In diesem Jahr fehlen in Mainfranken rund 18.000 passend qualifizierte Arbeitskräfte. Bis zum Jahr 2027 wird der Mangel in der Region auf voraussichtlich rund 22.500 fehlende Arbeitskräfte ansteigen - ein Plus von 28 Prozent. Diese Zahlen stammen aus dem neuen IHK-Arbeitsmarktradar Bayern, das vom IW Köln im Auftrag des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) erstellt wurde. Die Lücke an Arbeitskräften ergibt sich aus der Zahl der offenen Stellen abzüglich passend qualifizierter Arbeitsloser.
Bereits jetzt gibt es für mehr als die Hälfte aller offenen Stellen (rund 54 Prozent) in Bayern keine passend qualifizierten Bewerber, weil die Nachfrage nach Arbeitskräften größer ist als das vorhandene Angebot.
„Fehlende Arbeitskräfte bremsen die regionale Wirtschaft immer mehr aus", erklärt der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Lukas Kagerbauer. Für Betriebe in besonders betroffenen Branchen könne er zur Existenzfrage werden, zumindest aber zu teilweise gravierenden Anpassungen im Serviceangebot führen.
Lange Wartezeiten, ausgedünnte Angebote
Das hieße konkret etwa: Mehr Schließtage in der Gastronomie, ausgedünnte Fahrpläne bei Bussen und Bahnen, längere Wartezeiten bei qualifizierten Handwerkern und Werkstätten, beim Arzt und im Krankenhaus, wachsende Betreuungslücken für Kinder und Senioren. „Bereits heute verliert Mainfranken durch die Arbeitskräftelücke rund 1,8 Milliarden Euro an Wertschöpfung. Würden den Unternehmen ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, könnte die Wertschöpfung in Mainfranken rund vier Prozent höher sein.“
Kagerbauer fordert daher: „Die Unternehmen brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen zur Förderung von Beschäftigung. Alle vorhandenen Potenziale müssen ausgeschöpft werden. Dazu gehören mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme und Qualifizierung für Erwerbslose sowie eine höhere Erwerbsbeteiligung von Älteren und Frauen, etwa durch lohnsteuerliche Anreize und eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung.“ Er weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Zuwanderung eine immer größere Rolle für den Beschäftigungsaufbau in Mainfranken und Bayern spiele. Dieser werde schon seit 2023 rein von ausländischen Staatsangehörigen getragen. Laut Arbeitsmarktradar wird der Anteil von Ausländern an den Beschäftigten im Freistaat bis 2027 auf 23 Prozent steigen. 2017 hatte diese Quote bei 14 Prozent gelegen.
In fast allen Bereichen
Ein Blick ins Detail: Die meisten Beschäftigten fehlen in Mainfranken laut Studie auf dem Qualifikationsniveau „Fachkraft“, darunter fallen üblicherweise Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung. Hier dürfte die Lücke bis 2027 rund 13.200 Personen betragen. Auf dem Qualifikationsniveau „Spezialist“, das sind zum Beispiel Meister, Fachwirte und Bachelor-Absolventen, gibt es in Mainfranken im Jahr 2027 voraussichtlich rund 3400 Arbeitskräfte zu wenig. Auf dem Niveau „Experte“ (akademische Abschlüsse wie Master oder Staatsexamen) werden laut Arbeitsmarktradar voraussichtlich rund 4100 Arbeitskräfte fehlen.
Bei den Berufsgruppen gibt es aktuell die größte Arbeitskräftelücke bei Verkäufern, gefolgt von Fachkräften in der Lagerwirtschaft, in der Gesundheits- und Krankenpflege, in der Kinderbetreuung sowie Berufskraftfahrern.
Bis 2027 wird das größte Beschäftigungswachstum in folgenden Bereichen stattfinden: Verkehrs- und Logistikberufe (außer Fahrzeugführung (plus 4900), Medizinische Gesundheitsberufe(plus 3600) und Erziehung, soziale und hauswirtschaftliche Berufe, Theologie (plus 2500). Den größten Rückgang dürfte es in der Berufshauptgruppe Metallerzeugung und -bearbeitung, Metallbauberufe geben (minus 3000).
Längere Lebensarbeitszeit?
Unter der Annahme, dass sich die positiven Trends bei der Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Älteren, Frauen und durch Zuwanderung , fortsetzen, könnte die Zahl der Beschäftigten in Mainfranken bis 2027 auf rund 407.000 steigen, ein Plus von knapp sieben Prozent gegenüber 2022, so die Studie. Dennoch würde die Nachfrage nach Arbeitskräften noch stärker wachsen als das Arbeitsangebot.
Ohne die zusätzlichen Potenziale von älteren Menschen, Frauen und Zuwanderern droht dagegen rein demografisch bedingt im gleichen Zeitraum ein Rückgang der Beschäftigung in der Region auf rund 382.000, was mit einer deutlichen Schwächung der heimischen Wirtschaft einhergehen würde.
Mit Blick auf den gesamten Freistaat Bayern wird für das Jahr 2024 ein Mangel von etwa 151.000 Arbeitskräften prognostiziert. Bis 2027 könnte die Zahl auf über 175.000 steigen, ein Zuwachs von 17 Prozent. Der Arbeitskräftemangel verursacht im Freistaat bereits heute einen Wertschöpfungsverlust von rund 17 Milliarden Euro. Weitere Informationen finden Interessierte online unter wuerzburg.ihk.de/wirtschaftsregion/ihk-arbeitsmarktradar .