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Münnerstadt
Geräuschlose Gefahr: Mähroboter-Nachtfahrverbot wegen Igeln in Münnerstadt?
Die automatisch fahrenden Rasenmäher sorgen für eine stets frische Wiese. Doch fahren sie nachts, können sie den Igeln zum Verhängnis werden. Ist ein Fahrverbot die Lösung? Und was schadet Igeln noch?
Mähroboter werden Igeln nachts zum Verhängnis.       -  Mähroboter werden Igeln nachts zum Verhängnis.
Foto: Franziska Schäfer/midjourney | Mähroboter werden Igeln nachts zum Verhängnis.
Ellen Mützel
 |  aktualisiert: 30.01.2025 02:42 Uhr

In diversen Städten, sei es Wiesmoor im Norden oder München im Süden, diskutieren Stadt- und Gemeinderäte in den vergangenen Wochen ein Nachtfahrverbot für Mähroboter. Der Grund: Sie fahren relativ geräuschlos und schaden damit Igeln und anderen Kleintieren. Auch im Münnerstädter Stadtrat ging nun über Stadtrat Adrian Bier (Die PARTEI) ein Antrag ein. 

Leise Roboter versus Tiere ohne Fluchtreflex

Er beschreibt darin, dass Mähroboter, die Abends fahren, gefährlich für die kleinen Tiere sind. "Im Dunkeln sind die nachtaktiven Igel auf Nahrungssuche. Gerade jetzt im beginnenden Herbst fressen sie sich ein Polster für den Winterschlaf an", so der Antrag. Treffen sie dabei auf einen Mähroboter, sind sie diesem "praktisch hilflos ausgeliefert, denn Igel sind keine Fluchttiere: bei Gefahr stellen sie ihr Stachelkleid auf, doch das schützt sie nicht gegen die scharfen Klingen der Mähroboter." 

Die Verletzungen seien oft tödlich für Igel. Auch wenn viele Hersteller die Sicherheitsstandards ihrer Roboter-Modelle herausstellen würden, beziehe sich das meist nur auf große, kräftige Tiere, die von den Sensoren der automatischen Mäher erkannt werden. Kleinere Igel, Lurche und Reptilien werden von Mährobotern nicht als Hindernis erkannt und deshalb überrollt, verletzt oder getötet.

Wildschutzinitiative: Bereits Erfahrungen gemacht

Luisa Ruppert von der Wildschutzinitiative (WSI) Bad Kissingen bestätigt das: "Bezüglich der Mähroboter kann ich berichten, dass ich in der Vergangenheit bereits Igel in Obhut genommen habe, die durch Mähroboter schwerst verletzt wurden. Auch weitere Pflegestellen in den benachbarten Landkreisen bekommen sporadisch derartige Notfälle." In den meisten Fällen seien die Verletzungen so schwerwiegend gewesen, sodass sie die Tötung der Tiere beauftragen musste. 

Im Jahr 2023 hatte Lisa Ruppert zusammengerechnet 113 Igel in Pflege, von denen neun als Mähroboterunfall gemeldet wurden. Die Dunkelziffer betroffener Igel liege natürlich höher, da viele Tiere bereits vor Fund verenden oder nicht mehr lebend ankommen. "Ein Nachtfahrverbot ist daher sehr sinnvoll, allerdings stellen Mähroboter durchaus auch am Tag eine Gefahr für Igel und ihren Nachwuchs dar", findet sie.

Welche Zeiträume sind sinnvoll?

Möchte man das Igel-Sterben durch Mähroboter verhindern, ist ein Nachtfahrverbot für die Roboter das Mindeste", schreibt Adrian Bier in seinem Antrag. Er stellt eine Uhrzeit von 18 bis 8 Uhr zur Debatte. Im Sommer könne man das Fahrverbot auf 21 Uhr festlegen. Aus Erfahrung weiß er, dass derzeit tatsächlich abends in der Stadt noch Mähroboter auf den Rasen unterwegs sind. Igel sind ab der Dämmerung aktiv.

Bürgermeister Michael Kastl (CSU) will dazu ein Stimmungsbild einfangen. Johannes Wolf (Grüne) glaubt nicht, dass die Anzahl der Mähroboter allzuhoch sei, so würde ein Verbot auch weniger Menschen wehtun. Er findet das Verbot sinnvoll, würde aber von Sonnenauf- bis Untergang vorschlagen. 

Auf Information statt Verbote setzen

Klaus Schebler (Neue Wege) findet, dass der Antrag in die richtige Richtung geht, aber appelliert, "den Leuten nicht noch mehr zu verbieten". Er glaube, viele wüssten nichts über diese Gefahr. Ein erster Schritt sei also, die Menschen auf das Thema aufmerksam zu machen. Oliver Jurk (CSU) fragt: "Wer soll das überwachen?", fragt er. Städtische Beamte würden das nachts nicht kontrollieren können, also sei man auf Nachbarn angewiesen. Das hält er für falsch. Ähnliches sagt Arno Schlembach (CSU). Er befürchtet Nachbarschaftsstreitigkeiten. 

Adrian Bier stellte klar: "Meine Intention war nicht, dass wir einen städtischen Mitarbeiter abstellen, der nachts Rasenflächen kontrolliert." Ebenso müsse ein Nachbar sich ja nicht gleich bei der Stadt beschweren, sondern könne ja einfach auf das Verbot hinweisen. "Wenn dann ein Nachbarschaftsstreit entsteht, wäre der sowieso entstanden." 

Der Stadtrat beauftragt letztendlich mit wenigen Gegenstimmen die Verwaltung, die rechtlichen Hintergründe für eine Satzung zu eruieren und den Stadtrat zu informieren.

Weitere Gründe, warum Igel in Not geraten

Neben den Mährobotern gibt es auch andere Gründe, warum Igel in Not geraten. So berichtet Luisa Ruppert, dass ein Grund der Mangel an Lebensräumen durch vermehrte Rodung, Bebauung, Steingärten und ähnliches ist. Ein anderer Grund ist, dass die Insektenpopulation zurückgeht, hauptsächlich wegen der Landwirtschaft.

Insekten sind das Hauptnahrungsmittel der Carnivoren. So fressen die Igel Vogel- oder Katzenfutter, was auf ihre Verdauung nicht ausgelegt sei und zu Entzündungen bis Darmverschluss führe. Auch weichen sie auf Schnecken aus, die oft Endoparasiten in sich tragen. "Jeder Igel, der in den Jahren 2021 bis 2024 in Pflege kam, hatte mindestens eine Wurmart in sich." 

Weitere bereits bekannte Gefahren sind der Verkehr, ungesicherte Gartenteiche, Verwendung von Schneckengift oder Rattengift und (seltener) das Osterfeuer, so Lisa Ruppert. "Uns ist der Igel nun einmal mehr ein Anliegen, da er inzwischen auf der Liste gefährdeter Arten steht und nun auch das Borna Virus den Erhalt der Population erschweren könnte. Daher setzen wir alles daran, im Landkreis die Igelpopulation durch Pflege, Beratung und Aufklärung zu stabilisieren. Ich freue mich, dass das Thema Igel im Stadtrat Anklang fand."

 
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