Die erste und die letzte Fahrt der Kissinger Postkutsche gehört der Prominenz - und diesmal war es Staatssekretärin Sabine Dittmar , die zusammen mit Kurdirektorin Sylvie Thormann und Thomas Beck aus Bad Bocklet eine entschleunigte Stunde den hektischen Zeiten entgegensetzte. Mit dabei war auch Thomas Leiner als Vorsitzender des Postkutschenvereins, der im Jahr 2005 gegründet wurde.
Nostalgie und Novum treffen bei der Postkutsche aufeinander, die nicht nur die letzte regelmäßig fahrende Postkutschenlinie in Deutschland ist, sondern noch regelmäßig von Ende April bis Mitte Oktober die Saaletal-Strecke zwischen Bad Kissingen und - im Wechsel - Bad Bocklet bzw. Schloss Aschach zurücklegt.
"Eine Stunde hin, 90 Minuten für Sightseeing und Kaffee mit Kuchen, eine Stunde zurück", so beschreibt Postillionin Yvonne Körner den Tagesablauf, der jeweils von Donnerstag bis Sonntag geht.
Dafür stehen zwölf Pferde bereit, die im täglichen Wechsel eingespannt werden. In diesem Jahr seien auch einige jüngere Pferde dabei gewesen, die im Vierergespann eingesetzt werden und dabei von den Erfahrenen lernen: "Man merkt dann sehr schnell, ob ein Pferd im Gespann gut mitläuft."
Zudem ist gute Pflege der Tiere wichtig, "denn wenn die nicht wollen, dann wollen die nicht". Dazu gehört auch das regelmäßige Beschlagen der Hufe, das alle sechs Wochen anstehe, weil sich einerseits die Hufeisen abnutzen und andererseits "wachsen die Hufe wie Fingernägel und müssen geschnitten werden".
Kutschfahrt in der Wärme
Immer wieder werde sie darauf angesprochen, ob die Kutschfahrt für die Pferde nicht belastend sei, vor allem bei der Hitze des diesjährigen Sommers. Das Pferd als Steppentier vertrage die Hitze besser als Menschen, so die Antwort der erfahrenen Kutscherin. Zudem habe man bei starker Hitze den ebenen Weg nach Aschach gewählt und nicht die hügelige Strecke nach Bad Bocklet, zudem können sich die Pferde während der Pause erholen. Stolz berichtet sie davon, dass in diesem Jahr keine Fahrt ausgefallen sei, und bei jeder Fahrt war man mit neun Personen ausgebucht.
Fröhliche Gesangsgruppe dabei
Negative Erlebnisse während der Saison? Kurzes Nachdenken, dann Kopfschütteln bei Yvonne Körner und ihrer Kutschbock-Partnerin Paulina Klöffel, die ihre erste Saison hinter sich hat. Dagegen erinnert sich Paulina Klöffel an eine Gesangsgruppe, die jedes Liedstück, das sie auf dem Posthorn anstimmte, bei offenem Verdeck fröhlich und laut mitsangen - ein Hingucker für die Schaulustigen am Wegesrand.
Vollabgefederte Reisekutsche
Bevor es auf die ca. acht Kilometer lange Strecke geht, werden nicht nur die Pferde , sondern auch die Kutsche einer Sichtprüfung unterzogen. Die leuchtend gelbe Kutsche , so Hans Körner , ist das Modell "Berliner Coupe", das als vollgefederte Reisekutsche mit zwei Kabinen seit über 40 Jahren auf der Strecke eingesetzt wird.
Sie wiegt ca. 1300 Kilogramm, hat aufgrund der großen und schmalen Reifen einen geringen Rollwiderstand und zwei Fußbremsen für die Vorder- und Hinterachse, so der Fachmann. Nach der letzten Fahrt steht eine Inspektion an, bevor es ins Winterquartier geht.
Defizit wahrscheinlich
Dann ist Kassensturz, so Thomas Leiner vom Verein "Freunde der Postkutsche Bad Kissingen - Bad Bocklet". Trotz der guten Auslastung rechnet er mit einem Defizit und ist dankbar, dass dieses Minus über Bad Kissingen und Bad Bocklet, den Landkreis sowie die Bayerische Staatsbad Bad Kissingen GmbH, die Touristik GmbH Bad Bocklet und den Bezirk Unterfranken aufgefangen wird.
Unverständlich ist ihm der Rückzug der Deutschen Bundespost im Jahre 2019, und sein Wunsch wäre ein erneutes Engagement, damit die Postkutsche weiterhin ihre Runden durch das Saaletal ziehen und "Hoch auf dem gelben Wagen" erklingen kann. Sorgenfalten bereitet ihm auch die Sanierung der beiden Saaletalbrücken in den kommenden Jahren, "denn viele Alternativrouten gibt es nicht".