Von Chile bis Neuseeland: Aus aller Welt hat die Lufthansa Urlauber im Auftrag des Auswärtigen Amts nach Hause geholt. Flugkapitän Karsten Frischat und Kabinenchefin Birgit Starmusch stammen aus Burkardroth . Sie erlebten eine ereignisreiche Rückholaktion aus Namibia.
Mit dem modernsten Langstreckenflugzeug der Lufthansa-Flotte, dem Airbus A350 , flogen sie nach Windhoek, die Hauptstadt Namibias. Organisatorisch eine Herausforderung, denn Namibia wird normalerweise nicht von der Airline angeflogen. "Dort haben wir keine Station", sagt Bettina Rittberger von der Pressestelle der Lufthansa Group. Jedes afrikanische Land musste zunächst Überflugsrechte erteilen und dem Flug zustimmen. Die Folge: Der Flug wurde zweimal verschoben.
In Windhoek erwartete die 16-köpfige Flugzeugcrew "kein Hotel im klassischen Sinne, sondern eine Lodge", erzählt Birgit Starmusch. Die namibische Regierung sei sehr darauf bedacht gewesen, keine Infektionsfälle zu riskieren, berichtet Frischat. Desinfektionsmittel, Handschuhe, Maske und Fiebertest seien Einreisebedingungen gewesen.
Scheinbar zeigte dieses Vorgehen Erfolg, denn in dem dünn besiedelten Land gibt es bis heute kaum Corona-Fälle. Unklar ist, ob die geringen Zahlen von 16 Infizierten (Stand: 29. April) aufgrund der Menge an durchgeführten Tests aussagekräftig sind.
Affenattacke, Stromausfall
Jeder Mitarbeiter der Crew übernachtete in einer separaten Unterbringung. "Es gab kein Internet, kein Radio, dann sogar einen Stromausfall ", sagt Starmusch. "Ich wusste nicht, wie ich meinen Koffer packen sollte, wenn es stockfinster ist." Eine Kollegin habe sogar eine Pavian-Attacke auf dem Balkon erlebt. Lebensmittel bekamen die Lufthansa-Mitarbeiter vor die Tür ihres Zimmers gestellt, die sie erst öffnen durften, wenn der Zulieferer wieder gegangen war.
"Die Situation hat sich bedrohlich angefühlt", sagt der 47-jährige Pilot. Er habe den Flug für die Passagiere gerne gemacht, aber das Gefühl der Unsicherheit sei geblieben.
293 Passagiere flogen nach München, fast alle waren Urlauber. Starmusch erzählt von einem Ehepaar. Die beiden seien mehrere Monate mit dem Wohnmobil durch Afrika gereist. Sie hätten überlegt, sich in die Wüste zurückzuziehen, hätten sich dann aber doch für den Rückflug entschieden. Andere Urlauber hätten wenige Stunden vor Abflug Bescheid erhalten und seien plötzlich vor der Frage gestanden, wie sie noch rechtzeitig das Flugzeug erreichen.
Stimmung unter den Passagieren
"Die Stimmung unter den Passagieren war sehr gemischt", sagt Starmusch. Die Dankbarkeit habe überwogen. "Als ich bei der Landung in meiner Verabschiedungsansage erwähnte, dass sich alle Besatzungsmitglieder unseres Fluges freiwillig für den Flug gemeldet haben, gab es für die Besatzung viel Applaus. Das ist außergewöhnlich auf unseren Linienflügen!" Umso mehr habe das die Crew gefreut und motiviert an noch mehr Rückholflügen teilzunehmen.
Mittlerweile sind die Rückholaktionen beendet. Wie geht es weiter? "Es ist eine sehr emotionale, sorgenvolle Zeit", sagt Starmusch. "Ich habe viele Krisen erlebt, den 11. September oder SARS, aber das ist die schlimmste Krise."
Frischat und Starmusch sind beide in Kurzarbeit. Sie sind abrufbereit, um medizinische Ausrüstung nach Deutschland zu transportieren. Um die maximale Menge an Schutzmasken zu transportieren, sind die Kartons nicht nur im Frachtraum, sondern auch auf den Passagiersitzen festgezurrt. Im Auftrag der deutsche Frachtfluggesellschaft Lufthansa Cargo gibt es zweimal am Tag Flüge über Seoul (Südkorea), Peking und Shanghai (China). Oft hört Karsten Frischat, dass er doch die viele freie Zeit genießen könne. Aber: "Es ist kein schönes Gefühl . Ich kann es nicht genießen." Ihre Zukunft hängt davon ab, ob weltweit Grenzen wieder geöffnet werden und sie wieder fliegen können.