Die Romantik stand im Mittelpunkt des Klavierabends mit Eva Smirnova. Die aus St. Petersburg stammende Pianistin ist nicht nur eine feste Größe im Kulturleben der Stadt Bad Kissingen , sondern bewies bei der Auswahl der Stücke von Robert Schumann und Edvard Grieg ihr feines Gespür für die Seelenverwandtschaft der beiden doch so unterschiedlichen Komponisten.
Der Rossini-Saal im Halbdunkel, der pechschwarze Konzertflügel glänzt im Zentrum der Bühne, davor die in sich versunkene, hochkonzentrierte Künstlerin. Bläuliche Strahler im Hintergrund vermitteln die Konturen dieser Einheit und damit auch die Intensität des meisterlichen Spiels auf den schwarz-weißen Tasten.
Eva Smirnova braucht keine Ansage, keine Moderation und keine Noten- ihr Ausdruck erfolgt durch das vertraute Instrument, durch ihre Interpretation der Stücke und durch die verinnerlichte Hingabe an die Klavierstücke der unterschiedlichsten Komponisten. Ihre Finger gestalten mit den 88 Tasten, was man mit Worten nicht ausdrücken kann. Hilfreich ist dabei das Programmheft des Staatsbad GmbH, in dem nicht nur die Epoche der beiden Komponisten Schumann und Grieg skizziert wird, sondern auch deren romantisches Schaffen gewürdigt und die Besonderheiten der ausgewählten Werke der romantischen Klaviersoirée erläutert werden.
Die erste Hälfte ist dem norwegischen Komponisten Edvard Grieg gewidmet. Aus dessen Schaffenswerk hatte Eva Smirnova vier Werke ausgewählt. Melodische Tonfolgen, die wie Kaskaden von der Bühne die knapp 70 Besucher im Rossini-Saal umspülten, bildeten die Grundsequenzen der "Poetischen Tonbilder op. 3", die sowohl durch markante Tempi-Wechsel als auch durch volkstümliche Elemente gekennzeichnet waren.
Eine melodiöse Fröhlichkeit entwickelte sich in der Ballade op. 24 als Variation über eine norwegische Melodie, die als die persönlichste Komposition Griegs gilt. Dagegen platzierte die Künstlerin in den drei Werken aus den "Lyrischen Stücken op. 12" anschwellende Tonfolgen, die nach einem virtuosen Höhepunkt in melancholische Passagen übergingen und wie ein musikalischer Dialog zwischen kräftigen und leisen Tönen beziehungsweise fröhlichen und düsteren Klängen die Zuhörer in den Bann zog.
Die Peer-Gynt-Suite Nr. 1 op. 46 bildete mit den Stücken "Anitras Tanz" und "In der Halle des Bergkönigs" den Abschluss der ersten Hälfte. Mit verspielt-feinfühligen Sequenzen, aber auch mit rasant-schnellen Akzenten spielte sie die bekannten Melodien zu Henrick Ibsens Drama und begeisterte damit das Publikum , das sie mit stürmischem Applaus und Bravo-Rufen in die Pause verabschiedete.
Robert Schumann und seine Beziehung zu Carola Wieck standen im Mittelpunkt der zweiten Hälfte des Klavierkonzerts - laut Programmheft: "Kreisleriana op. 16 (8 Fantasien für Klavier)" und "Novellette op. 21 Nr. 8". Die abwechslungsreichen, teils bizarr anmutenden Kompositionen zelebrierte Eva Smirnova auf unnachahmliche Weise: Mal volkstümlich, mal fast militärisch streng, mal verspielt, mal melancholisch, mal dominant, mal improvisierend, mal wie ein Liebeslied, mal wie Liebesleid. Dabei zeigte sie die ganze Bandbreite ihres Könnens. Einmal ließ sie die Töne Taste um Taste erklingen, ein anderes Mal glitten die Finger mit rasender Geschwindigkeit über die Klaviatur.
Technische Brillanz, die Ausgefeiltheit ihrer Interpretationen und ihr ausdrucksstarkes Spiel beeindruckten das Publikum . Am Ende des Konzertes gab es viel Applaus und laute Bravo-Rufe.