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Hammelburg
Lottchen ist ein echter Hingucker
Hartes Stück Arbeit: Michael Glanz, Peter Möhres und ein paar Unentwegte haben in mühevoller Kleinarbeit ein 70 Jahre altes Tanklöschfahrzeug restauriert.
Michael Glanz (rechts) hatte die Idee, das alte TLF 16 der Hammelburger Floriansjünger grundlegend zu restaurieren. In Peter Möhres (links) fand er einen wertvollen Kompagnon und Motivator in schwierigen Zeiten. Karlheinz Franz       -  Michael Glanz (rechts) hatte die Idee, das alte TLF 16 der Hammelburger Floriansjünger grundlegend zu restaurieren. In Peter Möhres (links) fand er einen wertvollen Kompagnon und Motivator in schwierigen Zeiten. Karlheinz Franz
| Michael Glanz (rechts) hatte die Idee, das alte TLF 16 der Hammelburger Floriansjünger grundlegend zu restaurieren. In Peter Möhres (links) fand er einen wertvollen Kompagnon und Motivator in schwierigen Zeiten.
Karlheinz Franz
 |  aktualisiert: 18.08.2022 17:15 Uhr

"Lass bloß die Finger davon!": So lautete der eindringliche Rat aller von Michael Glanz einbezogenen Experten im Vorfeld einer inzwischen abgeschlossenen, beispielhaften Fahrzeug-Restaurierung. Allen Warnungen zum Trotz wagte sich der Hammelburger an ein Projekt, das nach ersten naiven Vorstellungen eigentlich nach einem halben Jahr hätte abgeschlossen sein sollen. Acht Jahre an harter und zugleich lehrreicher Arbeit sind es dann geworden. Doch: Der Aufwand hat sich voll und ganz gelohnt: Das "Lottchen" ist ein echtes Prachtstück geworden.

Beim "Lottchen" handelt es sich um ein Tanklöschfahrzeug 16 (TLF 16) des Herstellers Magirus. Wie der Ausgabe der Saale-Zeitung vom 15. Juli 1949 zu entnehmen war, hatte sich der Kreistag des ehemaligen Landkreises Hammelburg dafür ausgesprochen, ein TLF dieses Typs zu erwerben. Die wichtigsten Gründe für die seinerzeitige Anschaffung: Ende der 1940er Jahre gab es lediglich sieben Kleinmotorspritzen innerhalb des Altlandkreises. Und 24 Landgemeinden verfügten damals nicht einmal über eine Wasserleitung. So entschieden sich die Kreisräte nach längerer Debatte für den Kauf des TLF 16 zum Preis von gut 30 000 D-Mark.

Wertvoll bei der Brandbekämpfung

Bis Mitte der 1960er Jahre leistete es in der Folge wertvolle Hilfe bei der Brandbekämpfung in der gesamten Region. Das stattliche Tankvolumen von 2400 Litern - plus 80 Liter Schaummittel - ermöglichte es den Hammelburger Floriansjüngern auch dort schnell und erfolgreich gegen die Flammen vorzugehen, wo keine rasche Wasserversorgung über Hydranten oder Flüsse, Bäche und Löschweiher möglich war.

In den 1960er Jahren gab es dann eine Ersatzbeschaffung für das nunmehr in die Jahre gekommene TLF 16. Erst wurde das ausgemusterte Fahrzeug an einen Landwirt verkauft, der mit der leistungsstarken Pumpe des ausgemusterten TLF Wasser förderte, später kaufte die Hammelburger Wehr das TLF wieder zurück. Es erfolgte eine oberflächliche Verschönerung, danach wurden sporadisch Hochzeitsfahrten durchgeführt. Ab 1983 gab es auf Initiative von Manfred Saar schließlich auch Einsätze bei der Hammelburger Bocksbeutelrallye.

Suche nach Unterstützern

Als Michael Glanz 1984 seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker in der Werkstatt von Heribert Sell begann, interessierte er sich fortan zunehmend für das im Untergeschoss des Werkstattgebäudes abgestellte Fahrzeug. Allerdings brauchte es erst noch viel Zeit und reiflich Überlegung, ehe Glanz sich intensiver mit dem Gedanken beschäftigte, das "Lottchen" grundlegend zu überarbeiten. Alleine wollte er das heikle Unternehmen nicht wagen. Und so machte er sich auf die Suche nach Unterstützern.

Die fand Michael Glanz auch. Zum einen im Feuerwehrverein, der Eigentümer des Fahrzeuges ist und sowohl die Idee als auch das Projekt vorbildlich unterstützte. Mit Peter Möhres hatte Glanz schließlich einen weiteren wichtigen Helfer zur Seite, der ganz bis zum Schluss durchhielt. Beide rekrutierten weitere Bereitwillige, die in der Folge unterschiedlich lang und häufig an der Restaurierung des "Lottchen" mitwirkten. Nicht zu vergessen die Experten von außerhalb der Feuerwehr. Sie brachten sich mit Rat und Tat, Sachspenden und wichtigen Dienstleistungen ein.

Recherchen und Qualifizierung

Doch ehe Michael Glanz 2009 mit seinen Helfern ans Werk ging, standen umfassende Recherchen an, musste er sich schlau machen. Das tat er zum einen bei einem Besuch der Feuerwehr Hermeskeil, die den gleichen Fahrzeugtyp in den 1990er Jahren restauriert hatte. Es folgten Besuche spezieller Oldtimerseminare bei der Handwerkskammer und Fahrten zu Teilmärkten für Oldtimerfahrzeuge. Das Beschaffen von Unterlagen über das TLF 16 geriet ebenso zu einem Puzzle wie das Besorgen von Teilen.

Mit dem Überführen des Magirus aus dem alten Feuerwehrgerätehaus in die Waschhalle des neuen Feuerwehrdomizils nahm die Restaurierung schließlich ihren Lauf. Wagemutig, zugleich aber auch mit einer gehörigen Portion Bammel, machten sich die Helfer um Michael Glanz ans Werk . Vorsichtig wurden nach und nach alle Aufbauten entfernt - inklusive des großen Löschwassertanks. Das Getriebe musste ausgebaut werden, ebenso die Hinterachse.

Spezialisten machten sich daran, das Dach der Fahrer- und Mannschaftskabine neu abzudichten, den Aufbau in akribischer Kleinarbeit teilweise zu rekonstruieren. Ein weiterer heikler Schritt war das Umrüsten der veralteten und nicht mehr umweltgerechten Zentralschmierung. Alle zu schmierenden Teile wurden in der Folge mit Nippeln versehen. Auch der Umbau der elektrischen Anlage samt Einbau einer Warnblinkeinrichtung geriet zu einer langwierigen Tüftelei.

Ein hartes Stück Arbeit mit zahlreichen Höhen und tiefen lag hinter Michael Glanz und Peter Möhres samt den Helfern, als das restaurierte "Lottchen" am 1. September 2017 seine erste Fahrt zur Begutachtung durch den Technischen Überwachungsverein antrat. Inzwischen hat das rubinrote Fahrzeug mit den schwarzen Rahmenteilen neue Papiere und eine Zulassung. Dem weiteren Einsatz des inzwischen 70 Jahre alten "Lottchen" steht somit nichts mehr im Wege.

Freude über das gute Ergebnis

"Im Nachhinein freuen wir uns über das Ergebnis", stimmen Glanz und Moehres vollkommen überein. Dass sie in den acht Jahren auch einiges an "Lehrgeld" gezahlt, sich das Projekt einfacher vorgestellt sowie einen zügigeren Fortschritt bei den Arbeiten erhofft hatten, geben beide unumwunden zu. Doch das ist heute so gut wie vergessen. Heute zählt nur eines: Michael Glanz und Peter Moehres haben einen Riesenspaß daran, wenn sie das grundlegend restaurierte "Lottchen" von nun an ausführen können. Es ist ein richtiger Hingucker geworden. Denkbar sind Einsätze bei Feuerwehrjubiläen ebenso wie Hochzeitsfahrten.

 
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