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Münnerstadt
Langer Weg zum Kulturerbe
Der 8. September ist in Münnerstadt ein gelobter Feiertag. Die jährliche Schwedenprozession an diesem Tag soll zusammen mit dem Heimatspiel Teil des immateriellen Kulturerbes werden. Einfach wird das nicht werden.
Eine der drei Andachten fand zum gelobten Feiertag am Jörgentor statt. Foto: Heike Beudert       -  Eine der drei Andachten fand zum gelobten Feiertag am Jörgentor statt. Foto: Heike Beudert
| Eine der drei Andachten fand zum gelobten Feiertag am Jörgentor statt. Foto: Heike Beudert
Heike Beudert
 |  aktualisiert: 17.08.2022 04:10 Uhr

Heimatspiel und Schwedenprozession gehören zum kulturellen Erbe der Stadt . Deshalb ist es der gemeinsame Wunsch von Stadtrat, Heimatspielgemeinde und katholischer Pfarrgemeinde , dass diese Tradition Teil des immateriellen Kulturerbe Bayerns wird. Der städtische Kulturmanager und Leiter des Hennebergmuseums, Nicolas Zenzen, steckt gerade mitten in den Vorbereitungen, den Antrag auf den Weg zu bringen. Das ist aufwendig und gerade im Bezug auf die Schwedensprozession gar nicht so einfach, erklärt er. Abgabetermin der Bewerbung ist am 1. November.

Bei der Schwedenprozession liegt die Schwierigkeit nicht darin, dass sie wegen Corona nun schon im zweiten Jahr nicht stattfinden konnte. Auch in diesem Jahr wurde eine anderweitige Lösung gefunden, um diesen gelobten Feiertag zu begehen. Statt der Schwedenprozession zu den Stadttoren gab es drei zeitgleiche Andachten am Oberen Tor, am Jörgentor und am Dicken Turm.

Laut Nicolas Zenzen soll immaterielles Kulturgut möglichst allen zugänglich sein. Die Prozession an einem Marienfeiertag sei aber eine sehr katholische Tradition . Vom evangelischen Pfarrer hat er jedoch die Auskunft, dass dieser den Tag als Teil des örtlichen Brauchtums sehe. Zenzen fürchtet dennoch, dass dieser Punkt in der Jury kritisch betrachtet werden könnte."Aber wenn man schaut, was schon alles in der Liste steht, dann geht es", ergänzt Nicolas Zenzen.

Der katholische Stadtpfarrer P. Markus Reis betont, dass jeder dazu eingeladen sei, den gelobten Feiertag zu begehen.Es sei ein Feiertag für die Bürgerschaft. Die Andachtstexte beziehen sich auf die heutige Zeit und würden so alle Menschen gleich welcher Konfession ansprechen.

Nicolas Zenzen will sich in den nächsten Tagen auf jeden Fall an die Beratungsstelle für das Kulturerbe wenden. Die ist eigens dafür eingerichtet, um den Antragstellern Hilfestellung zu geben, wie und ob ihre Bewerbung Aussicht auf Erfolg hat.

Erste schriftliche Nachweise 1841

Bei der Schwedenprozession kommt noch hinzu, dass noch immer nicht erforscht ist, seit wann es sie tatsächlich gibt. Zurückgeht das Gelöbnis, diesen Feiertag zu feiern, auf ein Ereignis im Jahr Februar 1641. Damals blieb die Stadt von der Zerstörung durch weimarisch-schwedische Kriegstruppen verschont. Ob die Bürgerschaft schon zu dieser Zeit den Feiertag gelobt hat, ist unbekannt. Heute gehe man eher davon aus, dass die Augustiner zwischen 1652 und 1680 eine Legende aus Konstanz mit nach Münnerstadt gebracht haben: Die Rettung der Stadt hat diese der Fürsprache der Muttergottes zu verdanken. Dass es so war, das seien aber bislang nur Indizien, so Nicolas Zenzen. In den Andachten am Mittwoch wurde als Zeitpunkt des Gelöbnisses das Jahr 1689 genannt.Die bislang gefundenen, ältesten Belege für die Existenz der Prozession finden sich in einem Buch von Ludwig Bechstein über fränkische Sagen aus dem Jahr 1841. Dort sei nachzulesen, dass es in Münnerstadt diese Marienlegende gibt und seit altersher auch die Prozession . "Sie muss es zu diesem Zeitpunkt also schon eine Weile gegeben haben", stellt Zenzen fest.

Alter der Gelöbnistafel unbekannt

Die historische Gelöbnistafel, die in jedem Jahr bei der Schwedenprozession mitgetragen wird und heuer auch wieder bei den Andachten im Original beziehungsweise in Kopie zu sehen war, wird erstmals im Buch " Münnerstadt und seine Umgebung" von Nikolaus Reininger im Jahr 1852 erwähnt, weiß der Kulturmanager. Wie alt die Tafel wirklich ist, wurde bislang nicht geprüft. Experten könnten bei einer Untersuchung jedoch das Alter sicherlich genauer eingrenzen, meint Zenzen, der promovierter Archäologe ist. Es sei die Kombination aus Heimatspiel und Schwedenprozession, die diesen Brauch so besonders macht, findet Nicolas Zenzen. Deshalb hatte er auch, vorgeschlagen, nicht nur das Heimatspiel, sondern auch die Prozession in diesen für das Kulturerbe aufzunehmen. Laienschauspiele gebe es vielerorts, auch Schwedenprozessionen werden anderswo begangen. Doch das Zusammenspiel zwischen dem historischen Schauspiel "Die Schutzfrau von Münnerstadt " und dem Gelöbnis mit Prozession sei außergewöhnlich. Das Heimatspiel erzählt die Geschichte von der Errettung der Stadt und somit, wie es zu dem Gelöbnis kam. Nicolas Zenzen hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich vielleicht weitere Hinweise darauf finden lassen, wie alt die Prozession wirklich ist.

Teil der städtischen Identität

Für 2. Bürgermeister Andreas Trägner ist es auf jeden Fall ein besonderes Anliegen, dass Heimatspiel und Schwedenprozession künftig Teil des immateriellen Kulturerbe Bayerns sein werden. Das sei wichtig für die Stadt . Als aktiver Heimatspieler könne er das ebenfalls nur unterstreichen, sagt Andreas Trägner. Für ihn ist sind der gelobte Feiertag wie auch das Heimatspiel ein Teil der städtischen Identität.

Er selbst konnte in diesem Jahr aus beruflichen Gründen nicht an den Andachten zum gelobten Feiertag teilnehmen. Es ist ein Problem, das viele Berufstätige trifft, weiß Trägner. "Es kann sich nicht jeder einrichten, da zu sein". So waren es vor allem ältere Münnerstädter, die in diesem Jahr die Andachten besuchten. Wäre es besser, den Feiertag an einem Sonntag zu begehen? Andreas Trägner äußerst sich vorsichtig. Es sei eine sehr sensible Frage. Er persönlich ist aber dafür, den Festtag weiterhin am 8. September zu begehen, ganz so wie es auf der Gelöbnistafel nachzulesen ist.

Froh um Unterstützung

Ausdrücklich befürwortet der 2. Bürgermeister, dass der Bauhof die katholische Pfarrgemeinde bei der Organisation der Schwedenprozession bzw. in diesem Jahr der Andachten unterstützt. Es handle sich um einen städtischen Feiertag . Deshalb ist es für ihn selbstverständlich, dass der Bauhof zum Beispiel beim Aufbau der Bestuhlung hilft.

Darüber wiederum ist Stadtpfarrer P. Markus Reis sehr froh. Der Aufwand, an drei verschiedenen Stationen drei Andachten stattfinden zu lassen, wäre ohne die Stadt nicht leistbar. "Ich bin sehr dankbar für diese Unterstützung", so P. Markus.Dankbar ist er dass die Familien, die an den Stadttoren wohnen, von Generation zu Generation den Brauch weitergeben, die Altäre für die dort stattfindenden Andachten zu schmücken. Dazu werden am Jörgentor und am Oberen Tor Altäre in den Durchfahrten aufgebaut, die in den benachbarten Häusern eingelagert sind. Liebevoll geschmückt sind sie ein Beleg dafür, wie wichtig es vielen ist, dass diese Tradition gewahrt bleibt.

 
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