
Einen Blick auf den Komfort, den das Staatsbad seinen Gästen aus aller Welt zwischen 1880 und 1930 geboten hat, ermöglicht bis zum 18. Mai 2025 die Sonderausstellung „Luxus, Exotik und Modernität in den Kurhäusern Bad Kissingens“ im Museum Obere Saline . Sie ist das erste sichtbare Ergebnis eines vom Kulturwissenschaftler Heinrich Hacker im Auftrag der Stadt durchgeführten mehrjährigen Forschungsprojekts zur Qualifikation der Städtischen Sammlungen.

Die wichtigsten Informationen sind in einer 36-seitigen Broschüre zusammengefasst, die im Museum Obere Saline erhältlich ist. Als Begleitprogramm zur Ausstellung werden zu bestimmten Terminen Mitmachprogramme für Kinder, öffentliche Tagesführungen sowie Abendführungen mit Sektempfang angeboten. Mit einem solchen Empfang, musikalisch begleitet von den städtischen Musikschülern Laura Hein und Luis Zins, wurde die Sonderschau eröffnet.
Gleich beim Eintritt in die Sonderschau fällt der Blick auf ein großformatiges Ölgemälde. Der „Arabische Schleiertanz“ aus dem Jahr 1893 des für seine orientalischen Motive berühmten Malers Ferdinand Max Bredt (1860-1921), Mitbegründer der Münchner Sezession, wurde gleich nach Fertigstellung in Berlin ausgestellt. Später schmückte es vermutlich einen Salon im Luitpoldbad, berichtete Volkskundler Heinrich Hacker in seinem Vortrag zur Ausstellungseröffnung. Nach Jahrzehnten im städtischen Museumsdepot wurde es für die Sonderausstellung aufwändig restauriert.
Viele Jahre unbeachtet im Depot
Blickt man sich weiter um, entdeckt man Möbelstücke, Kunsthandwerk und Bilder, die den Ausstellungsbesuchern einen kleinen Eindruck vom Komfort und Luxus vermitteln, der den Gästen in Bad Kissingen geboten wurde. Alle Exponate schlummerten über viele Jahre unbeachtet im städtischen Museumsdepot und wurden erst jetzt wieder hervorgeholt. Die meisten Stücke wie alte Sitzbänke und Stühle aus königlich-bayerischer und kaiserlicher Zeit um 1900 wurden ganz bewusst nicht aufgearbeitet, sondern zeigen ihre Gebrauchsspuren. Diese Stühle – wie das von Max Littmann für das 1913 eröffnete Kurgartencafé entworfene Mobiliar – seien „gesunkenes Kulturgut“, nannte es Ausstellungskurator Hacker : „Irgendwann genügten sie nicht mehr den aktuellen Ansprüchen. Sie wiesen zu viele Gebrauchsspuren auf, galten mit ihrer glatten Sitzfläche als unbequem. Sie landeten als Steighilfe in der Küche des Cafés. Andere wurden hygienisch weiß lackiert und so den Sitzmöbeln in den Kissinger Bädern angepasst.“
Nicht nur die Littmann-Stühle, auch anderes Mobiliar zeigt die Ausstellung wie etwa einige um 1900 im Wiener Jugendstil gefertigte Stühle und ein vom österreichischen Architekten Otto Wagner entworfener Schreibtischsessel, hergestellt von der Wiener Firma Thonet. Eine weitere Attraktion der Ausstellung ist ein Original jener hölzernen Liegestühle, die auf der einstigen Liegeterrasse des alten Gradierbaus den Gästen Möglichkeit zur ausgiebigen Freiluft-Inhallation boten.

„Die Quartiere, Salons und Konversationssäle boten zeitgemäßen Komfort in Möblierung und Ausstattung“, fasste Hacker die Summe der Exponate zusammen, zu denen auch ein wohl im Luitpoldbad um 1890 genutztes englisches Wasserklosett aus Keramik ebenso gehört wie der silberne Tafelaufsatz des Bad Kissinger Hofjuweliers Simon Hermann Rosenau (1861-1943), der Ende Oktober 1943 von den Nazis im KZ Auschwitz ermordet wurde. Doch nicht nur die Kureinrichtungen waren einst luxuriös und komfortabel eingerichtet, „auch der gut sortierte Einzelhandel bot seiner wohlhabenden Kundschaft Luxuswaren aller Art wie Schmuck, edle Kleidung, kostbare Reisemitbringsel“, ergänzte Hacker .

„Gezeigt werden erstmals Objekte aus den großen Badehäusern, die heute teilweise schon nicht mehr existieren, wie zum Beispiel das Salinenbad“, betonte Kulturreferent und Stadtarchivar Peter Weidisch. „Umso größer ist ihr Erinnerungs- und Dokumentationswert.“ Die Exponate seien „Zeitzeugen, die Zeitgeschehen, Lebenswelten und Lebensumwelten verdeutlichen können“.
Museumsleiterin Annette Späth hob eine weitere Besonderheit der Sonderschau hervor: „Diese Ausstellung soll dazu motivieren, die Forschungsarbeiten an den Depotbeständen der Städtischen Sammlungen forciert weiterzuführen.“ Deren Erhaltung und Fortführung, aber auch deren Erforschung und Vermittlung seien Voraussetzung für erfolgreiche Museumsarbeit.

Förderprogramme erforderlich
In seinen „vier Feststellungen zum Unesco-Welterbe“ nach Bad Kissingens Anerkennung vor drei Jahren forderte Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ) europäische Förderprogramme, um die „prominenten Zeugen des herausragenden Phänomens der Great Spa Towns of Europe wieder in die Gegenwart zu führen“. Dessen unterschiedliche Phasen hätten europaweit die Geschichte, die Bevölkerungs- und vor allem städtebauliche Entwicklung geprägt. Weniger bekannt sei das einstige Innenleben, „das luxuriöse Ambiente und exquisite Interieur“ des Kurhausbads, des Luitpoldbads, des Gradierbaus und des Salinenbads, merkte Vogel an. „Insofern ermöglicht die Ausstellung einen überraschend frischen Blick auf die lebenden Zeugen der Hochzeiten des Weltbades Bad Kissingen.“ Daraus folgerte der OB: „Wir können mit dieser Ausstellung eine Ahnung von der Materialität, dem Geruch, der Größe, der Farbe und Wirkung der damaligen Zeit bekommen.“
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