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Großenbrach
L+S: Betrieb im neuen Laborkomplex läuft an
Die Arbeiten im Neubau des Großlabors sind nahezu fertig, das Gebäude wird allmählich in Betrieb genommen. Die Kosten sind deutlich gestiegen.
Jürgen Balles managt den Umzug für die sensible Labortechnik.  Foto: Benedikt Borst       -  Jürgen Balles managt den Umzug für die sensible Labortechnik.  Foto: Benedikt Borst
| Jürgen Balles managt den Umzug für die sensible Labortechnik. Foto: Benedikt Borst
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 19.08.2022 17:25 Uhr
Vom Laborkühlschrank bis zu High-Tech-Analysegeräten für Mikroorganismen und DNA-Proben. Jürgen Balles hat in den vergangenen Wochen den Umzug von Laborequipment im Wert von mehreren Millionen Euro gemanagt. "Für jedes Gerät, das wir umgezogen haben, haben wir einen extra Plan erstellt, wie und wann es umzieht", erklärt er. Und wie es danach wieder qualifiziert wird. Balles leitet die operativen Geschäfte des mikrobiologischen und chemischen Analyti klabors L+S in Großenbrach. Er und sein Team gewährleisten, dass die sensible Technik "wieder genauso funktioniert, wie vor dem Umzug". Das heißt, dass der Laborkühlschrank an jeder Stelle im Innern genau 0,5 Grad Celsius halten muss und dass die Analysegeräte zuverlässig Keime identifizieren.

Das Unternehmen ist in den letzten Jahren beständig gewachsen und hat deshalb im Gewerbegebiet Mangelsfeld für 21,5 Millionen Euro einen viergeschossigen Gebäudekomplex neu errichtet. Auf 7000 Quadratmetern bietet der Neubau Platz für zusätzliche Labore, Büros und Schulungsräume. Der Innenausbau ist weitgehend abgeschlossen, in einigen Räumen wird bereits gearbeitet. "Insgesamt gesehen ging es sehr reibungslos. Da hätte ich mit mehr Theater gerechnet", sagt Unternehmensvorstand Frank Böttcher. Die größte Erweiterung der Firmengeschichte wurde innerhalb von eineinhalb Jahren zufriedenstellend und ohne große Verzögerungen über die Bühne gebracht.

Für Bad Bocklet ist die Erweiterung ein Gewinn, findet zweiter Bürgermeister Andreas Sandwall (CSU). Das fängt bei fußläufig erreichbaren, qualifizierten Arbeitsplätzen an, geht weiter über junge Familien, die in die Gemeinde ziehen und hört bei der großen Steuerkraft des Unternehmens auf. "Wir können heilfroh sein, wenn ein Betrieb so investiert. Wir bekommen dadurch Standortsicherheit", freut er sich. In der Bevölkerung werde die große Baumaßnahme überwiegend positiv gesehen, obwohl eine Gemeindestraße aufgekauft und überbaut wurde. "Wir haben die Leute von Anfang an mitgenommen. Die Erweiterung war immer Thema auf den Bürgerversammlungen", sagt Sandwall. Das Unternehmen sei gut in Großenbrach verwurzelt.


Gewinn für die Region

Durch den Neubau sollen in dem Unternehmen langfristig bei guten Geschäftszahlen 200 bis 500 neue Arbeitsplätze entstehen. Außerdem sollen künftig 50 Ausbildungsstellen angeboten werden. Derzeit beschäftigt L+S rund 430 Mitarbeiter, darunter 30 Auszubildende. Damit ist die Maßnahme für die ganze Region von Bedeutung. "Mit dieser Investition wird der Standort insgesamt gestärkt", sagt Landrat Thomas Bold (CSU). L+S stelle seine Leistungsfähigkeit unter Beweis. "Es ist erfreulich, dass sich der Landkreis Bad Kissingen als Standort für Großlabore etabliert hat", meint er auch mit Blick auf Unternehmen wie Laboklin, Institut Romeis und Institut Dr. Nuss.


Brandschutz verteuert Bau

Eine schlechte Nachricht gibt es für L+S aber doch: Der Neubau wird drei Millionen Euro teurer als geplant. "Das ist schon ein Wort", kommentiert Böttcher. Altlasten, die im Boden gefunden und entsorgt werden mussten, eine Gasleitung, die verlegt werden musste und hohe Auflagen beim Brandschutz haben die Kosten steigen lassen. Trotzdem stehe die L+S AG wirtschaftlich gut da. "Das letzte Geschäftsjahr ist gut gelaufen. Wir hatten fünf Prozent mehr Umsatz in 2016", berichtet der Vorstand. Obwohl der Neubau viele personelle Ressourcen gebunden hat, wurde der Umsatz auf 32,5 Millionen Euro gesteigert.

Laborwelt in Blau-Weiß

In Anthrazitgrau überragt der viergeschossige Laborkomplex der L+S AG das Gewerbegebiet Mangelsfeld. In den Labortrakten sind steriles blau und weiß die vorherrschenden Farben. "Das Gebäude von innen zu sehen ist beeindruckend", meint Sandwall. Der zweite Bürgermeister hat es vor kurzem besichtigt.


Sauberes Toilettenwasser

Von den 21,5 Millionen Euro, die der Erweiterungsbau kostet, werden sechs Millionen für die technische Ausstattung benötigt. In einem Labor, das klinische Produkte und Arzneien wie etwa Antibiotika auf ihre Sterilität hin prüft, muss sogar das Putz- und das Toilettenspülwasser sauber sein. Im zweiten Obergeschoss wurde deshalb eine hauseigene Wasseraufbereitungsanlage mit einem Wert von 400 000 Euro installiert. "Das Wasser hat einen Reinheitsgrad, mit dem man Arzneimittel herstellen könnte", sagt Jürgen Balles.

In jeder Laboretage, also im Erdgeschoss, sowie im ersten und zweiten Stock, befindet sich eine eigene Belüftungsanlage. "Wir müssen dafür sorgen, dass nicht nur keine Mikroorganismen in den Räumen sind, sondern auch keine Partikel", erklärt er. Keine Bakterie, kein Staubkorn darf über die Luft in die Labore gelangen und Proben verunreinigen. Die Luft wird deshalb rund um die Uhr gefiltert, aufbereitet und dann über die Decke in die Räume geblasen. Bis zu 40 Mal in der Stunde wird die Luft komplett ausgetauscht. Die Belüftungsanlagen haben aber noch eine weitere Funktion. Sie erzeugen in den Laboren einen leichten Überdruck, der verhindern soll, dass durch kleinste Öffnungen ungefilterte Luft von Außen eindringt. "Wir erhalten im Gebäude sozusagen eine Luftdruckkaskade aufrecht", sagt Balles.


Prüfungen durch Behörden

In Büroräumen und in einigen Laboren mit niedrigeren Qualifizierungsanforderungen wird bereits gearbeitet. Im Herzstück des Neubaus ist es dagegen noch still: In den Laboren mit den Sterilprüfungswerkbänken. Dort sind die Raumbedingungen steriler als in einem Operationssaal. Hier werden später einmal Medizinprodukte auf Kontaminierungen hin analysiert. Krebsmedikamente zum Beispiel, Impfstoffe, Antibiotika und Flüssigkeiten, die bei Organtransplantationen eingesetzt werden. Vorher müssen die Labore noch offiziell abgenommen werden. "Nächste Woche kommt die Arzneimittelüberwachung und prüft die relevanten Bereiche", berichtet L+S-Vorstand Böttcher.

Bis die Arbeit in dem neuen Laborkomplex in vollem Umfang läuft, sind weitere behördliche Prüfungen notwendig. "Das wird ein spannendes Jahr", meint er. Die Gewerbeaufsicht prüft die Arbeitsplatzsicherheit, EU-Normen werden von der deutschen Akkreditierungsstelle abgesegnet. Geräte, die mit gentechnisch-veränderten Produkten arbeiten, müssen ebenfalls gesondert freigegeben werden. Im Lauf des Jahres, wenn der Betrieb läuft, steht laut Böttcher noch eine Inspektion der us-amerikanischen Lebensmittel- und Arzneimittelaufsicht an. Die USA sind der wichtigste Auslandsmarkt für L+S.


Labor als Stromfresser

Im Neubau wurden 375 Kilometer Kabel verbaut. Das Gebäude hat einen Stromanschluss von einem Megawatt, was der Leistung von rund 200 Haushalten entspricht. Um sich vor Stromschwankungen oder -ausfällen zu schützen, verfügt L+S über ein Notstromaggregat. "Wenn überall der Strom weg ist, läuft es bei uns trotzdem normal weiter", sagt Balles.

Im ersten Quartal soll die Erweiterung sukzessive in Betrieb genommen werden. Damit ist die Maßnahme für L+S aber noch nicht abgeschlossen. Vorraussichtlich bis zum Spätsommer finden noch Umbauarbeiten in den Bestandsgebäuden statt. Dort entstehen Lehrräume für die Auszubildenden, alte Labore werden erneuert und jetzt leere Büros zu Laboren umgebaut.
 
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