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Oberthulba
Lach- und Sachgeschichten auf fränkisch
Mit der ersten Mundart-Rallye in Oberthulba, Fuchsstadt und Premich landeten die Organisatoren einen Volltreffer. Wiederholung folgt.
Das Kabarett-Duo Gotthold & Eustach alias Martin Wachenbrönner und Fredi Breunig begeisterte bei der Mundart-Rallye in Oberthulba das Publikum im Pfarrsaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. Björn Hein       -  Das Kabarett-Duo Gotthold & Eustach alias Martin Wachenbrönner und Fredi Breunig begeisterte bei der Mundart-Rallye in Oberthulba das Publikum im Pfarrsaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. Björn Hein
| Das Kabarett-Duo Gotthold & Eustach alias Martin Wachenbrönner und Fredi Breunig begeisterte bei der Mundart-Rallye in Oberthulba das Publikum im Pfarrsaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. Björn Hein
Björn Hein
 |  aktualisiert: 19.08.2022 06:35 Uhr
Eine Mundart-Rallye kann im wahrsten Sinne des Wortes eine rasante Sache sein. Auch für die Künstler ist sie fast so etwas wie ein "Rennsport" - nach einem Boxenstopp in einem Ort geht es nahtlos weiter zum nächsten. Die Mundart-Rallye in Oberthulba, Premich und Fuchsstadt war eine überaus gelungene Premiere: so war der Pfarrsaal in Oberthulba bis auf den letzten Platz gefüllt und das Publikum von der fränkischen Action, die geboten wurde, hin und weg.
"Ich frää mich echt, dass ihr all kumme sedd": natürlich war auch die Begrüßung von Rosemarie Schmitt, eine der Organisatoren der Mundart-Rallye, in feinstem fränkischen Dialekt. Man hatte sich sehr viel Mühe gemacht, und die Liebe zum Detail merkte man der Veranstaltung auch an: so lagen auf den geschmackvoll dekorierten Tischen Zettel, auf denen fränkische "Witzlich und Gedichtlich" standen. Eine schöne Einstimmung auf die Veranstaltung. Und Rosemarie Schmitt setzte noch einen drauf: Die Rhön sei ein ganz besonderer Ort, hier lebten die schönsten, geschicktesten und humorvollsten Menschen, meinte sie. Eine Ansicht, die den Besuchern im Saal natürlich gefiel.


Wilde Gewächse aus der Rhön

Gleich in die Vollen ging es mit dem musikalischen Quartett "Kaufmannsware", die sich selbst als die "Wilden Schlehen aus der Rhön" bezeichnen. Und dass diese Gewächse durchaus wild waren, zeigte sich an ihren mal hintersinnigen, mal frivolen Liedern, die das Zwerchfell der Besucher arg strapazierten. Mit spitzer Zunge wussten sie so manchen Missstand treffend zu benennen, so beim "Alles weeche die Leut'", bei dem die üblichen Konventionen der Gesellschaft aufs Korn genommen und veräppelt wurden.


Variantenreicher Maggi-Tango

Dass wilde Schlehen auch viel Feuer haben können, zeigten sie beim Maggi-Tango. Ilona Zirkelbach verstand es meisterhaft, das Publikum mit südamerikanischen Rhythmen zu verzaubern, während die Sängerinnen auf lustige Art und Weise darlegten, wozu man Maggi alles verwenden kann. Vom Geschmacksverstärker bis zum Potenzmittel reichten dabei die Varianten, wie immer humorvoll und bissig präsentiert.
Und was darf in der Rhön bei einem musikalischen Intermezzo ebenso nicht fehlen? Richtig, es ist das Kreuzberglied. Natürlich hatten die vier Schlehen die doch manchmal etwas altbacken wirkende Weise "geupdatet". Die Bimmel-Bummel-Bahn, die die Besucher zum Heiligen Berg der Franken bringt, ist nämlich out, mit dem Mountainbike radelt man heute zu dessen Spitze. Droben ist natürlich über die Zeiten alles gleich geblieben: noch immer lockt das Bier, so dass der Abstieg per Pedes erfolgen muss und so immer noch der bekannte "Salto mortale" gelingt.


Der Gonkel - die Kuhglocke

Einem fast vergessenen Wort widmeten die Wilden Schlehen ebenso ein Lied: nämlich der "Gonkel", einem Dialektwort ursprünglich für "Kuhglocke". Beim "Onkel mit der Gonkel" wurden die verschiedenen Bedeutung des Wortes humorvoll, witzig und mit viel Ironie aufgezeigt: so haben die Kinder von diesem ominösen Onkel eine "Roatzgonkel". Und "Gonkel" kann auch das Wort für Regionen unterhalb der Gürtellinie sein, wie das Publikum erheitert feststellte.
"Ich will en Moa mit en grosse Bulldog" - auch dieser Wunsch wurde musikalisch interpretiert und natürlich durfte auch der obligatorische "Tupperoawed" nicht fehlen, der köstlich veralbert wurde.
"Ich konn euch gesoi: des woar schüa", fasste Rosemarie Schmitt in ihrer Moderation den Auftritt der vier Rhöner Gewächse zusammen und der Applaus aus dem Publikum zeigte, dass dieses der gleichen Ansicht war.


Fränkische Grammatik mit dem Weinbäuerle

Nach einem kurzen "Boxenstopp", bei dem die Besucher ins Gespräch kommen konnten, ging es rasant weiter. Günter Stock, bestens bekannt aus der "Närrischen Weinprobe" im Bayerischen Fernsehen, betrat als "Weinbäuerle" mit "Haawe" und Weinkrug ausgestattet die Bühne und klärte die Besucher über die fränkische Grammatik auf: so ist die Mehrzahl von Hund "Hünd" und von Brot natürlich "Bröater". Besonders beeindruckte Stock in seinem Auftritt mit seinem feinen, hintersinnigen und trockenen fränkischen Humor, der mit wenigen, gut gesetzten Worten auskommt.
Überhaupt verschwendet der Franke an sich kein Wort, wie das "Weinbäuerle" beim ersten Treffen mit seiner zukünftigen Frau "s'Kunnerle" ausführte: "Wir saßen zusammen und sagten nichts: so gab ein Wort das andere", ein Bonmot, das die Zuschauer schmunzeln ließ.


Haarsträubende Geschichten

Aber auch derbere Kost wurde kredenzt, beispielsweise an der Stelle, als Stock fragte: "Warum geben wir Politiker keinen Wein: es ist Schmarrn, diesen von der einen in die andere Flasche umzufüllen". Mit haarsträubenden Geschichten von ihm und "seinem Kunnerle" brachte er das Publikum zum Lachen. "So mancher hat sich heute Abend auch ein wenig selbst in dem Stück entdeckt", sagte Rosemarie Schmitt.
Den furiosen Abschluss des Abends läutete das Kabarett-Duo Gotthold & Eustach alias Martin Wachenbrönner und Fredi Breunig ein. Man merkte dabei beiden an, dass sie schon seit vielen Jahren zusammenarbeiten und dass sie den Leuten ganz genau "aufs Maul schauen". Gotthold war sturzbetrunken von der Polizei kontrolliert worden, bekam den Führerschein abgenommen und musste nun den "Idiotentest" machen. Eustach, dem die ehrenvollen Aufgabe zugefallen war, seinen bierseligen Kompagnon zu fahren, half ihm natürlich dabei.
Dabei wurden schwierige Fragen gestellt. Ein echter Brüller auch die Antwort auf die Frage von Eustach an Gotthold, wie viel er trinken müsse, um 1,5 Promille im Blut zu haben: nämlich "drei Tage nichts". So ist es beispielsweise normal, dass heute die Tochter einen Freund mit "Migrationshintergrund" haben kann - kommt dieser allerdings aus "Schlümpich", so hört die Toleranz auf. Wachenbrönner und Breunig durften die Bühne natürlich nicht ohne zwei Zugaben verlassen.


Rundreise durch die fränkische Sprache

Mehr als drei Stunden hat die Mundart-Rallye gedauert, die eine Rundreise durch die fränkische Sprache, Musik und Lebenswelt war und dem Publikum außerordentlich gut gefallen hatte. In Oberthulba hatte die Veranstaltung noch einen tollen Nebeneffekt: "Heute haben hier alle örtlichen Vereine einträchtig zusammengeholfen: das war wunderbar und hat die Gemeinschaft wieder einmal zusammengeschweißt", freute sich Schmitt. Dass bei der Mundart-Rallye der Pfarrsaal bis auf den letzten Platz gefüllt war, zeigte auch, dass man hier eine Nerv getroffen hat, denn die fränkische Lebensart ist den Besuchern sehr wichtig. Dass dies mit viel Humor und auch Ironie erfolgte, begeisterte dabei umso mehr. "Wir haben auch aus Premich und Fuchsstadt sehr positive Rückmeldungen erhalten", zog Rosemarie Schmitt ein positives Fazit. Einer Wiederholung der Mundart-Rallye stehe nichts mehr im Weg.
 
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