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Bad Bocklet
Manuela Rottmann zu Besuch im Bücher-Pavillon
Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann (Bündnis90/Die Grünen) stattete dem Bücher-Pavillon in Bad Bocklet einen Besuch ab. Dort wurden allerlei interessante Bücher vorgestellt.
Bücherpavillon: Manuela Rottmann mit Martin Eisenmann und Melissa Meckel       -  Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann (rechts) präsentierte mit Buchhändler Martin Eisenmann und dessen Mitarbeiterin Melissa Meckel Bücher mit politischem Inhalt.
Foto: Sigismund von Dobschütz | Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann (rechts) präsentierte mit Buchhändler Martin Eisenmann und dessen Mitarbeiterin Melissa Meckel Bücher mit politischem Inhalt.
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 10.08.2024 02:39 Uhr

Wieder einmal nahm sich die literaturbegeisterte Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann (Bündnis90/Die Grünen) zwei Stunden Zeit, um im Bad Bockleter Bücher-Pavillon gemeinsam mit Inhaber Martin Eisenmann und dessen Mitarbeiterin Melissa Meckel lesenswerte Bücher vorzustellen. Am vergangenen Mittwoch ging es ausschließlich um Kinder- und Jugendliteratur sowie um Romane und Sachbücher , die sich mit der schleichenden Gefährdung demokratischer Regierungsformen durch innen- und außenpolitische Angriffe in Vergangenheit und Gegenwart beschäftigen.

Was passiert, wenn Rechtsextremismus mächtiger wird?

Die Wahl dieses Themas ist in einer Runde mit der Politikerin zwar naheliegend, doch war es Buchhändlerin Melissa Meckel, die nach Lektüre des gerade erst veröffentlichten Sachbuches „Machtübernahme“ von Arne Semsrott vorgeschlagen hatte, eine entsprechende Auswahl politischer Bücher vorzustellen. Ein „super Buch, sehr die Augen öffnend und dabei spannend geschrieben“, schwärmte Meckel. In seinem Buch geht der Politikwissenschaftler und zweifache Träger des „Otto-Brenner-Preises für kritischen Journalismus“ der Frage nach, was passieren kann, wenn Rechtsextreme an die Macht kommen. Im zweiten Teil nennt er konkrete Mittel und Wege, wie man einer rechten Machtübernahme begegnen kann.

Fesselnde Schullektüre

Ebenso begeistert war Meckel von dem 2021 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis prämierten Buch „Dunkelnacht“ von Kirsten Boie über die verheerende Zeit bei Zusammenbruch des Nazi-Regimes, erzählt aus Sicht von drei Jugendlichen. Meckel: „Ich wollte nur mal reinlesen, aber dann hat es mich gefesselt.“ Das Buch sei Schullektüre seines Sohnes am Münnerstädter Gymnasium gewesen, ergänzte Martin Eisenmann. „Die ganze Klasse war vom Buch emotional gepackt“, dass sein Sohn anschließend das Gespräch mit den Eltern gesucht habe.

Moskau in Zeiten der stalinistischen Dikatatur

Bücher beschäftigen sich meistens mit Diktaturen, selten mit der Demokratie, stellte Politikerin Manuela Rottmann fest. Sie empfahl den 2008 erstveröffentlichten und 2022 als Taschenbuch herausgegebenen Band „Terror und Traum. Moskau 1937“ des Historikers Karl Schlögel. „Das ist sein Opus Magnum“, urteilte Rottmann. Obwohl seit Moskauer Studienjahren ein „glühender Anhänger Russlands“ (Rottmann), schildert der Autor, wie auf dem Höhepunkt der stalinistischen Diktatur die Gesellschaft in einem Orkan der Gewalt vollständig zugrunde geht. „Was macht es mit einer Gesellschaft, wenn die Gewalt jeden und zu jeder Zeit erwischen kann“, sei die zentrale Frage des mehr als 800 Seiten starken Buches.

Die Unterwanderung einer Demokratie

Schneller lesbar ist mit nur 300 Seiten „Die Moskau-Connection“ von Reinhard Bingener und Markus Wehner über „das Schröder-Netzwerk und Deutschlands Weg in die Abhängigkeit“ aus Mai 2023. Rottmann: „Ein spannend geschriebenes journalistisches Sachbuch .“ Es behandelt den „Pipeline-Deal“ mit Russland und die Frage, welche Rolle Gerhard Schröder als SPD-Bundeskanzler und späterer Gas-Lobbyist mit seinem weitverzweigten Netz in Politik und Wirtschaft sowie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als damaliger Außenminister spielten. „Das Buch weckt die Sensibilität vor einer schleichende Unterwanderung unserer Demokratie.“

Vom schleichenden Übergang einer Demokratie in ein autokratisches System handelt der Roman „GRM. Brainfuck“ (2019) von Sibylle Berg . Das Buch sei keine futuristische Dystopie, betonte Rottmann, sondern spielt in der Gegenwart. „Ich wünschte mir, es wäre alles nur erfunden“, fasste sie ihren Eindruck zusammen. „Was passiert mit unserer Demokratie, wenn die Stellschrauben nur bisschen angezogen werden?“

Kinderbücher über ernste Themen

Als Vater von drei Söhnen hatte Buchhändler Martin Eisenmann zwei Kinderbücher ausgewählt, „über die man als Eltern mit seinen Kindern sprechen sollte“. Beeindruckt war er vom Band „Das alte Haus an der Gracht“ (2023) von Thomas Harding, illustriert von Britta Teckentrup, über die bewegte Geschichte jenes über 400 Jahre alten Amsterdamer Hauses, in dem sich zuletzt Anne Frank und ihre Familie versteckten und das später zum Museum ausgebaut wurde. Eisenmann: „Ein sehr schönes Buch, gut zu lesen, nicht nur für Kinder.“

Vom stillen Widerstand in Zeiten des Nazi-Regimes erzählt das von ihm ebenfalls empfohlene Buch „Nicky & Vera“ (2022) von Peter Sís über den Engländer Nicholas Winton (1909-2015), dem es abseits öffentlicher Aufmerksamkeit gelang, mit Eisenbahn-Transporten aus Prag insgesamt 669 jüdische Kinder vor dem Holocaust zu retten. „Eine ergreifende Geschichte, in wunderbarer Bildsprache erzählt“, lobte Eisenmann das Buch.

Emotionaler Roman nach wahrer Begebenheit

Vom Widerstand im Untergrund erzählt auch der im April erschienene Roman „Wir waren nur Mädchen “ von Buzzy Jackson über die wahre Geschichte der holländischen Jura-Studentin Hannie Schaft, von den deutschen Besatzern als „ Mädchen mit dem roten Haar“ gesucht. Sie habe mit den „Waffen einer Frau“ gekämpft, fasste Eisenmann die Handlung zusammen, und ihre eigene Schönheit gezielt gegen Nazis eingesetzt. „Der Roman ist so einfühlsam geschrieben“, gab er immer noch ergriffen zu, „dass ich die letzten 60 Seiten nicht mehr lesen konnte.“ Hannie Schaft wurde nach fünf Jahren im Untergrund kurz vor Kriegsende doch noch gefasst und am 17. April 1945 von den Besatzern erschossen.

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