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LKR Bad Kissingen
Deutschkurse: langes Warten, zu wenig Personal
Gerade im Norden des Landkreises warten Flüchtlinge monatelang auf für sie wichtige offizielle Deutsch-Kurse. Möglicherweise ändert sich das bald.
Mit Worten und Memory-Bildchen: Karl-Friedrich Krohm bringt in der Bad Brückenauer Sprachschule Rabe Flüchtlingen Deutsch bei. Die Integrationskurse bei ihm, aber auch in anderen Sprachschulen im Landkreis, sind begehrt. Aber es fehlen Plätze und ...       -  Mit Worten und Memory-Bildchen: Karl-Friedrich Krohm bringt in der Bad Brückenauer Sprachschule Rabe Flüchtlingen Deutsch bei. Die Integrationskurse bei ihm, aber auch in anderen Sprachschulen im Landkreis, sind begehrt. Aber es fehlen Plätze und Lehrkräfte.
Foto: Steffen Standke | Mit Worten und Memory-Bildchen: Karl-Friedrich Krohm bringt in der Bad Brückenauer Sprachschule Rabe Flüchtlingen Deutsch bei.
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 29.05.2024 17:10 Uhr

Ein Raum in der früheren Zulassungsstelle in der Dr.-Gartenhof-Straße in Bad Brückenau: Karl-Friedrich Krohm fragt in die Klasse: „Wo liegt München?“ Eine Frau mit Kopftuch antwortet: „Süden. Liegt im Süden“. Krohm schreitet zur Landkarte und zeigt: „Da ist Süden.“

Er lehrt nicht etwa Geografie, sondern Deutsch für Flüchtlinge . Die Integrationskurse des Leiters der Sprachschule Rabe und seiner Kollegin sind begehrt, ebnen sie doch den Weg zur Integration. Leider gibt es zu wenige.

Ziel: Deutsch verstehen und sich ausdrücken können

Krohm bietet in drei Kursen ein Programm, das das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2005 ersonnen hat. Es besteht aus sieben Einheiten zu je 100 Stunden Unterricht. Sechs Teile vermitteln die deutsche Sprache, einer widmet sich der Sozialkunde. Insgesamt soll das Niveau „B1“ erreicht werden. Das bedeutet, dass Teilnehmer Deutsch verstehen und sich mündlich und schriftlich ausdrücken können – auch wenn der ein oder andere Fehler dabei ist.

Am Ende steht eine Prüfung. Die wiederum für viele Geflüchtete wichtig ist, um eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu erlangen. Oder den deutschen Pass. Oder um eine Ausbildung zu beginnen.

Aus einem Kurs wurden drei

In Bad Brückenau bietet die Sprachschule Rabe offizielle Deutsch-Integrationskurse seit 2008 an. Damit deckt sie den Altlandkreis Brückenau ab, bedient aber auch Ortsteile von Wartmannsroth und Gemeinden in Osthessen.

In der ersten Jahren, erzählt Krohm, habe er Probleme gehabt, überhaupt einen Kurs vollzubekommen. Das habe sich 2015/16 mit der Ankunft vieler Syrer und Afghanen geändert. Damals stockte man auf zwei Klassen auf. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang sind daraus durch die vielen Ukrainer drei geworden. Er selbst unterrichtet unter der Woche vor- und nachmittags, seine Kollegin nur an Nachmittagen.

Meistens Ukrainer in den Sprachkursen

Ukrainer sind es auch, die Krohms Kurse zu 80 bis 90 Prozent füllen. Vereinzelt sitzen in den Klassen Syrer, Afghanen und Europäer in den Klassen. Der Leiter schiebt aber auch eine Warteliste von etwa 50 Interessenten vor sich her. Darauf zu finden meist Menschen, die in den letzten Wochen und Monaten wieder verstärkt nach Deutschland geflüchtet sind: Syrer, Afghanen, auch Türken.

„Im ungünstigsten Fall warten sie mehr als ein Jahr“, sagt der Sprachlehrer . Denn bei der Berücksichtigung gehe es nicht streng nach dem Datum der Anmeldung. Auch die Durchmischung der Klassen nach Nationalität, Familienverhältnisse oder ob der Kandidat gar kein oder nur wenig deutsch spricht, spielen eine Rolle. „Einen kompletten Alphabetisierungskurs bekommen wir nicht ohne Weiteres zusammen“, so Krohm.

Ukrainer wartete sechs Monate auf Deutschunterricht

Alexander Riabukhin aus dem ostukrainischen Sjewjerodonezk musste selbst sechs Monate auf seinen Sprachkurs warten. Im März 2022 nach Deutschland geflohen, hatte der Mann, der kein Wort deutsch sprach, seine erste Unterrichtsstunde am 23. September. Der Neu-Wernarzer sagt: „Ich brauche deutsch, um mit meiner Gastfamilie sprechen zu können. Und ich möchte arbeiten.“

Vor dem Ukraine-Krieg schaffte Riabukhin als Ingenieur in der Landmaschinen-Branche. Da möchte er in Deutschland wieder hin, braucht aber nach eigenen Worten bessere Kenntnisse als „B1“.

Lehrkräfte schwer zu finden

„Die Ukrainer dürften sofort losarbeiten, aber ihnen fehlt die Sprache“, bestätigt Karl-Friedrich Krohm. Er könnte leicht zwei weitere Kurse anbieten – wenn er das Personal dafür hätte. „Leute mit Lehrberechtigung für Integrationskurse gibt es. Aber der Markt boomt. Und die Gegend hier interessiert keinen, der zum Beispiel Fulda arbeiten kann.“

Das Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) in Bad Kissingen bietet neun Deutsch-Integrationskurse an, mit 180 bis 200 Teilnehmern sogar in größerem Rahmen als bei der Sprachschule Rabe. Jeweils drei finden vormittags, nachmittags und abends statt, berichtet Mitarbeiter Amer al Hakawati.

Warteliste schneller abarbeitbar

Auch beim bfz existiert eine Warteliste mit 50 bis 75 Wartenden. „Aber wir können sie in den nächsten zwei Monaten abdecken. Dann sind drei bis vier Integrationskurse geplant“, sagt al Hakawati. Zumal auf der Liste auch Doppelanmeldungen bei anderen Sprachschulen wie der in Bad Brückenau stehen würden.

Mögliche Hilfe für die Rhön

Peter-Wolfgang Großmann, bfz-Koordinator für den Landkreis Bad Kissingen, kennt die Probleme in der Rhön. „Die Überlegung besteht, dass wir als großer Bildungsträger mithelfen. Wir haben großes Interesse, wieder in Bad Brückenau tätig zu sein.“ 

Für die Eröffnung eines Angebots  gebe es aber Bedingungen: geeignete Räume, die das Bundesamt akzeptiert. Eine Lehrkraft, die Großmann nicht aus dem Hut zaubern kann.  Und schließlich ist er sich nicht sicher, ob die Mindestteilnehmerzahl von 16 zustande käme. Viele Interessenten aus ein und derselben Familie könnten nicht zeitgleich mitmachen, weil jemand die Kinder betreuen müsse. 

Auswärtig Wohnende können nach Bad Kissingen kommen

Al Hakawati hat Tipps, wie Wartende schneller an einen Sprachkurs gelangen. Vielen außerhalb der Kreisstadt wüssten  nicht, dass sie dafür zum bfz kommen könnten. Und über sogenannte Arbeits- und Vermittlungsgutscheine könnten sie zwischenzeitlich in die deutsche Alltags- und Arbeitswelt hineinschnuppern.

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