Mit dem Beschluss, künftig auch Frauen in seinen bisher nur Männern vorbehaltenen Freundeskreis aufzunehmen, vollzog der Lions Club Bad Kissingen eine historische Grundsatzentscheidung in seiner über 60-jährigen Geschichte: Als erste Frau unterzeichnete kürzlich Metzgermeisterin Astrid Schmitt (53), Inhaberin von Schmitt's Catering & Service, ihre Verpflichtungserklärung, künftig aktiv für das bürgerliche , kulturelle, soziale und allgemeine Wohl der Gesellschaft einzutreten.
Nicht grundsätzlich verwehrt
Prinzipiell war es Frauen niemals verwehrt, in einen der weltweit vertretenen Lions Clubs aufgenommen zu werden, betont Bad Kissingens amtierender Präsident Horst Waldner. Schon der amerikanische Lions-Gründer Melvin Jones hatte 1917 nicht auf den Ausschluss von Frauen bestanden.
Lange reine Männer-Vereinigungen
Doch damals hatten Frauen in dem patriarchalischen Gesellschaftssystem nicht das Recht, selbstständig über ihr Leben und Vermögen bestimmen zu dürfen. Die Männer trafen für sie die wichtigen Entscheidungen. So ist es kaum verwunderlich, dass die Lions Clubs reine Männer-Vereinigungen blieben.
Erst 1987 wurde die erste Frau weltweit bei den Lions aufgenommen. Heute gibt es neben reinen Männer-Clubs auch reine Frauen-Clubs ebenso wie gemischte Clubs.
Umdenken hat lange gedauert
Doch für den 1960 von 19 Ärzten und promovierten Unternehmern in Bad Kissingen gegründeten und im nächsten Jahr offiziell bei den Lions International angemeldeten Club war die Aufnahme von Frauen zur Mitte der 1980er Jahre trotz des längst erfolgten gesellschaftlichen Wandels noch kein Thema.
„Bei uns hat das Umdenken relativ lange gedauert“, bestätigt Waldner. „Wir haben immer mal wieder darüber diskutiert“, erinnert sich auch Metzgermeister Bernd Faber, ehemals Inhaber von Faber Feinkost, der seit 45 Jahren dem Bad Kissinger Club angehört.
Immer wieder verschoben
Aber eine Entscheidung wurde jedes Mal verschoben, was durch den jährlichen Wechsel der Präsidentschaft recht einfach war. Faber: „Kein Präsident wollte die Verantwortung für diese historische Grundsatzentscheidung übernehmen.“
Es dauerte zwei Jahrzehnte, bis sich endlich Waldners Vorgänger im Präsidentenamt, der Jurist Lars Streiberger, im vergangenen Jahr dieser Frage annahm und auf erneuten Antrag eines Mitglieds bei einem Club-Abend zur Abstimmung brachte. „80 Prozent der Anwesenden waren für die Aufnahme von Frauen , 20 Prozent dagegen“, berichtet Faber.
Pochen auf Männer-Club
Unter den Verweigerern war das Argument zu hören: „Ich bin in einen reinen Männer-Club eingetreten und ich möchte in einem reinen Männer-Club bleiben.“ Damen waren zwar schon immer bei geselligen Veranstaltungen des Clubs als Gäste gern gesehen, nur Mitglied durften sie nicht werden.
Dies hat sich mit Aufnahme von Unternehmerin Astrid Schmitt nun grundsätzlich geändert. „Bei uns darf man sich nicht um eine Aufnahme bewerben, sondern muss von einem Mitglied vorgeschlagen werden“, erläutert dazu Präsident Waldner die Regularien.
Als Kandidatin vorgeschlagen
Nachdem der Antrag eines Mitglieds zur Aufnahme von Astrid Schmitt als Lions-Freundin vom Vorstand geprüft worden war, wurde ihre Kandidatur den Mitgliedern vorgeschlagen. Die Kandidatin durfte sich an zwei Club-Abenden persönlich vorstellen. Dann wurde abgestimmt. Faber: „Wären nur drei Mitglieder dagegen gewesen, hätte wir ihr die Mitgliedschaft verweigern müssen.“
Doch bei Astrid Schmitt lief dieser Aufnahmeprozess erwartungsgemäß problemlos ab, so dass sie kürzlich ihre Verpflichtungserklärung im Beisein von Jutta Künast-Ilg, Vorstand der Stiftung Deutscher Lions , unterzeichnen durfte.
Von der Tatsache, dass sie nun die erste und vorerst einzige Frau im bisherigen Männer-Club ist, hat sich die Metzgermeisterin und Unternehmerin nicht abschrecken lassen: „Ich habe keine Berührungsängste mit Männern. Ich arbeite seit Jahren in einem klassischen Männerberuf.“
Sie habe sich gern bei den Kissinger Lions engagiert, da ihr viele Mitglieder bereits persönlich bekannt sind und der soziale Aspekt im Club ihr gefallen habe. „Die Lions unterstützen überwiegend lokale Projekte.“