Bad Kissingen
Manchmal ist der Teufel nützlich
Die Bamberger Symphoniker spielten das Requiem von Gabriel Fauré. Als Kontrast gab es ein vergnügliches Konzert von Joseph Haydn.
Die traurigste Musik der Welt im fünftbesten Konzertsaal der Welt und dann das traurigste Requiem der Welt. Dazwischen eine sprudelnde Sinfonia concertante - und alles mit dem weltbesten fränkischen Sinfonieorchester. Da konnte man ja einiges erwarten, zumal das Konzert "Im Paradies" überschrieben war und der Bayerische Rundfunk an den Eingängen wegen der Direktübertragung bereits um (himmlische) Ruhe gebeten hatte.
Wer da noch innere Unruhe verspürte, dem konnten die Bamberger Symphoniker unter der Leitung von Manfred Honeck helfen. Mit Samuel Barbers Adagio for Strings op. 11 hatten sie ein hochwirksames Sedativum, das umso wirksamer ist, je besser es gespielt wird. Und nach der Aufführung durch die Bamberger war man perfekt ruhig gestellt, denn am Ende hatten sie präzise gezeigt, dass dieser Satz zwar ein Crescendo und ein Decrescendo hat, aber keine Pointe. Und an der Ausführung gab's auch nichts zu meckern.
Totaler Kontrast war die Sinfonia concertante für Oboe, Fagott, Violine, Violoncello und Orchester von Joseph Haydn. Denn Manfred Honeck hatte in den beiden Ecksätzen außerordentlich frische Tempi angeschlagen, die den Spaßcharakter dieser Divertimentomusik bestens zur Geltung brachten. Und die vier Solisten, Andrey Godik (Oboe) vom Staatsorchester Braunschweig sowie die drei Bamberger "Eigengewächse" Alexei Tkachuk (Fagott), Ilian Garnetz (Violine) und Ulrich Witteler (Violoncello) zelebrierten mit großem Genuss das Zusammenspiel, das Zuwerfen der Bälle in ihrem kleinen Quartett ebenso wie die Konfrontation mit dem Orchester, aber auch das Eintauchen in ihm. In allen drei Sätzen war man als Zuhörer ständig gefordert, die Beziehungen aller Beteiligten untereinander zu sortieren. Ein höchst vergnügliches Sortieren.
Das "Requiem" von Gabriel Fauré ist ein seltsames Stück Musik, weil ihm ein wesentlicher Aspekt fehlt: Der Tod als Auftakt des göttlichen Strafgerichts, als Türöffner zur Hölle. Für den Franzosen war der Tod ein mildes Hinübergleiten ins Paradies, eine Befreiung aus dem Diesseits. Auf ihn machten die Höllenwarnungen von den Kanzeln keinen Eindruck. Er hatte sie als Organist an der Pariser Kirche Sainte-Madelaine auch oft genug gehört. Er wollte seine versöhnliche Haltung auch in seiner Musik offenbaren, und so schrieb er ein Requiem ohne jeden musikalischen Konflikt, ein Dahinströmen, das zunächst einmal gut klingt, an das man sich als Hörer aber auch schnell gewöhnen kann.
Die Theologen mögen das anders sehen, aber in der Musik ist der Teufel ein enorm wichtiger Kontrapunkt zu Gott, sonst gäbe es keine Kontraste, kein Dantesches Inferno, kein Dies irae, keinen Tritonus, auch Teufelsintervall genannt. Er wird gebraucht für die Spannung. Oder anders gesagt: Wenn das Paradies so spannungslos ist wie in der Fauréschen Vorstellung, verliert es ein bisschen an Attraktivität. Denn schließlich muss man sich dort eine Ewigkeit aufhalten.
Der andere Aspekt, der zu denken gab: Fauré setzt ein komplettes sinfonisches Orchester auf die Bühne, aber er setzt es "unwirtschaftlich" ein. Viel zu tun haben die tiefen Streicher ab der 2. Violine, mäßig zu tun hat die 1. Violine, weniger die Holzbläser mit Hörnern, die Harfe, Orgel und Pauken. Die Blechbläser sind kaum im Einsatz. Das lässt sich natürlich konzeptionell begründen mit Faurés Wunsch nach einem gedeckten Klang - zumal die Streicher mitunter auch mit Dämpfer spielen. Aber wer das Orchester beobachtete, bekam manchmal das Gefühl, dass Fauré vielleicht Probleme mit der Instrumentierung hatte. Denn auch Posaunen und Trompeten können sehr leise und weich spielen.
Aber jenseits aller Vorbehalte muss man sagen, dass die Bamberger eine ausgezeichnete, in sich stimmige Interpretation lieferten. Der Chor, der die vokale Hauptlast in diesem Werk zu tragen hat, verwirklichte das Ideal der allumfassenden Harmonie mit großer Sensibilität.
Der Tiroler Bariton Andrè Schuen sang seine beiden Arien "Hostias et preces" und "Libera me", die beiden individualisierten Äußerungen der gläubigen Seele, mit großer innerer Ruhe und Überzeugungskraft, mit stabilem Stimmsitz und einer Agogik, die die Dringlichkeit der Bitten durchaus deutlich machte. Die Sopranistin Sunhae Im, die für Anna Lucia Richter einsprang, steuerte eine Arie bei: "Pie Jesu, Domine", die Bitte um ewige Ruhe für die Seelen, die sie mit großer Innerlichkeit gestaltete.
Und das Orchester? Es legte einen wunderbaren Untergrund für den Chor und schaffte es, trotz der sehr oft langsamen Tempi und einheitlichen Klangfarben Spannung in das Spiel zu bringen, Erwartungen zu wecken, die Fauré allerdings nicht immer eingelöst hat.
Wer da noch innere Unruhe verspürte, dem konnten die Bamberger Symphoniker unter der Leitung von Manfred Honeck helfen. Mit Samuel Barbers Adagio for Strings op. 11 hatten sie ein hochwirksames Sedativum, das umso wirksamer ist, je besser es gespielt wird. Und nach der Aufführung durch die Bamberger war man perfekt ruhig gestellt, denn am Ende hatten sie präzise gezeigt, dass dieser Satz zwar ein Crescendo und ein Decrescendo hat, aber keine Pointe. Und an der Ausführung gab's auch nichts zu meckern.
Totaler Kontrast war die Sinfonia concertante für Oboe, Fagott, Violine, Violoncello und Orchester von Joseph Haydn. Denn Manfred Honeck hatte in den beiden Ecksätzen außerordentlich frische Tempi angeschlagen, die den Spaßcharakter dieser Divertimentomusik bestens zur Geltung brachten. Und die vier Solisten, Andrey Godik (Oboe) vom Staatsorchester Braunschweig sowie die drei Bamberger "Eigengewächse" Alexei Tkachuk (Fagott), Ilian Garnetz (Violine) und Ulrich Witteler (Violoncello) zelebrierten mit großem Genuss das Zusammenspiel, das Zuwerfen der Bälle in ihrem kleinen Quartett ebenso wie die Konfrontation mit dem Orchester, aber auch das Eintauchen in ihm. In allen drei Sätzen war man als Zuhörer ständig gefordert, die Beziehungen aller Beteiligten untereinander zu sortieren. Ein höchst vergnügliches Sortieren.
Das "Requiem" von Gabriel Fauré ist ein seltsames Stück Musik, weil ihm ein wesentlicher Aspekt fehlt: Der Tod als Auftakt des göttlichen Strafgerichts, als Türöffner zur Hölle. Für den Franzosen war der Tod ein mildes Hinübergleiten ins Paradies, eine Befreiung aus dem Diesseits. Auf ihn machten die Höllenwarnungen von den Kanzeln keinen Eindruck. Er hatte sie als Organist an der Pariser Kirche Sainte-Madelaine auch oft genug gehört. Er wollte seine versöhnliche Haltung auch in seiner Musik offenbaren, und so schrieb er ein Requiem ohne jeden musikalischen Konflikt, ein Dahinströmen, das zunächst einmal gut klingt, an das man sich als Hörer aber auch schnell gewöhnen kann.
Zu wenig Spannung
Die Theologen mögen das anders sehen, aber in der Musik ist der Teufel ein enorm wichtiger Kontrapunkt zu Gott, sonst gäbe es keine Kontraste, kein Dantesches Inferno, kein Dies irae, keinen Tritonus, auch Teufelsintervall genannt. Er wird gebraucht für die Spannung. Oder anders gesagt: Wenn das Paradies so spannungslos ist wie in der Fauréschen Vorstellung, verliert es ein bisschen an Attraktivität. Denn schließlich muss man sich dort eine Ewigkeit aufhalten.Der andere Aspekt, der zu denken gab: Fauré setzt ein komplettes sinfonisches Orchester auf die Bühne, aber er setzt es "unwirtschaftlich" ein. Viel zu tun haben die tiefen Streicher ab der 2. Violine, mäßig zu tun hat die 1. Violine, weniger die Holzbläser mit Hörnern, die Harfe, Orgel und Pauken. Die Blechbläser sind kaum im Einsatz. Das lässt sich natürlich konzeptionell begründen mit Faurés Wunsch nach einem gedeckten Klang - zumal die Streicher mitunter auch mit Dämpfer spielen. Aber wer das Orchester beobachtete, bekam manchmal das Gefühl, dass Fauré vielleicht Probleme mit der Instrumentierung hatte. Denn auch Posaunen und Trompeten können sehr leise und weich spielen.
Aber jenseits aller Vorbehalte muss man sagen, dass die Bamberger eine ausgezeichnete, in sich stimmige Interpretation lieferten. Der Chor, der die vokale Hauptlast in diesem Werk zu tragen hat, verwirklichte das Ideal der allumfassenden Harmonie mit großer Sensibilität.
Der Tiroler Bariton Andrè Schuen sang seine beiden Arien "Hostias et preces" und "Libera me", die beiden individualisierten Äußerungen der gläubigen Seele, mit großer innerer Ruhe und Überzeugungskraft, mit stabilem Stimmsitz und einer Agogik, die die Dringlichkeit der Bitten durchaus deutlich machte. Die Sopranistin Sunhae Im, die für Anna Lucia Richter einsprang, steuerte eine Arie bei: "Pie Jesu, Domine", die Bitte um ewige Ruhe für die Seelen, die sie mit großer Innerlichkeit gestaltete.
Und das Orchester? Es legte einen wunderbaren Untergrund für den Chor und schaffte es, trotz der sehr oft langsamen Tempi und einheitlichen Klangfarben Spannung in das Spiel zu bringen, Erwartungen zu wecken, die Fauré allerdings nicht immer eingelöst hat.
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