Rund 1,18 Millionen Corona-Infektionen wurden bis heute in Deutschland nachgewiesen. Covid-19 wird nach wie vor als Krankheit von vielen verharmlost, schließlich sei die Zahl der Todesfälle mit aktuell rund 19 000 in Deutschland noch relativ gering. Die Redaktion hat in den vergangenen Wochen bereits mehrfach über schwere Krankheitsverläufe berichtet, nun haben wir einen jungen Mann mit Mitte 20 aus dem Landkreis Bad Kissingen interviewt, der sich im Frühjahr mitten in der ersten Welle angesteckt hatte. Unterwegs waren er und seine Freundin mit einer Gruppe aus 80 Skifahrern , von denen 50 positiv getestet wurden. Er möchte anonym bleiben, weil er sowieso schon oft auf seine Erkrankung angesprochen wird. Wir nennen ihn hier deshalb Andreas Baumann.
Herr Baumann, die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es Ihnen aktuell?
Andreas Baumann: Mir geht es gut.
Sie und Ihre Freundin haben sich sehr früh und im Skiurlaub angesteckt: Ist bekannt oder haben Sie zumindest eine Vermutung, wie genau, im Bus, in der Unterkunft, beim Apres-Ski...?
Wir haben zwei Vermutungen, zum einen könnten wir uns in der Seilbahn angesteckt haben, diese umfasst bis zu 200 Personen pro Trip. Zum anderen war die Mutter meiner Freundin schon vor der Anfahrt krank mit Covid-19-ähnlichen Symptomen, sie wurde mehrmals von Ärzten untersucht, jedoch nur auf Grippe getestet.
Wie lange hat bei Ihnen die akute Phase gedauert und welche Symptome hatten Sie?
Die Dauer ist abhängig vom Symptom, Fieber hatte ich rund drei Tage, der Husten hat mehrere Monate angehalten.
Gerade in der Anfangszeit gab es viel Unsicherheit im Umgang mit Corona: Wie gut fühlten Sie sich versorgt und wie haben Sie Ihre Umwelt erlebt?
Anfangs war es sehr anstrengend, getestet zu werden, da die unterschiedlichen Behörden sich die Verantwortung zugeschoben hatten. Mein Hausarzt hat sich schlussendlich selbst um einen Test für mich gekümmert. Nach dem positiven Testergebnis war die Versorgung an sich sehr gut, meine ganze Familie wurden jeden Tag vom Gesundheitsamt angerufen. In diesen Gesprächen wurden sämtliche Symptome angesprochen und wir wurden mit den neusten Informationen bezüglich Covid-19 versorgt, zum Beispiel Hygieneregeln für den Haushalt oder Abstandsregeln.
Wissen Sie, ob Sie selbst jemanden angesteckt haben?
Man kann natürlich nie hundertprozentig sicher sein, aber ich schätze die Wahrscheinlichkeit geht gegen null.
Das ist sicher eine Erleichterung?
Ich bin sehr froh darüber, besonders dass sich im Haushalt niemand angesteckt hat. Meine Mutter war der größten Gefahr ausgesetzt, sie hat mich mit Essen, Getränken und so weiter versorgt. Wir haben strikte Regeln eingeführt, um eine Ansteckung zu verhindern.
Wie lange und wie sehr hat Sie Corona eingeschränkt?
Das ist schwer pauschal zu sagen, nach den drei Wochen Quarantäne war meine Ausdauer weg, schon Spaziergänge waren anstrengend. Es hat mehrere Monate gebraucht, um mein Immunsystem und meine Ausdauer langsam wieder aufzubauen, wie nach jeder schweren Grippe. Der anhaltende Husten hat mich wahrscheinlich am meisten eingeschränkt.
Was haben die Ärzte in Ihrem konkreten Fall über Spät-Folgen herausgefunden?
Etwa vier Monate nach meiner Covid-19-Erkrankung habe ich mich wegen anhaltenden Hustenanfällen beim Lungenfacharzt untersuchen lassen. Nach einigen Tests wurde festgestellt, dass meine Lungen vollkommen funktionsfähig sind, ich jedoch eine anhaltende Bronchitis habe. Für die Bronchitis nutzte ich rund zwei Monate einen Inhalator. Außerdem wurde eine Blutuntersuchung bei meinem Hausarzt gemacht, die aber keine Auffälligkeiten brachte.
Wissen Sie halbwegs verlässlich, ob Sie aktuell immun sind? Falls ja, tragen Sie trotzdem Maske?
Nein, weiß ich nicht, ich trage immer eine Maske.
Wie hat die Erkrankung Ihre Einstellung zum Leben verändert? Werden Sie zum Beispiel je wieder Ski fahren? Sind Sie ängstlicher als vorher?
Ich bin deutlich vorsichtiger mit der Handhygiene, Abstand halten und Maske tragen. Ich habe aber grundsätzlich meine Einstellung zum Leben nicht verändert und bin auch nicht ängstlich. Ich werde definitiv wieder Ski fahren, am besten schon diese Saison - unter der Voraussetzung eines guten Hygienekonzeptes.
Das Interview führte Ralf Ruppert.