In den ersten Tagen des Januars 2003 wurde der Landkreis von einer Jahrhundertflut heimgesucht. Die Erinnerung daran ist bei vielen Menschen noch präsent, denn mit einer solchen Wucht hatte niemand gerechnet, obwohl Hochwasser wegen anhaltender Niederschläge angekündigt war.
In Bad Kissingen wurden im Rosen- und Kurgarten die Läden überflutet. Auch in der damals gerade frisch renovierten Bad Kissinger Wandelhalle stand das Wasser knöcheltief, erinnert sich Sigismund von Dobschütz , ehemaliger Kurdirektor des Staatsbades. Das noch existierende Bewegungsbad im heutigen Behördenzentrum des Luitpoldparkes war ebenfalls geflutet. Selbst im Tattersall, damals ebenso frisch renoviert, war das Wasser, obwohl dieser Luftlinie mehr als 100 Meter von der Saale entfernt liegt. „Die schlimmste Flut seit Jahrzehnten“ und „Land unter an der Saale“, lauteten nur zwei Schlagzeilen in der Zeitung am 4. Januar 2003.
Rekordwasserstand
Laut Wasserwirtschaftsamt betrug der Pegelstand der Saale am Prinzregentenbau damals 469 Zentimeter. „Der Wasserstand aus dem Jahr 2003 wurde bis heute nicht mehr erreicht“, erklärt Baudirektor Uwe Seidl vom Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen auf Nachfrage. Zur Verdeutlichung nennt der Fachmann den Wasserstand vom 12. Januar 2023, der bei 208 Zentimetern lag. Noch etwas höher als 2003 war der Wasserstand lediglich bei einem Hochwasser im Jahr 1909. Gemessen wird am Prinzregentenbau seit 1901, so die Information aus dem Wasserwirtschaftsamt .
Hochwasser an Saale, Sinn und Lauer
Doch nicht nur Bad Kissingen hat das Jahrhunderthochwasser große Schäden angerichtet. Besonders schlimm betroffen waren einige Saaletal-Gemeinden im Raum Hammelburg, ebenso der Raum Bad Bocklet. Aber auch rund um Bad Brückenau und entlang der Lauer gab es Hochwasser.
Menschen im Boot evakuiert
Im Hammelburger Ortsteil Diebach mussten Bewohner mit Booten evakuiert werden, weil die Fluten unerwartet schnell gestiegen waren, erinnert sich Steffen Schärpf, der damals Ortsbeauftragter war und die gefährliche Situation miterlebt hat. Rund um die Uhr waren die Feuerwehr und Helfer im Einsatz, um den Menschen zu helfen, denen das Hochwasser nicht nur die Keller, sondern sogar ganze Wohnungen geflutet hatte. Wie auch in Bad Kissingen wusste man in Diebach zwar, dass ein Hochwasser kommen wird. Überrascht hat jedoch die Wucht und die Schnelle, wie es durch den Ort rauschte, sagt Steffen Schärpf. Als die Flutwelle heranrollte, war gar keine Zeit mehr, Möbel in Sicherheit zu bringen. In Euerdorf stand das dortige Kaufhaus im Wasser und auch in Westheim gab es einen Kampf gegen die Fluten.
Kuranlagen unter Wasser
Es war am Morgen gegen vier oder fünf Uhr, als Manfred Klabouch am 3. Januar 2003 vom Katastrophenschutzteam der Stadt Bad Kissingen aus dem Bett geklingelt wurde. Die Spielbank war durch das Jahrhunderthochwasser gefährdet. Als Manfred Klabouch seinen Arbeitsplatz erreichte, hatte das Wasser den Kurpark bereits erreicht.
Klabouch erinnert sich, dass Sandsäcke aufgeschichtet wurden, um die Flut abzuhalten. Das Wasser drohte ins Restaurant einzudringen, sagt der Reiterswiesener. Doch die Spielbank hatte Glück. Eine Treppenstufe vor dem kritischen Punkt stoppte das Wasser. Und gerade rechtzeitig konnte Manfred Klabouch ein hochwertiges Jackpot-Auto vom Parkplatz retten. Als er einstieg, stand das Wasser bereits an der Türe des Sportwagens. In der Wandelhalle und im Tattersall machte das Wasser die Böden kaputt, erinnert sich Sigismund von Dobschütz . Er weiß noch, dass die Kurwarte in der Wandelhalle mit der Hand und mit Pumpen das Wasser beseitigten. In Mitleidenschaft gezogen waren auch die Kuranlagen. Hier sei nur gut gewesen, dass es Winter war und keine Sommerbepflanzung weggespült wurde.
Notfallplan war da
Erfahrungen mit Hochwasser hatten die Kissinger schon immer. Manfred Klabouch weiß, dass es in der Spielbank bereits vor 2003 einen Notfallplan gegeben hat. Je nach Hochwasserstand mussten Vorkehrungen getroffen werden, die im Ernstfall sogar eine Evakuierung vorsahen.
2003 war man froh, dass in der Stadt ein Katastrophenschutzteam gebildet worden war, um die betroffenen Einrichtungen zeitnah zu alarmieren. „Denn das Wasser kam sehr schnell“, weiß Manfred Klabouch. Im vom Hochwasser stark betroffenen Diebach hätten sich damals viele gewünscht, dass sie früher über das drohende Ausmaß der Gefahr informiert worden wären, sagte Steffen Schärpf 2003 der Presse gegenüber. 2003 trafen die starken Niederschläge auf gefrorenen Boden, was die Hochwassersituation zusätzlich verstärkte.Denn der Boden konnte kaum Niederschläge aufnehmen.
Minister zu Besuch
In Bad Kissingen besuchte kurze Zeit später der damalige Staatsminister für Umwelt Werner Schnappauf die Kurstadt. 2004 begannen hier die Planungen für den Hochwasserschutz , der 2007 eingeweiht wurde. Wenn der Deutsche Wetterdiensts aktuell für dieses Wochenende wegen des Regens eine Hochwasserwarnung für Teile des Landkreises ausspricht, dann vertraut man in Bad Kissingen auf die 14 Millionen Euro teure Investition, die künftige Fluten fernhalten soll. „Die Stadt Bad Kissingen verfügt über einen effektiven Hochwasserschutz “, so Uwe Seidl.
Warten bis heute
Doch manche Gemeinden warten bis heute auf Verbesserungen. „Unterhalb von Bad Kissingen sehen wir die Notwendigkeit, weitere Hochwasserschutzmaßnahmen umzusetzen“, heißt es in einer Stellungnahme von Baudirektor Uwe Seidl vom Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen . Dies betrifft die Hammelburger Stadtteile Diebach, Untereschenbach und Westheim, die bei Ablauf eines hundertjährlichen Hochwasserereignis massiv überflutet würden und die Gemeinde Aura, so Seidl.
Zuschlag wegen Klimawandel
Als erster Schritt für die Planungen erstelle man derzeit eine hydraulische Neuberechnung mit aktuellen Grundlagen (neue Hydrologie und Neuvermessung des Flussschlauches) der Fränkischen Saale. Die Ergebnisse dieser Berechnung sollen bis Ende 2023 vorliegen. Als Bemessungsgrundlage für den Hochwasserschutz dient ein 100-jährliches Hochwasserereignis. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein solches nur einmal alle 100 Jahre stattfindet, sondern dass dieses statistisch gesehen 100 Mal in 10.000 Jahren stattfindet, so Uwe Seidl.
Regelmäßige Überwachung
Mittlerweile wird bei solchen Planungen ein pauschaler Zuschlagfaktor von 15 Prozent für den Hochwasserabfluss berechnet. Das hat mit dem Klimawandel und mit der dadurch steigenden Unwettergefahr zu tun. Ein solcher Faktor sei beim Bad Kissinger Hochwasserschutzprojekt, dessen Planungen 2004 begannen, noch nicht einberechnet worden, so Uwe Seidl auf Nachfrage dieser Zeitung. Der Fachmann betont in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Hochwasserschutzanlagen von den Kommunen gemeinsam mit dem Wasserwirtschaftsamt regelmäßig überwacht und begangen werden. Defizite würden unverzüglich beseitig. Auch die Bemessungsabflüsse würden regelmäßig neu bewertet.
Eigene Vorsorge
In Diebach hat man 2003 selbst Vorkehrungen getroffen, um besser mit künftigen Hochwässern umgehen zu können. Die Feuerwehr hat ein Alarmierungssystem ausgearbeitet und Versorgungskoffer für die Bevölkerung zusammengestellt. Außerdem seien Sandsäcke eingelagert, weiß Steffen Schärpf. „Gott sei Dank haben wir das alles noch nicht gebraucht“, stellt der Diebacher fest.
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