Viele Hammelburger erinnern sich gerne an die Kult-Diskothek Eisdiele in der Bahnhofsstraße. In den 80er und 90er Jahren rockten hier die Musikbegeisterten zu Rhythmen von Eric Clapton, den Rolling Stones oder The doors. Hinter dem Tresen bediente damals die 23-jährige Rosi Gerlach.
Auch heute noch steht die nun 50-Jährige manchmal hinter der Theke. Allerdings als Geschäftsführerin. Seit zehn Jahren leitet Rosi Gerlach die Diskothek Labyrinth in der Beethovenstraße in Würzburg. Das Laby, wie es liebevoll unter Alteingesessenen genannt wird, entstand 1989 als Nachfolger des BR3/Rainbow. Bekannt ist die Disco, die sich in einem Gewölbekeller befindet, für alternative Musik abseits des Main-Streams.
Gerlachs Büro im Laby ist hell erleuchtet. Sie sei in einem strengen Elternhaus aufgewachsen, erzählt sie, während sie einige Papiere ordnet. Die blonden Haare hat sie zum Zopf gebunden, die schwarze Brille schmückt ihr Gesicht. Als älteste Tochter des damals stellvertretenden Bürgermeisters Otto Zeier habe sie nur wenige Freiheiten genossen. „Ich war ein schüchternes Mädchen.“ Musik liebte sie von Kindesbeinen an. In der Stadtkapelle, deren Dirigent lange Zeit ihr Vater war, spielte sie Klarinette. Dort lernte sie ihren Mann Manfred Gerlach kennen, der später auch Vorsitzender der Kapelle war.
Das erste Mal hinter dem Tresen stand Rosi Gerlach, als ihre Tochter Margareta noch ganz klein war. „Wir waren aus Bielefeld gerade in die Heimat zurückgekehrt.“ Dort hatte sie eine schulische Ausbildung zur chemisch-technischen Assistentin gemacht, während ihr Mann seine Doktorarbeit im Bereich Neurochemie schrieb. „Da er zunächst nur eine halbe Stelle an der Uni in Würzburg hatte, wollte ich etwas dazu verdienen.“ In der Anfangszeit wäre sie am liebsten in einem schwarzen Loch versunken, erzählt sie lachend. Dann wurde es besser: „Hinter der Theke habe ich gelernt mich zu behaupten und erfahren, wie wichtig es ist, soziale Kontakte zu knüpfen.“ Manfred Gerlach, der ebenfalls durch die Eisdiele Disco-Erfahrung hatte, übernahm Ende der 80er Jahre zusammen mit Elias Yayannis das Labyrinth in Würzburg. Als dieser 2001 dann kürzer treten wollte, fragte er die Ehefrau seines Partners, ob sie die Geschäftsführung übernehmen würde. Sie habe lange überlegt, so die 50-Jährige. „Damals arbeitete ich in einem Schweinfurter Geschäft für Designer-Wohnzubehör, das machte mir großen Spaß.“
Zurück in die Diskothek hieß auch, wieder nächtelang unterwegs zu sein – das war Rosi Gerlach bewusst. Heute ist sie glücklich, den Schritt gemacht zu haben. „Ich bin immer wieder aufs Neue gespannt, welche Gäste kommen.“ Die Vielfältigkeit des Jobs gefalle ihr, neben den betriebswirtschaftlichen Dingen und der Personalführung spielen kreative Faktoren mit ein: „Wir müssen uns als Disco immer am Puls der Zeit bewegen und neueste Trends erkennen“, erklärt sie. Auch das Publikum ist vielfältig. „Natürlich kommen viele Studenten, aber auch über 40-Jährige genießen Musik und Atmosphäre.“ Einen Dresscode gibt es im Laby nicht: Ob durchlöcherte Jeans, schwarzer Metal-Look oder feines Designerkleidchen. „Jeder wird akzeptiert wie er ist. Wichtig ist der Spaß an der Musik.“ Genau die ist auch Teil des Erfolgsrezeptes, „denn Techno-, House- oder Hitparadenmusik überlassen wir den anderen“.
Im Laby gibt es alternative Musik für jeden Geschmack, zum Beispiel Rock, Wave oder Metal, aber auch deutschen HipHop. Auch der Bistro-Bereich hat sich einen Namen gemacht: „Es sind schon Gäste von Nürnberg angereist, nur um unseren Burger mit Pommes zu essen.“ Ihr Personal ist Gerlach wichtig und damit verbindet sie auch soziales Engagement. „Jeder hat eine Chance verdient.“ Einige ihrer Mitarbeiter arbeiten schon seit 20 Jahren im Laby. Zu alt? „Nein, keineswegs. Genau sie halten mir den Rücken frei.“
Die gebürtige Hammelburgerin wohnt zwar hauptsächlich in der Saalestadt, doch wenn sie dienstags, freitags und samstags bis spät in die Nacht im Laby ist, schläft sie in der Zweitwohnung in Würzburg. Da kann es passieren, dass sie ihren Mann, der das Labor für Klinische Neurobiologie an der Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Würzburg leitet, nur selten zu Gesicht bekommt. „Manchmal verabreden wir uns und nehmen uns bewusst Zeit füreinander“, sagt sie lachend. Das halte die Beziehung auch nach 30 Jahren Ehe jung.
Manch einer, der noch heute die Hammelburger Eisdiele vermisst, mag sich fragen, warum Rosi Gerlach es nicht in Hammelburg mit einer Disco versucht hat. „Das ist auf dem Land sehr schwierig. Früher war die Disco ein Treffpunkt für junge Leute.“ Heute habe sich das Freizeitverhalten verändert. In Zeiten von Internet und Playstation träfen sich viele Jugendliche zuhause. Zudem sei es an einem kleinen Ort schwieriger eine Genehmigung zu erlangen, „da gibt es immer Anwohner, die Angst vor eventuellem Lärm haben“.
Die Tanzfläche im Labyrinth hat sich gefüllt. Im Hintergrund ist der Sound der Punkrockband Green Day zu hören. Gerne steht Rosi Gerlach mal selbst hinter der Theke, schenkt den ein oder anderen Drink aus oder unterhält sich. „Das hier gehört zu meinem Leben.“ Auch die nächsten zehn Jahre will sie das Laby weiterführen, vor kurzem hat sie den Vertrag verlängert. Sie wünscht sich, „dass das Team bestehen bleibt und weiterhin so viele Gäste kommen, dass wir wirtschaftlich gut aufgestellt sind“.