Einfach so gehen, wie er vor mehr als fünf Jahrzehnten gekommen ist: still, leise und ohne viel Tamtam. Das wäre Joachim Scholz am liebsten. An diesem Samstag, 19.30 Uhr, gibt der 67-jährige Gerodaer in der Wandelhalle im Staatsbad sein letztes Konzert als Leiter des Jugendblasorchesters Scholz (JBO). Wehmut empfindet er dabei keine.
Wenn es diesen emotionalen Moment des Abschieds vom Dirigentenpult gab, dann verortet Scholz ihn schon vor zwei, vielleicht sogar drei Jahren. 2019 dirigierte er das Jubiläumskonzert zum 50-jährigen Bestehen des JBO mit großem Programm.
Danach übernahm eigentlich seine Tochter Sabine das Ensemble, das ihr Großvater Heinz Scholz 1969 gegründet hatte. Doch weil sich bei ihr Nachwuchs ankündigte, übernahm wieder Joachim Scholz - und sah sich fortan als "Mutterschaftsvertretung".
Damit verlängerte sich seine Amtszeit. 1969 war der heute 67-Jährige dem neu gegründeten Orchester beigetreten; 1980 oder 1981 übernahm er das Dirigat von seinem Vater Heinz. Ganz genau weiß er den Zeitpunkt nicht mehr. "Das ging so ineinander über."
Nachfolger wohl nicht aus der Familie
Jetzt, nach mehr als 40 Jahren an der Spitze des JBO, findet Joachim Scholz, "dass ich lang genug dabei war. Ich bin der Meinung, dass ein Jüngerer mit kreativen Ideen da reinkommt."
Wer das sein könnte, weiß der Gerodaer selbst noch nicht genau. Festzustehen scheint allerdings, dass der oder die Nachfolgerin nicht aus der Familie Scholz kommt. Tochter Sabine hat es zusätzlich beruflich in die Oberpfalz gezogen. Jedes Mal zu Proben und Konzerten pendeln: schwierig. Auch Scholz' Söhne - obwohl ebenfalls mit der Musik verbandelt - leben andernorts, in Hamburg und in Erlangen.
Bange ist dem scheidenden Dirigenten um sein Orchester dennoch nicht. Er ist sich sicher, dass jemand in die Bresche springen wird, auch wenn nach seiner Aussage ein Drittel der Kapellen im Umfeld einen Dirigenten suchen. "Da bin ich zuversichtlich. Ich kenne meine Leute. Das läuft."
Der 67-Jährige selbst wird dem JBO treu bleiben - als Musiker. "Ich mache quasi einen Schritt zur Seite, gehe auf die Reservebank, bleibe aber in Hörweite." So wird er auch am 18. Dezember, ab 18 Uhr, beim Weihnachtskonzert in der Gerodaer Kirche mit im Ensemble sitzen. Dazu ist er zu sehr Vollblutmusiker.
Er freut sich aber auch darauf, nicht mehr bei jeder Probe anwesend sein zu müssen (was ja als Orchesterleiter Pflicht war). So verspricht er sich mehr Zeit, zum Beispiel an Freitagabenden anderen bei ihren Konzerten zuhören zu können.
Musikerschwund auch eine Chance
Joachim Scholz übergibt ein Ensemble, dem noch 33 aktive Musikerinnen und Musiker angehören. Früher waren es schon mal mehr als 50. Allerdings haben der allgemeine Schwund und vor allem Corona Spuren hinterlassen.
Die früher größere Besetzung machte es möglich, Musik reichlicher zu instrumentalisieren. Das "Schrumpfen in der Breite" führt nicht unbedingt dazu, dass man bestimmte Stücke nicht mehr spielen kann. Aber sie klingen dünner. Als Beispiel nennt Scholz das berühmte "My Way" von Frank Sinatra . Das hinten raus opulent orchestrierte Werk klinge ohne entsprechend viele Bläser etwas dürftig. Oder wie es der Gerodaer mit seinem Humor ausdrückt: "Aus dem Lied vom Tod in Sergio Leones Italowestern wird dann das Lied vom Tödchen."
Aber diesen Mangel sieht der Noch-Dirigent als Chance - nicht nur in jüngster Zeit. Seine Stärke (und die des JBO) sei es immer gewesen, Arrangements zu ändern, anzupassen. Eigene Lösungen zu finden. Und damit dem Publikum Musik anders darzubieten, als es sie von anderswoher kenne.
Joachim Scholz möchte, dass man am Klang erkennt, welche Kapelle da gerade spielt. Auch wenn er sich bewusst ist, dass er mit Hobbymusikern, nicht mit "Leistungsträgern" zusammenarbeitet. Er sagt: "Jede Kapelle ist anders. Das Jugendblasorchester ist anders anders."
Dieses Streben nach Anderssein: Der Gerodaer sieht es als Antrieb für sein gesamtes Schaffen. "Ich bin elektrisiert, wenn ich Sachen höre, die ein bisschen anders sind. Das treibt mich um. Da ist Energie drin."
Vom Typ her sei er ein Mensch, "der seinen persönlichen Stempel aufdrücken will. Ich hab' oft Zeugs rausgesucht, das mir gefällt und das Glück gehabt, dass es das Publikum auch mochte." Nicht zuletzt hat der 67-Jährige fürs JBO 13 Stücke geschrieben, die ihm zufolge teilweise noch im Programm sind.
Einfach so gehen, wie er gekommen ist - das wird bei Joachim Scholz nicht klappen. Weil er das Jugendblasorchester ganz schön geprägt hat.