Die Verlängerung der Unterschriftenaktion gegen die Wechselstromleitung P 43 von Mecklar nach Bergrheinfeld hat sich gelohnt: Rund 600 Bürger hatten Mitte September ihren Protest geäußert, bis Ende Oktober kamen jetzt schließlich 2548 Unterschriften zusammen. Die Bürgerinitiativen sammelten insgesamt 361 Unterschriften, im Landratsamt Bad Kissingen trugen sich 294 Bürger ein. Bei den Kommunen lagen Oberthulba mit 196, Elfershausen mit 190 und Motten mit 160 Protest-Unterschriften weit vorne. Dagegen trugen sich in Wartmannsroth, das auch von der Trasse betroffen sein könnte, nur fünf Einwohner ein. Insgesamt fiel der Protest deutlich schwächer aus als gegen Südlink : 2015 hatten gegen die Gleichstromtrasse nach Bergrheinfeld 11 252 Bürger unterschrieben.
Konkrete Gefahr für die Region
"Irgendwie hat das bei uns kaum jemand wahrgenommen", sagt der Wartmannsrother Bürgermeister Jürgen Karle (FWG). Auf einer Bürgerversammlung habe sich ein Bürger beschwert, dass er nichts gewusst habe von den Listen, obwohl der Hinweis wochenlang im Gemeindekasten hing. Auch Karles Amtskollege Gotthard Schlereth (CSU/FW) in Oberthulba wundert sich über die Gleichgültigkeit vieler Bürger: "Viele verwechseln Südlink und P 43", vermutet Schlereth, und gesteht: "Ich muss selbst manchmal überlegen."
Dabei sieht Schlereth eine konkrete Gefahr: "Wir liegen auf der direkten Luftlinie", verweist er auf die 131 Kilometer lange Strecke zwischen dem hessischen Mecklar und dem unterfränkischen Bergrheinfeld. Die Übertragungsnetzbetreiber hätten bei der Gemeinde bereits Unterlagen zur Bauleitplanung angefordert. Aber: "Die sollen uns vorher erst genau sagen, was sie machen wollen, vorher liefern wir ihnen keine Munition", hat Schlereth vorerst die Weitergabe verweigert.
Als sehr hoch erachtet auch der Burkardrother Bürgermeister Waldemar Bug (ödp) die Gefahr einer zusätzlichen Trasse: "Wir haben ja schon die Leitung bei Waldfenster, Zahlbach und Frauenroth", verweist er auf das Bündelungsgebot für Stromtrassen. Bug lehnt neue Leitungen kategorisch ab: "Wir sind der Meinung, dass wir Südlink nicht brauchen, und wenn wir Südlink nicht brauchen, brauchen wir auch die P 43 nicht", verweist er auf das Programm der ödp, die stattdessen auf dezentrale Energieerzeugung und die Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder Methan setzt. "Wir haben in Deutschland ein hervorragendes Gas-Netz", betont Bug. Zudem könne Energie als Gas viel besser gespeichert werden.
Was passiert nun mit den Unterschriften gegen die Pläne der "Taskforce Netzausbau Bayern" des Bayerischen Wirtschaftsministeriums? Das Landratsamt leitet sie an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger weiter. Der hatte im Juni mit dem Bund und anderen Bundesländern die P 44 von Schalkau in Thüringen durch Oberfranken nach Grafenrheinfeld gekippt, aber dafür die P 43 gefordert. CSU-Landrat Thomas Bold bezeichnete den Landkreis Bad Kissingen daraufhin als "Opfer des Kompromisses". Der Landkreis hatte vor allem auf die bestehende Trasse von Dipperz nach Urberach, die sogenannte P 43 mod, gehofft. Bold geht davon aus, dass die P 43 weitgehend als Freileitung gebaut wird.
Auch Tobias Landwehr von der Bundesnetzagentur bestätigt, dass eine reine Erdverkabelung bei Wechselstromleitungen nicht möglich ist: "Das Wechselstrom-Netz muss vermascht sein, damit sich Induktion und Kapazität ausgleichen." Durch angeschlossene Abnehmer und Erzeuger werde die Blindleistung kompensiert. Lange Punkt-zu-Punkt-Verbindungen seien nur durch Gleichstrom-Leitungen wie Südlink möglich. Das bedeutet viele Masten entlang der P 43.
Auf den mehreren hundert Seiten zum aktuellen Netzentwicklungsplan tauchen übrigens mehrere Bezeichnungen für die Leitung auf: Die P 43 ist im Bundesbedarfsplan als Vorhaben V 17 aufgeführt, die Netzbetreiber unterteilen die Leitungen in die Maßnahmen M74a und M74b. "Das ist unglücklich, aber keine Verschleierungstaktik", betont Landwehr. Es handle sich um verschiedene Verfahren. Bei der Bundesnetzagentur stehe die Prüfung unmittelbar vor dem Abschluss: "Ich gehe davon aus, dass wir noch im Dezember veröffentlichen", sagt Landwehr. Die Unterschriftenaktion sei darin nicht berücksichtigt, allerdings könne die bayerische Staatsregierung ihre Bedenken ja im Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat einbringen.
Norden Im Altlandkreis Bad Brückenau haben 79 Bürger bei der Stadt Bad Brückenau unterschrieben, aus den Mitgliedsgemeinden der VG Bad Brückenau (Geroda, Oberleichtersbach, Riedenberg und Schondra) waren es zusammen 54, in Motten 160, in Wildflecken 25 und in Zeitlofs 64.
Westen Im Hammelburger Rathaus trugen sich nur 17 Bürger in die Listen ein, bei der VG Elfershausen 190 für Elfershausen und 32 für Fuchsstadt, bei der VG Euerdorf insgesamt 125 für Aura, Euerdorf, Ramsthal und Sulzthal zusammen sowie 196 in Oberthulba und fünf in Wartmannsroth.
Osten Die Stadt Bad Kissingen sammelte 40 Unterschriften. In Burkardroth unterschrieben 80 Bürger. In Bad Bocklet kamen 22 Unterschriften zusammen, in Münnerstadt 43, in Nüdlingen 36 und in Oerlenbach 108. Die VG Maßbach meldete trotz Nachfrage kein Ergebnis.rr