätem Klavierstück „Unstern“ schöpferisch auseinandersetzt. Sophie-Mayuko Vetter hatte Liszts „Am Grabe Richard Wagners“ und „Unstern“ unmittelbar vor dem Ruzicka-Werk vorgetragen, dessen schichtweises Hinzukomponieren neuer Zusatz-Strukturen sich deshalb anschaulich erschloss.

Die Pianistin umrahmte diese anspruchsvollen Werke mit gewichtigen, aber – im Vergleich zum Rest – traditionelleren Werken des 19. Jahrhunderts, die die Künstlerin mit wunderschöner Einfühlung in die jeweilige Ausdruckswelt darbot. Das waren Wagners Albumblatt-Sonate sowie die Drei Intermezzi und Sechs Klavierstücke von Brahms Opus 117 und 118. Beim Brahms traf die Musikerin exakt den Tonfall dieser Musik, die sich zwischen Trotz und Melancholie bewegt. Bewundernswert war, wie sie die Bandbreite ihres mal duftig-zarten, mal kraftvoll zupackenden Anschlags einsetzte, um profiliert und subtil in Brahms' musikalischen Kosmos zu entführen.

 
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